Leitsatz (amtlich)
Die Grundpfandrechtsgläubigerin, die einen vollstreckbaren Anspruch auf Rangrücktritt einer Briefgrundschuld hinter ein ihr zustehendes Grundpfandrecht hat, ist nicht Antragsberechtigte eines den Grundschuldbrief betreffenden Aufgebotsverfahren.
Normenkette
BGB §§ 1162, 1192 Abs. 1; FamFG § 59 Abs. 1-2, § 467 Abs. 2
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 16.06.2011; Aktenzeichen 112 UR II 45/11) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG München vom 16.6.2011 wird verworfen.
II. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 40.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Zu Gunsten der Beteiligten zu 1, einer deutschen Großbank, als Klägerin erging am 23.7.2009 ein gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 700.000 EUR vorläufig vollstreckbares Endurteil. Mit diesem wurde die Beteiligte zu 2 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) als Inhaberin mehrerer Grundpfandrechte - eines davon eine Briefgrundschuld - verurteilt, mit ihren Rechten im Rang hinter eine brieflose Grundschuld der Beteiligten zu 1 zum Betrag von 1.533.875,64 EUR zurückzutreten und die Eintragung dieses Rangrücktritts im Grundbuch zu bewilligen, außerdem zu dessen Vollzug den erteilten Grundschuldbrief dem Grundbuchamt vorzulegen. Die Beteiligte zu 3, die Eigentümerin des belasteten Wohnungseigentums, wurde verurteilt, dem Rangrücktritt zuzustimmen und dessen Eintragung zu beantragen.
Die von der Beteiligten zu 1 aufgrund des Urteils betriebene Rangänderung scheiterte bisher an der unterbliebenen Briefvorlage. Die Beteiligte zu 3 behauptet, der Brief befände sich in den USA bei der für die Beteiligte zu 2 tätigen Beteiligten zu 4. Diese weigere sich, den Brief herauszugeben. Nach Angabe der Beteiligten zu 1 sei der Brief zur Fertigung einer beglaubigten Kopie am 24.1.2011 in Deutschland beim Bürgermeisteramt der Stadt T. vom Ehemann der Beteiligten zu 3, dem früheren Grundstückseigentümer, vorgelegt worden.
Die Beteiligte zu 4 behauptet, dass sich der Grundschuldbrief rechtmäßig in ihrem Besitz befinde. Die Grundschuld sei ihr als Sicherheit für Gelder, die ihr diese Gesellschaft schulde, abgetreten worden. Man sei daher nicht bereit, die Urkunde herauszugeben.
Unter dem 14.3.2011 hat die Beteiligte zu 1 beantragt, im Wege des Aufgebotsverfahrens den Grundschuldbrief für kraftlos erklären zu lassen. Sie hat den Antrag damit begründet, dass die Durchsetzung der Vorlagepflicht im Wege der Zwangsvollstreckung gescheitert sei. Die Beteiligte zu 2 habe die Vollstreckung mit der Behauptung, sie sei nicht im Besitz des Briefes, vereitelt. Damit sei der Grundschuldbrief abhanden gekommen. Denn ein Abhandenkommen liege auch dann vor, wenn die Urkunde für den nach § 894 ZPO berechtigten Gläubiger nicht mehr zu erreichen sei. Darüber hinaus zeige sich auch, dass die Eintragung verhindert werden solle, weil die Beteiligte zu 3 mittlerweile nach Unbekannt abgemeldet worden sei, während ihr Ehemann noch unter der alten Adresse wohne.
Mit Beschluss vom 16.6.2011 hat das AG den Antrag zurückgewiesen. Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat es nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Aufgebotsantrags ist als unzulässig zu verwerfen, da die Beteiligte zu 1 mangels eines ihr zustehenden Antragsrechts schon nicht in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt ist (§ 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1 FamFG). Auch bei einer Zurückweisung des Antrags eines Beteiligten sind nach allgemeiner Ansicht die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG neben denen des § 59 Abs. 2 FamFG zusätzlich zu prüfen (Gottwald in Bassenge/Roth FamFG 12. Aufl., § 59 Rz. 9). Das Beschwerderecht steht danach nur demjenigen zu, dessen materielles Recht tatsächlich beeinträchtigt ist. Da die Beteiligte zu 1 für ein Aufgebotsverfahren nach § 1162 BGB nicht antragsberechtigt ist, ist sie durch die angegriffene Entscheidung auch nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt.
1. Die Beteiligte zu 1 stützt ihren Antrag auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs auf § 1192 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1162 BGB. Sinn und Zweck des § 1162 BGB ist es, den Grundpfandgläubiger bei Abhandenkommen oder Vernichtung des Briefes davor zu schützen, dass er seine Rechte nicht mehr ausüben kann (Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 1162 Rz. 1). Ohne den Weg des Aufgebots wäre es dem Berechtigten wegen §§ 1192, 1154 BGB nämlich nicht mehr möglich, die Grundschuld zu übertragen; auch wäre dieser wegen §§ 1192, 1160, 1161 BGB gehindert, seine Rechte aus dem Grundpfandrecht geltend zu machen. Bei Abhandenkommen oder Vernichtung könnte der Brief nämlich nicht mehr vorgelegt werden und der Gläubiger sich nicht legitimieren (Palandt/Bassenge § 1162 Rz. 1; Eickmann in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 1162 Rz. 1). § 1162 BGB stellt die Verkehrsfähigkeit des Grundpfandrechts dadurch wieder her, dass der Brief zunächst für kraftlos erklärt wird, um in einem zweiten Schritt nach § 67 GBO die Neuerteilung zu ermöglichen.
2. Es kann dahinstehen, ob der Grundschuldbrief tatsächlich als abhanden gekommen anz...