Leitsatz (amtlich)
1. Das Grundbuchamt ist nicht verpflichtet, Ermittlungen darüber anzustellen, ob der eine Eigentumsumschreibung bewilligende Verkäufer in einem Grundstückskaufvertrag über sein nahezu gesamtes Vermögen i.S.d. § 1565 Abs. 1 BGB verfügt.
2. Konkrete Anhaltspunkte für eine solche Sachlage, die das Grundbuchamt zu einer Antragszurückweisung oder einer Zwischenverfügung veranlassen müssten, lassen sich nicht lediglich aus dem Wert des übertragenen Grundbesitzes ableiten.
Normenkette
BGB § 1365 Abs. 1; GBO § 19
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 13.10.2006; Aktenzeichen 41 T 1381/06) |
AG Kempten (Beschluss vom 12.06.2006; Aktenzeichen Grundbuchamt) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird verworfen.
II. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) hin werden die Beschlüsse des AG Kempten (Allgäu) vom 12.6.2006 und des LG Kempten (Allgäu) vom 13.10.2006 aufgehoben.
III. Das AG Kempten (Allgäu) - Grundbuchamt - wird angewiesen, den in Abteilung 2 des Grundbuchs am 12.6.2006 zugunsten der Beteiligten zu 3) eingetragenen Widerspruch zu löschen.
IV. Der Beteiligten zu 3) wird Prozesskostenhilfe gewährt. Ihr wird Frau Rechtsanwältin XX beigeordnet.
V. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) erwarb von dem Beteiligten zu 2) mit notariellem Geschäfts- und Grundbesitzübergabevertrag vom 16.12.2004 den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz. Als vertragliche Gegenleistung wurde die Schuldübernahme i.H.v. 800.000 EUR sowie ein Hinzuzahlungsbetrag i.H.v. 700.000 EUR vereinbart. In § 10 des Vertrages erklärte der Beteiligte zu 2), in dieser Urkunde nicht über sein ganzes oder nahezu ganzes Vermögen zu verfügen. Der Beteiligte zu 1) wurde am 25.5.2005 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Die Beteiligte zu 3) legte am 7.6.2006 einen Arrestbefehl des AG Schöneberg vom 24.5.2006 vor. Dieser war gegen den Beteiligten zu 2) gerichtet und stützte sich auf eine behauptete Zugewinnausgleichsforderung der Beteiligten zu 3) gegen den Beteiligten zu 2) i.H.v. 500.000 EUR. Die Beteiligte zu 3) ließ durch ihre anwaltschaftliche Vertreterin die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eintragung des Eigentums durch den Beteiligten zu 1) beantragen. Diesen Widerspruch trug das Grundbuchamt am 12.6.2006 mit folgenden Worten in Abt. I des Grundbuchs ein:
"Widerspruch nach § 899 BGB gegen die Eintragung des Eigentums für... gemäß Arrestbefehl vom 24.5.2006...".
Die Beschwerde gegen diese Eintragung wies das LG mit Beschluss vom 13.10.2006 zurück mit der Maßgabe, dass auch der Beteiligte zu 2) als weiterer Berechtigter einzutragen sei. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2).
II. Die Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich statthaft, jedoch nur seitens des Beteiligten zu 1) auch im Übrigen zulässig. Zwar erfüllt auch die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2) die Formvoraussetzungen des § 80 GBO, doch fehlt es dem Beteiligten zu 2) an einer Beschwerdeberechtigung. Er hat weder eine grundbuchrechtliche Position, die durch die Eintragung des Amtswiderspruches in Frage gestellt wäre, noch wurde er durch den angefochtenen Beschluss des LG in sonstiger Weise in seinen Rechten verletzt. Dass der auf Anweisung des LG nach dessen Ansicht hin einzutragende Widerspruch auch zu seinen Gunsten wirken solle, belastet den Beteiligten zu 2) nicht. Bei der Beschwerdeberechtigung ist ausschließlich auf das rechtliche Interesse und die verfahrensrechtliche Schlechterstellung, die der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung erlitten hat, abzustellen (vgl. BayObLGZ 1977, 251/254).
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist im Übrigen zulässig und auch begründet:
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Voraussetzungen des § 899 BGB, auf die sich das Grundbuchamt berufen habe, lägen nicht vor. Der vorgelegte Arrestbeschluss richte sich nicht gegen den eingetragenen Eigentümer und entfalte auch keinerlei rechtliche Wirkungen gegen diesen, nachdem § 419 BGB a.F. ersatzlos weggefallen sei. Der Widerspruch sei jedoch im Ergebnis zu Recht eingetragen worden, weil das Grundbuchamt verpflichtet gewesen sei, die Gesetzmäßigkeit der beantragten Eintragung zu prüfen. Dabei habe es unterlassen, festzustellen, ob bei der Verfügung eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten über ein Grundstück die Zustimmung nach § 1365 BGB erforderlich sei. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht vorliege. Deshalb sei zugunsten der Beteiligten zu 3) ein Amtswiderspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung des Eigentums veranlasst.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand:
a) Zutreffend ist allerdings das LG davon ausgegangen, dass die Vorlage des Arrestbeschlusses das Grundbuchamt nicht berechtigte, einen Widerspruch gem. § 899 BGB einzutragen. Der Beteiligte zu 1) war im Arrestbeschluss nicht als Schuldner genannt, so dass der Arrestbeschluss seine sonst nötige Bewilligung zur Eintragung gem. § 19 GBO nicht...