Leitsatz (amtlich)

1. Zur Mehrfachvertretung im Grundbuchverfahren.

2. Ist im Kaufvertrag über eine erst noch zu vermessende Teilfläche die Auflassung noch nicht erklärt, bedarf die spätere Messungsanerkennung mit Auflassung des neu gebildeten Grundstücks bei Doppelvertretung der Genehmigung durch den Vollmachtgeber, wenn nicht dem Vertreter Befreiung nach § 181 BGB erteilt ist (Abgrenzung zu BGH vom 16.2.2012, V ZB 204/12, bei juris; Bestätigung zu Senat vom 28.8.2013, 34 Wx 223/13, bei juris Rn. 16, und vom 19.9.2013, 34 Wx 156/13, bei juris Rn. 19).

 

Normenkette

BGB §§ 181, 925, 925a; GBO § 20; BGB §§ 28, 29 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Ingolstadt (Aktenzeichen Etting Blatt 1791)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 01.10.2015; Aktenzeichen V ZB 181/14)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Ingolstadt - Grundbuchamt - vom 12.5.2014 in Nummer 2 aufgehoben.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Der Beschwerdewert für den zurückgewiesenen Teil beträgt 5.000 EUR.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit notariellem Vertrag vom 9.12.2008 verkaufte der Beteiligte zu 2 eine noch zu vermessende unbebaute Teilfläche aus einem ihm gehörenden Grundstück an die Beteiligte zu 1, eine Aktiengesellschaft. Diese war vertreten durch Rechtsanwalt xxx, dessen dem Vertrag in beglaubigter Abschrift beigefügte Vollmacht vom 25.7.2001 umfasst,

die Firma A. (Beteiligte zu 1) in sämtlichen Grundstücksangelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Sie sind insbesondere bevollmächtigt, für die genannte Gesellschaft Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Grundpfandrechte zu veräußern, zu erwerben und zu belasten, dazu Auflassungen zu erklären und entgegenzunehmen, Eintragungen aller Art im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen, Eintragungsanträge zurückzunehmen, Unterwerfungen unter die sofortige Zwangsvollstreckung zu erklären, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Grundpfandrechte zu ergreifen und Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen von Grundstücken durchzuführen ...

Verkauft wurde nach dem genannten Vertrag

zum Alleineigentum aus dem in Abschnitt A. näher bezeichneten Grundbesitz eine amtlich erst zu vermessende Teilfläche von ca. 4.934 qm mit allen Rechten und gesetzlichen Bestandteilen.

Die Teilfläche ist den Beteiligten nach Lage und Umfang in der Natur genau bekannt. Es handelt sich um die gesamte Grundstücksfläche mit Ausnahme der Teilfläche, welche in dem dieser Urkunde als Anlage 1 beigehefteten Lageplan gelb gekennzeichnet (ist). Auf den Plan, der zur Durchsicht vorgelegt wurde, wird verwiesen ... Die (Beteiligte zu 1) und (Beteiligte zu 2) vereinbaren, dass sie

a) die durch die Ausführungsanordnung (nach Art. 34 BayEG) festzustellende Grenzziehung auch für das heutige Vertragsverhältnis als verbindlich anerkennen,

b) die Vereinbarung über den pauschal zu leistenden Kaufpreis von der durch die Vermessung tatsächlich ermittelten Grundstücksgröße unberührt bleibt.

Mit Nachtrag vom 5.3.2014 erkannte Rechtsanwalt xxx, handelnd für die Beteiligte zu 1, letztere handelnd für sich selbst im eigenen Namen und aufgrund der zur Vorurkunde unter Befreiung von § 181 BGB erteilten Vollmacht für den Beteiligten zu 2, die Messung an. Zu derselben Urkunde wurde aufgelassen, bewilligt und beantragt, die Rechtsänderung im Grundbuch einzutragen.

Auf den Vollzugsantrag gemäß § 15 GBO vom 2.4.2014 setzte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 12.5.2014 Frist zur Beseitigung - soweit noch von Bedeutung - folgender Hindernisse:

1. Die Auflassung sei von der Beteiligten zu 1 in der Form des § 29 GBO zu genehmigen, da diese den Bevollmächtigten nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit habe und er daher auch nicht wirksam die Auflassung habe erklären können.

2. Die Auflassung sei auch vom Beteiligten zu 2 als Verkäufer in der Form des § 29 GBO zu genehmigen, da die Vollmacht der Beteiligten zu 1 für xxx. nicht die Befugnis umfasse, Dritte zu vertreten, soweit diese die Beteiligte zu 1 bevollmächtigt hätten. Insoweit fehle es an einer Untervollmacht der Beteiligten zu 1 auf xxx, für den Verkäufer, das heißt für einen Dritten, zu handeln.

Das Grundbuchamt hat ergänzend noch dargelegt, dass es sich bei der Auflassung nicht nur noch um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handele. Dies gelte auch dann, wenn sich - wie hier - keine Abweichung in der Quadratmeterzahl gegenüber der unvermessenen Fläche ergeben habe. Die Tatsache, dass die Auflassungserklärung lediglich die Erfüllung einer Verbindlichkeit darstelle, sei dem Grundbuchamt nachzuweisen. Dazu müsse die Verbindlichkeit voll wirksam und dürfe nicht mit Einreden behaftet sein, es müsse sich um eine " glatte" Verbindlichkeit handeln, was bei einer Teilfläche nie der Fall sei. Nachzuweisen sei, dass sich der Verkäufer gegenüber dem Übereignungsanspruch des Käufers nicht auf die Einrede des nichterfüllten Vertrags berufen könne.

Hiervon unabhängig betreffe der weitere Beans...

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