Leitsatz (amtlich)

1. Über - zulassungsfreie - Grundbuchbeschwerden entscheidet nach dem bis 1.9.2009 geltenden Grundbuchverfahrensrecht bei den LG eine Zivilkammer in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Eine Zuständigkeit des Einzelrichters - wie in Beschwerden nach der ZPO - besteht hiernach nicht.

2. Zum Prüfungsumfang des Grundbuchamts bei Behördenersuchen (hier: Eintragung einer Sicherungshypothek auf einem Grundstück der Erbengemeinschaft bei Erbschaftssteuerschulden eines Miterben).

 

Normenkette

AO §§ 265, 322 Abs. 3; ErbStG § 20 Abs. 3; GBO §§ 38, 81 Abs. 1; GVG § 75

 

Gründe

I. Der Beteiligte vollstreckt wegen Erbschaftssteuer i.H.v. derzeit 22.367,38 EUR. Der Steuerschuldner ist an einer Erbengemeinschaft beteiligt, die nicht auseinander gesetzt ist. Gegenstand der Erbmasse ist auch ein Grundstück. Der Erbschaftssteuerrückstand ist in dem Erbfall begründet, auf den die

Erbengemeinschaft zurückgeht. Gegen die beiden Miterben liegt ein Titel nicht vor. Der Beteiligte hat unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 3 ErbStG die Eintragung einer Sicherungshypothek zu Lasten des Nachlassgrundstücks beantragt. Das AG

hat die Eintragung mit Beschluss vom 10.3.2009 abgelehnt. Die Einzelrichterin des LG hat die hiergegen eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 29.4.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Gemäß § 747 ZPO sei zur Zwangsvollstreckung in einen Nachlass, wenn mehrere Erben vorhanden seien, bis zur Teilung ein gegen alle Erben ergangenes Urteil erforderlich; dabei reiche ein Titel gegen alle Miterben. Ein solcher Titel liege jedoch nicht vor. Die übrigen Voraussetzungen des § 747 ZPO seien gegeben. Es liege eine ungeteilte Erbengemeinschaft vor. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 20 ErbStG lägen vor. Die Eintragung einer Sicherungshypothek könne jedoch ohne einen Titel gegen die übrigen Miterben nicht erfolgen. Die Regelung des § 747 ZPO sei eindeutig und lasse keine Ausnahmen zu. Es müsse ein Leistungstitel gegen alle Erben vorliegen, ein Duldungstitel reiche nicht aus. Einen solchen Titel könne sich der Beteiligte verschaffen und müsse dies auch, wenn eine Eintragung gem. § 747 ZPO erfolgen solle.

2. Das Rechtsmittel hat schon deshalb Erfolg, weil das LG nichtvorschriftsmäßig besetzt war. Dies ist ein absoluter Rechtsbeschwerdegrund (vgl. § 547 Nr. 1 ZPO; BGH NJW 1989, 229/230; 1993, 600; 2001, 1357; Senat FGPrax 2008, 99; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 34). Nach § 81 Abs. 1 GBO entscheidet über Beschwerden bei den LG eine Zivilkammer.

§ 75 GVG regelt die Besetzung der Zivilkammer mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Eine Übertragung auf den Einzelrichter ist nicht erfolgt und wäre auch gar nicht möglich gewesen. Nach allgemeiner Meinung trifft § 81 Abs. 1 GBO eine eigenständige gerichtsverfassungsrechtliche Regelung (vgl. Demharter, GBO, 26. Aufl., § 81 Rz. 3; Budde in Bauer/v. Oefele GBO 2. Aufl., § 81 Rz. 1; KEHE/Briesemeister GBO 6. Aufl., § 81 Rz. 1 und 3; Hügel/Kramer, GBO, § 81 Rz. 2), so dass ein Rückgriff auf § 30 Abs. 1 FGG nicht in Betracht kommt.

Verfehlt ist insoweit die Sichtweise des LG (Einzelrichterin), das in der Verfahrensordnung der ZPO gem. §§ 567 ff. entschieden hat. Soweit - wie hier - das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan tätig wird, ersetzt § 71 GBO den im Grundbuchverfahren nicht anwendbaren § 766 ZPO und tritt an die Stelle der sofortigen Beschwerde gem. §§ 567, 793 ZPO. Demnach ist nach derzeit noch geltender Rechtslage gegen Entscheidungen über den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek auch nur die Beschwerde nach §§ 71 ff. GBO (Demharter, GBO, 26. Aufl., § 71 Rz. 3 und 12 m.w.N.; vgl. auch OLG München vom 29.1.2009 = 34 Wx 116/08, NJW 2009, 1358) zum LG (§ 72 GBO) und gegen die Beschwerdeentscheidung des LG die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde zum OLG (§§ 78, 79 Abs. 1 GBO) gegeben.

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf die Vorschrift des § 322 AO hin, der - soweit ersichtlich - bisher nicht berücksichtigt wurde. Nach § 322 Abs. 3 AO stellt die für die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen erforderlichen Anträge des Gläubigers die Vollstreckungsbehörde (s. hier § 249 AO). Sie hat dabei zu bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. Diese Fragen unterliegen nicht der Beurteilung des Grundbuchamts. Deshalb braucht die Finanzbehörde auch keinen vollstreckbaren Titel oder sonstige, die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung betreffende Unterlagen mit vorzulegen (vgl. BGHZ 3, 140). Anträge auf Eintragung einer Sicherungshypothek sind Ersuchen i.S.v. § 38 GBO (§ 322 Abs. 3 Satz 4 AO). Sie ersetzen den Eintragungsantrag und die sonst nach § 19 GBO notwendige Bewilligung des Betroffenen. Die Prüfung des Grundbuchamts beschränkt sich im Wesentlichen auf die formelle Seite des Ersuchens sowie auf die spezifisch grundbuchrechtlichen ...

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