Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 62 VI 2529/17) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts München, Nachlassgericht, vom 14.08.2017 wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer hat die den Beteiligten zu 1) und 2) im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren bleibt vorbehalten.
Gründe
I. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend ist nämlich das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass sich die Erbfolge nach dem notariellen Testament vom 28.05.2015 richtet.
1. Die Erblasserin und ihr vorverstorbener zweiter Ehemann hatten sich mit handschriftlichem gemeinschaftlichem Testament vom 07.12.2004 gegenseitig zu Alleinerben und den Beteiligten zu 3) zum Schlusserben des Längstlebenden eingesetzt. Die Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 3) war jedoch, wie das Nachlassgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht wechselbezüglich, so dass die Erblasserin nicht gehindert war, durch Testament vom 28.05.2015 neu zu testieren.
a) Nach § 2270 Abs. 1 BGB sind in einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügungen dann wechselbezüglich und damit für den überlebenden Ehegatten bindend getroffen, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre, wenn also jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die andere getroffen worden ist und nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine mit der anderen stehen oder fallen soll (BayObLG FamRZ 2005, 1931 mwN.). Maßgeblich ist allein der übereinstimmende Wille der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (BGHZ 112, 229, 233). Ob Wechselbezüglichkeit im Sinne des § 2270 BGB vorliegt, ist nicht generell zu bestimmen, sondern muss für jede einzelne Verfügung gesondert geprüft und bejaht werden (BGH NJW-RR 1987, 1410; OLG München FamRZ 2010, 1846, ≪1847 ≫). Dies setzt zunächst voraus, dass die einzelnen Verfügungen ermittelt und festgestellt werden. Erst wenn dies der Fall ist, kann sich die Frage anschließen, ob einer bestimmten Verfügung Wechselbezüglichkeit beizumessen ist. Enthält ein gemeinschaftliches Testament keine klare und eindeutige Anordnung der Wechselbezüglichkeit, muss nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen und für jede Verfügung gesondert ermittelt werden, ob sie wechselbezüglich ist oder nicht (BGH NJW- RR 1987,1410).
Führt die Ermittlung des Erblasserwillens weder zur gegenseitigen Abhängigkeit noch zur gegenseitigen Unabhängigkeit der beidseitigen Verfügung, ist gemäß § 2270 Abs. 2 BGB im Zweifel Wechselbezüglichkeit anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zu Gunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt oder ihm sonst nahe steht. Diese Auslegungsregel ist erst dann heranzuziehen, wenn nach Überprüfung aller inner- und außerhalb des Testaments liegenden Umstände verbleibende Zweifel am Erblasserwillen nicht zu beseitigen sind. (BayObLG FamRZ 2005, 1931). Ob zwischen den Verfügungen vom Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament der im § 2270 BGB bezeichnete Zusammenhang der Wechselbezüglichkeit besteht, ist - sofern dies nicht eindeutig ist - durch Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 2084 BGB) zu entscheiden.
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind wechselbezüglich alleine die Verfügungen der Testierenden mit denen sie sich gegenseitig zu Erben des jeweils anderen eingesetzt haben. Denn die Erbeinsetzung des einen Ehegatten sollte mit der gleichzeitigen Erbeinsetzung des anderen Ehegatten stehen und fallen.
c) Bezüglich der Schlusserbeneinsetzung enthält das gemeinsame Testament keine ausdrückliche Erklärung der Ehegatten hinsichtlich einer Wechselbezüglichkeit ihrer letztwilligen Verfügungen. Es ist daher auslegungsbedürftig. Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Beteiligten zu 3), dass seine (Schluss)Erbeinsetzung bereits ein Indiz für die Wechselbezüglichkeit zwischen der Einsetzung der Erblasserin durch ihren vorverstorbenen Ehemann und - im Gegenzug dazu - die Einsetzung des Beschwerdeführers als Schlusserbe durch die Erblasserin ist. Die Ehe der Testierenden war kinderlos. Ist - wie hier - der eingesetzte Schlusserbe mit keinem der testierenden Ehegatten verwandt oder verschwägert, entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Ehegatte seinen Partner regelmäßig das Recht belassen will, als Überlebender jederzeit die Schlusserbeneinsetzung abzuändern. Das gilt insbesondere auch in Bezug auf caritative oder gemeinnützige als Schlusserbe eingesetzte Organisationen wie den Beteiligten zu 3) (Palandt/Weidlich: BGB 76. Auflage ≪2017 ≫, § 2270 Rn. 6; Burandt in: Burandt/Rojahn: Erbrecht, 2. Auflage ≪2014 ≫ § 2270 Rn. 27; BayObLG FamRZ 1986,604 ≪606≫). Der Vortrag des Beteiligten zu ...