Leitsatz (amtlich)
Scheidet das zum Nachlass gehörende Grundstück durch wirksame Verfügung des Vorerben aus dem Nachlass aus, bedarf es bei Löschung des Nacherbenvermerks wegen Unrichtigkeit des Grundbuchs regelmäßig nicht auch der Anhörung etwaiger Ersatznacherben (Klarstellung zu OLG München vom 10.8.2012, 34 Wx 187/12).
Normenkette
BGB §§ 2096, 2100, 2112-2113, 2136; GBO §§ 22, 51
Verfahrensgang
AG Erding - Grundbuchamt (Beschluss vom 24.09.2014; Aktenzeichen Mittbach Blatt 1193) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 wird der Beschluss des AG Erding - Grundbuchamt - vom 24.9.2014 aufgehoben.
II. Das AG Erding - Grundbuchamt - wird angewiesen, den Eintragungsantrag vom 10.6.2014 - Eingang 12.6.2014 - nicht wegen fehlender Anhörungsmöglichkeit von Ersatznacherben zurückzuweisen.
Gründe
I. Im Grundbuch waren als Eigentümer von Grundbesitz der Beteiligte zu 2 und Margaretha C. (geb. 1946) in Erbengemeinschaft eingetragen. Margaretha C. ist verstorben. Aufgrund Erbvertrags vom 22.3.2001 und der Eröffnungsniederschrift vom 15.5.2013 trug das Grundbuchamt am 8.7.2013 sodann an deren Stelle den Beteiligten zu 1, Ehemann der Verstorbenen, ein. In Erbengemeinschaft sind daher der Beteiligte zu 2 und der Beteiligte zu 1 als Eigentümer verlautbart. In der Zweiten Abteilung findet sich ein Nacherbenvermerk am Anteil des Ehemannes, wonach der Sohn von Margaretha C., der Beteiligte zu 5, Nacherbe ist, der Nacherbfall beim Tod des Vorerben eintritt und der Vorerbe befreit ist. Die zudem im Erbvertrag (Abschn. V.2.a) angeordnete Ersatznacherbfolge
Ersatznacherben sind jeweils die Abkömmlinge der Nacherben, einschließlich adoptierter, jedoch mit Ausnahme nichtehelicher Kinder männlicher Nachkommen und ihrer Abkömmlinge, unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung ist nicht im Grundbuch vermerkt.
Die Beteiligten zu 1 und 2 verkauften am 15.4.2014 den Grundbesitz an die Beteiligten zu 3 und 4. Die Auflassung wurde erklärt. Unter Ziffer VII.2. der Urkunde stimmte der Beteiligte zu 5 als Nacherbe den in dieser Urkunde enthaltenen Vereinbarungen zu und bewilligte die Löschung des Nacherbenvermerks.
Nach Bewilligung und Vollzugsantrag (u.a.) auf Eintragung der Auflassung und Löschung des Nacherbenvermerks vom 10.6.2014 hat das Grundbuchamt beim Betreuungsgericht die Bestellung eines Pflegers gemäß § 1913 BGB für die unbekannten Ersatznacherben angeregt. Am 4.9.2014 hat das Betreuungsgericht die Bestellung abgelehnt, da die Ersatznacherben weder zustimmen noch sonstwie beteiligt werden müssten.
Daraufhin hat das Grundbuchamt am 24.9.2014 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Es sei eine Anhörung der - dem Personenkreis nach unbekannten - Ersatznacherben, Abkömmlinge des Nacherben, erforderlich. Mangels Bestellung eines Ergänzungspflegers bestehe ein Eintragungshindernis.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des beurkundenden Notars, der die Ansicht vertritt, der Nacherbenvermerk könne aufgrund Unrichtigkeitsnachweises auch ohne Anhörung der Ersatznacherben gelöscht werden. Der Beteiligte zu 1 habe als Vorerbe entgeltlich mit vorsorglicher Zustimmung des Nacherben, des Beteiligten zu 5, wirksam verfügt. Wenn überhaupt, so sei es Sache des Grundbuchamts, nicht aber der Parteien, die Anhörung durchzuführen.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 9.10.2014 nicht abgeholfen.
II. Das Rechtsmittel ist erfolgreich.
1. Gegen den Beschluss vom 24.9.2014 ist die Grundbuchbeschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO). Die Beschwerdeführungsbefugnis des Notars für die Beteiligten zu 1 bis 4 folgt schon aus dem Umstand, dass er die maßgeblichen Grundbucherklärungen beurkundet oder beglaubigt hat (§ 15 Abs. 2 GBO).
2. Die Beschwerde ist begründet. Zum Vollzug des Eintragungsantrags, der die Löschung des Nacherbenvermerks umfasst (§ 16 Abs. 2 GBO), brauchen neben dem hier ohnehin beteiligten Nacherben (unbekannte) Ersatznacherben (über einen bestellten Pfleger; § 1913 BGB) nicht angehört zu werden.
a) Bei Verfügungen über das Grundstück kommt die Löschung eines Nacherbenvermerks in folgenden Fällen in Betracht: Zum einen (1), wenn der Nacherbe und der Ersatznacherbe vor Eintritt der Nacherbfolge die Löschung bewilligen (§ 19 GBO), weiter (2) im Wege des Unrichtigkeitsnachweises, wenn der (nicht befreite) Vorerbe mit Zustimmung aller Nacherben über das Grundstück verfügt. Schließlich (3) ist der Nacherbenvermerk ebenfalls im Wege der Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO zu löschen, wenn der befreite Vorerbe über das Grundstück wirksam, nämlich entgeltlich verfügt (siehe §§ 2112, 2113 Abs. 2, § 2136 BGB).
Im ersten Fall bedarf es neben der Bewilligung durch Nacherben und Ersatznacherben nicht auch deren Anhörung (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 874). Im zweiten Fall ist jedenfalls der Nacherbe hinreichend beteiligt, so dass dessen Anhörung nicht erforderlich ist. Im letztgenannten Fall ist dagegen dem Nacherben rechtliches Gehör zu gewähren (BayObLGZ 1994, 177/179). Umstrit...