Entscheidungsstichwort (Thema)

Sicherung des Erwerbsanspruchs an Grundeigentum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Zwischenverfügung darf dann nicht ergehen, wenn das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nur mit Mitteln behoben werden kann, die der Antragsteller in absehbarer Zeit nicht beibringen kann, und das Grundbuchamt dies weiß.

2. Das Grundbuchamt ist für die Beurteilung, ob eine unwiderruflich erteilte Vollmacht dennoch wegen bestehender Widerrufsgründe durch den im Grundbuchverfahren bekannt gewordenen Widerruf erloschen ist, im Wesentlichen auf die aus den vorgelegten förmlichen Urkunden sowie aus dem Vorbringen der Beteiligten aufgrund freier Beweiswürdigung gewonnene Überzeugung beschränkt.

3. Zum im Grundbuchverfahren erhobenen Einwand, die im Ehevertrag erteilte Auflassungsvollmacht sei wegen Sittenwidrigkeit des Ehevertrags von Anfang an nichtig.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 167-168, 925; GBO § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1, §§ 20, 29

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Starnberg - Grundbuchamt - vom 6. Oktober 2017 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind als Miteigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen. Am 24.8.2017 beantragte der Urkundsnotar unter Vorlage einer Ausfertigung der mit "Überlassungsvertrag über einen 1/2 Miteigentumsanteil an einem Grundstück mit Auflassung" überschriebenen Urkunde vom 15.8.2017 "gemäß § 15 Abs. 2 GBO im Namen aller Beteiligten", die Übertragung des halben Miteigentumsanteils des Beteiligten zu 2 auf die Beteiligte zu 1 im Grundbuch zu vollziehen.

Unter Ziff. II. der Urkunde ist zum Rechtsgrund ausgeführt:

Die Übertragung erfolgt in Erfüllung der ehevertraglichen Vereinbarungen gemäß Vertrag vom 16.10.2014 ... . Demnach soll die Ehefrau u.a. in Bezug auf vorbenanntes Grundvermögen innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags Alleineigentümer werden. Die Scheidung ist nach Versicherung der Ehefrau seit dem 04.08.2017 rechtshängig.

Unter Ziff. IV. ist weiter beurkundet:

(1) Veräußerer und Erwerber sind darüber einig, dass das Eigentum an dem übertragenen hälftigen Miteigentumsanteil auf den Erwerber übergeht. Sie bewilligen und beantragen die Eigentumsumschreibung im Grundbuch.

(2) Der Erwerber bewilligt und beantragt die Löschung der zu seinen Gunsten ... bereits eingetragenen Auflassungsvormerkung gleichzeitig mit der vertragsgemäßen Eigentumsumschreibung auf sich ... .

(3) Der Erwerber bewilligt und beantragt ferner Zug um Zug mit der vertragsgemäßen Eigentumsumschreibung ... die Löschung des ... eingetragenen Aufhebungsausschlusses wegen Gegenstandslosigkeit.

Die Beteiligte zu 1 handelte ausweislich der Urkunde bei Abgabe dieser Erklärungen im eigenen Namen und zugleich für den Beteiligten zu 2 aufgrund notarieller Vollmacht gemäß dem zwischen den Beteiligten notariell geschlossenen Ehevertrag vom 16.10.2014, der im Beurkundungstermin in Ausfertigung vorgelegen hat. Darin hatten die seit dem 16.8.2008 miteinander verheirateten Beteiligten neben einer Regelung zum Güterstand (Zugewinngemeinschaft mit Modifikationen) Regelungen zur Vermögensauseinandersetzung bei Scheidung getroffen und in Bezug auf den gegenständlichen Grundbesitz vereinbart:

Wir sind uns darüber einig, dass im Falle der Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrages die Ehefrau in Bezug auf folgendes Grundvermögen innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Rechtshängigkeit Alleineigentümerin werden soll, ...:

... (= gegenständlicher Grundbesitz) (momentan Miteigentum Eheleute).

...

Zur Sicherung dieses Erwerbsanspruchs der Ehefrau bewilligt und beantragt der Ehemann die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Ehefrau an seinem Miteigentumsanteil ... .

Ferner bevollmächtigt der Ehemann hiermit unter Befreiung von § 181 BGB die Ehefrau, den vorgenannten Grundbesitz auf sich allein zu übertragen. Die Bevollmächtigte ist befugt, alle zur Übertragung dieses Grundbesitzes erforderlichen und zweckdienlichen Erklärungen gegenüber Privaten und Behörden ... abzugeben und entgegenzunehmen. Die Vollmacht ist im Außenverhältnis unbeschränkt.

...

In Bezug auf die in Miteigentum stehende Immobilie ... vereinbaren die Vertragsteile:

Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, wird ausgeschlossen.

Es wird bewilligt und beantragt, diese Miteigentümervereinbarung im Grundbuch ... einzutragen.

Bereits vor Eingang des Umschreibungsantrags, nämlich am 28.7.2017, hatte der Beteiligte zu 2 über seine anwaltlichen Vertreter dem Grundbuchamt die Mitteilung gemacht, dass die Vollmacht mit - in Ablichtung beigefügtem - Schreiben vom 20.7.2017 gegenüber der Beteiligten zu 1 widerrufen worden sei.

Während der zum Eintragungsantrag angehörte Beteiligte zu 2 das Erlöschen der Vollmacht aufgrund Widerrufs geltend machte, meinte die Beteiligte zu 1, die Vollmacht sei unwiderruflich.

Mit Zwischenverfügung vom 6.10.2017 hat das Grundbuchamt unter Fristbestimmung Gelegenheit gegeben, die Zustimmung des Beteiligten zu 2 vorzulegen. Eine...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge