Leitsatz (amtlich)
Die Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens wird nur durch den rechtzeitigen Eingang eines Antrags bei einem zumindest zunächst örtlich zuständigen Gericht gewahrt.
Normenkette
SpruchG §§ 2, 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 06.11.2009; Aktenzeichen 5 HK O 21285/08) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 4.) gegen den Beschluss des LG München I vom 6.11.2009 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller zu 4.) trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Antragsteller zu 4.) hat die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller zu 4.) beantragte als Aktionär der D. AG mit Sitz in Augsburg die Bestimmung der angemessenen Barabfindung durch das Gericht, nachdem die Hauptversammlung am 7.8.2008 die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf den Hauptaktionär beschlossen hatte.
Die Antragsschrift ging am 9.1.2009 beim LG Augsburg ein. Die Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister war am 13.10.2008 erfolgt, deren Bekanntmachung am 14.10.2008. Nach gerichtlichem Hinweis auf seine Unzuständigkeit, Zustellung der Antragsschrift und Anhörung des Antragsgegners verwies das LG Augsburg antragsgemäß mit Beschluss vom 20.2.2009 das Verfahren an das LG München I. Dort gingen die Akten am 25.2.2009 ein. Mit Beschluss vom 6.11.2009 wies das LG u.a. diesen Antrag als unzulässig zurück, denn die Einreichung beim örtlich unzuständigen Gericht wahre die Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG nicht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 4.). Er ist der Auffassung, in entsprechender Anwendung von § 281 Abs. 2 Satz 3 ZPO komme auch dem beim unzuständigen Gericht eingereichten Antrag fristwahrende Wirkung zu.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 4.) ist nicht begründet.
1. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 1 Nr. 3 SpruchG kann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Bestimmung der Barabfindung von Minderheitsaktionären nur binnen drei Monaten seit dem Tag gestellt werden, an dem die Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister bekannt gemacht worden ist. Nachdem die Bekanntmachung der Eintragung am 14.10.2008 erfolgt ist, endete die Antragsfrist mit Ablauf des 14.1.2009. Der Eingang des Antrags beim LG Augsburg am 9.1.2009 wahrt die Antragsfrist nicht, weil das LG Augsburg nach § 2 Abs. 4 Satz 1 SpruchG i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 GZVJu von Anfang an nicht für das hier vorliegende Spruchverfahren zuständig war und der Eingang bei dem örtlich von Anfang an allein zuständigen LG München I erst nach Fristablauf erfolgte.
Eine entsprechende Anwendung des § 281 Abs. 2 Satz 3 ZPO kommt nicht in Betracht, denn nach dem Regelungszusammenhang der spezialgesetzlichen Norm des § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SpruchG kann die Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens nur durch den Eingang eines Antrags bei einem zumindest zunächst zuständigen Gericht gewahrt werden (vgl. OLG Frankfurt NZG 2009, 1225; OLG Düsseldorf NZG 2005, 719; Simon/Leuering SpruchG § 4 Rz. 32; Hüffer AktG, 8. Aufl. Anhang § 305 § 4 SpruchG Rz. 5; Klöcker/Frowein, SpruchG § 4 Rz. 13; Heidel/Weingärtner Aktienrecht und Kapitalmarktrecht 2. Aufl., § 4 SpruchG Rz. 11, 12; KölnKomm SpruchG/Wasmann § 4 Rz. 6; Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 4 SpruchG Rz. 11; a.A. Drescher in Spindler/Stilz AktG § 4 SpruchG Rz. 9).
Zwar hat der BGH zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Spruchverfahrensgesetzes entschieden, dass auch der bei einem unzuständigen Gericht eingereichte Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens die Antragsfrist im Falle einer späteren Verweisung an das zuständige Gericht entsprechend § 281 Abs. 2 Satz 3 ZPO wahre (BGHZ 166, 329 = NZG 2006, 426; ablehnend Hirte EWiR 2006, 255; Mennicke BB 2006, 1242). Die Entscheidung lässt offen, ob § 281 ZPO auch in Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz entsprechend angewandt werden könne. Nach Einführung der Regelung des § 4 Abs. 1 SpruchG ist jedoch keine Regelungslücke mehr vorhanden, die zu einer analogen Anwendung des § 281 ZPO führen könnte. Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpruchG die Verfristungsfolge für Anträge an (zunächst zuständige und schließlich) unzuständige Gerichte spezialgesetzlich geregelt. Er hat dabei ausdrücklich diejenigen Fälle zugunsten des Antragstellers entschieden, in denen die (endgültige) Zuständigkeit zweifelhaft oder schwer erkennbar ist. Im Umkehrschluss ist daraus zu folgern, dass in allen anderen Fällen nur die Einreichung des Antrags beim zuständigen Gericht fristwahrend wirkt (vgl. Kubis in MünchKomm/AktG § 4 SpruchG Rz. 11 a.E.; Mennicke BB 2006, 1243; Hirte EWiR 2006, 256).
Aus diesem Grund kann für das Spruchverfahren nichts daraus hergeleitet werden, dass in Familien- und Insolvenzsachen die Vorschrift des § 281 ZPO entsprechend angewendet wird. Auch...