Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein auf einem Grundstück lastendes Erbbaurecht aufgehoben, beurteilt sich die Frage, ob es der Zustimmung des Berechtigten eines auf dem Erbbaurecht lastenden Zweigrechts bedarf, nach § 876 S. 1 BGB und nicht nach § 876 S. 2 BGB.
2. Diese Zustimmung ist jedoch entbehrlich, wenn das ein grundstücksgleiches Recht belastende Nutzungsrecht bereits vor der Aufhebung inhalts- und ranggleich auch auf dem Grundstück selbst lastet oder bei Aufhebung des grundstücksgleichen Rechts das frühere Nutzungsrecht inhalts- und ranggleich auf dem Grundstück selbst bestellt wird.
3. Die Ranggleichheit ist anhand eines konkreten Vergleichs unter Berücksichtigung der im Falle einer Zwangsversteigerung vorhergehenden Rechte zu beurteilen.
Normenkette
BGB § 876; GBO § 29
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Deggendorf - Grundbuchamt - vom 28.10.2022 insoweit aufgehoben, als zur Teilaufhebung des Erbbaurechts die Zustimmung der Eigentümer des Flst. XXX/6 als Berechtigte des Wasserleitungsrechts gefordert worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Der Geschäftswert für den erfolglosen Teil des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten begehren die Eintragung der Teilaufhebung eines Erbbaurechts.
Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin eines - zunächst im Grundbuch von P. Blatt XXXX im Bestandsverzeichnis unter Nummer 1 geführten - Grundstücks, das zugunsten der Beteiligten zu 2) am 26.03.2009 mit einem Erbbaurecht belastet wurde. Im Erbbaugrundbuch ist in Abt. II eingetragen - jeweils seit dem 26.03.2009 - unter Nummer 2 gemäß Bewilligung vom 24.10.2008 eine Grunddienstbarkeit (Wasserleitungsrecht) für den jeweiligen Eigentümer von BVNr. 1 Blatt XXXX (Flst. XX8), unter Nummer 3 ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für den jeweiligen Eigentümer von BVNr. 1 in Blatt XXXX (Flst. XX8) und - seit dem 01.07.2018 - unter Nummer 7 eine Reallast (Heizwärmelieferungsrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. XXX/6 (Blatt XXXX BVNr. 3).
Das belastete Grundstück wurde in Vollzug mehrerer Fortführungsnachweise zerlegt und bestand am 21.11.2017 - vorgetragen unter der laufenden Nummer 2 des Bestandsverzeichnisses - aus den Flst. XXX/5, XX8 und XXX/6. Unter dem 06.03.2018 wurde Flst. 658/6 von dem Grundstück abgeteilt und neu vorgetragen unter der laufenden Nummer 3 des Bestandsverzeichnisses. Am gleichen Tag wurde die pfandfreie Abschreibung des Flst. XXX/6 (BVNr. 3) nach § 1026 BGB sowohl im Grundbuch des belasteten Grundstücks wie auch im Erbbaugrundbuch eingetragen.
Das Grundstück Flst. XXX/6 (BVNr. 3) wurde sodann unter dem 24.07.2018 nach § 8 WEG aufgeteilt und nach Blatt XXX0 bis XXX8 übertragen.
Im Grundbuch des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks wurde am 19.03.2020 in Abt. II/22 gemäß Bewilligung vom 07.11.2018 ein Wasser- und Abwasserleitungs- nebst Schächterecht für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. XXX/6 eingetragen.
In Vollzug eines weiteren Fortführungsnachweises wurde das bis dato unter der laufenden Nummer 2 des Bestandsverzeichnisses geführte Grundstück zerlegt in Flst. XX8, XXX/7 und XXX/8 und neu vorgetragen unter Nummer 4 des Bestandsverzeichnisses.
Unter dem 21.09.2021 beantragte der Urkundsnotar gemäß § 15 GBO die Teilaufhebung des Erbbaurechts an den Grundstücken Flst. XX8 und XXX/8, da das Erbbaugrundstück geteilt worden sei und das Erbbaurecht künftig nur noch auf dem neu gebildeten Grundstück Flst. XXX/7 lasten solle. Der Ausübungsbereich sei unverändert das auf Flst. XXX/7 befindliche Heizkraftwerk.
Mit Schreiben vom 07.05.2022 forderte das Grundbuchamt u. a. die Zustimmung der Berechtigten der auf dem Erbbaurecht in Abt. II/2, II/3 und II/7 lastenden Rechte.
Mit Schreiben vom 17.05.2022 reichte der Urkundsnotar für die Eigentümer des Grundstücks Flst. XXX/6 als Berechtigte der in Abt. II/2, II/3 und II/7 des Erbbaugrundbuchs eingetragenen Rechte unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Nürnberg vom 12.07.2021 - 15 W 2283/21 eine Genehmigung des WEG-Verwalters ein.
Mit Zwischenverfügung vom 28.10.2022 forderte das Grundbuchamt die Vorlage der Zustimmung von sämtlichen Eigentümern des Grundstücks Flst. XXX/6. Abgesehen davon, dass der sonst erforderliche, formgerechte Verwalternachweis nicht vorgelegt worden sei, sei - abweichend vom Beschluss des OLG Nürnberg - die Zustimmung aller Eigentümer des Grundstücks Flst. XXX/6 erforderlich, da der Verwalter zur Abgabe der Zustimmung zur Teilaufhebung des Erbbaurechts und Einschränkung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht nicht gemäß § 9b WEG ermächtigt sei. Gemäß § 9b Abs. 1 WEG werde die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch den Verwalter vertreten. Berechtigte der im Erbbaugrundbuch auf dem Erbbaurecht lastenden Rechte Abt. II/2, II/3 und II/7 seien jedoch die Bruchteilseigentümer des Flst. XXX/6, nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Vertretung der Bruchteilseigentümer regle § 9b WEG nicht. Die Zustimmung ...