Leitsatz (amtlich)

1. Der in der Teilungserklärung vorgesehene Betrieb einer Gaststätte in einem offenen Einkaufszentrum wird nicht dadurch unzulässig, dass in angrenzenden anderen Gewerbebetrieben Geruchsbelästigungen auftreten, die nicht auf einen bestimmungswidrigen Gebrauch der Gaststätte zurückzuführen sind.

2. Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist zwischen Teileigentümern jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Immissionen Folge einer nach Vereinbarung und Teilungserklärung zulässigen Nutzung sind.

 

Normenkette

BGB § 906 Abs. 2 S. 2; WEG §§ 14-15

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 07.06.2006; Aktenzeichen 6 T 168/06)

AG Weilheim i. OB (Beschluss vom 08.12.2005; Aktenzeichen 3 UR II 231/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin werden der Beschluss des LG München II vom 7.6.2006 und der Beschluss des AG Weilheim vom 8.12.2005 aufgehoben.

II. Der Antrag wird abgewiesen.

III. Die Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.

IV. Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten aller Rechtszüge.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

V. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 80.856,05 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind Teileigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Antragsteller hat sein Teileigentum zum Betrieb eines Geschäfts mit Damenoberbekleidung und Accessoires vermietet. Die Antragsgegnerin hat ihr Teileigentum zum Betrieb einer Pizzeria vermietet.

Das Teileigentum ist in der Weise konzipiert, dass Geschäfte und Gaststätte zur gemeinsamen Fläche hin geöffnet sind. Als Abschluss der Räumlichkeiten dienen Glasschiebetüren, die außerhalb der Geschäftszeit geschlossen werden.

Der Antragsteller macht Schadensersatzansprüche, u.a. Mietausfall, geltend mit der Behauptung, dass Imissionen aus der Gaststätte der Antragsgegnerin in die Räume des Antragstellers gedrungen seien. Zwischen dem Antragsteller und seiner Mieterin kam es deshalb zu einem Vergleich, in dem der Antragsteller u.a. eine Mietminderung und die Beendigung des Mietverhältnisses akzeptiert hat.

Das AG hat dem Antrag voll umfänglich stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG den Gesamtbetrag um nicht abgerechnete Nebenkosten gekürzt und im Übrigen die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz hat es dem Antragsteller 1/10 und der Antragsgegnerin 9/10 auferlegt. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde erstrebt die Antragsgegnerin die vollständige Abweisung des Antrags. Der Antragsteller begehrt mit seiner Anschlussbeschwerde die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils hinsichtlich der Nebenkosten und eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zu Tragung aller gerichtlicher und außergerichtlicher Kosten.

II. Beide Rechtsmittel sind zulässig. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist begründet. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist unbegründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Betrieb der Pizzeria als solcher sei nach der Gemeinschaftsordnung zulässig. In der Aufteilung als solcher sei zwar die Bezeichnung Bistro/Cafe enthalten, die Gemeinschaftsordnung erlaube jedoch den Betrieb eines Gewerbes jeder Art. Eine Schadensersatzpflicht der Antragsgegnerin bestehe jedoch deshalb, weil sie den nach § 14 Nr. 1 WEG zulässigen Gebrauch überschritten habe. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen, dass Gerüche aus der Pizzeria in das Kleidergeschäft gedrungen seien und sich dort niedergeschlagen hätten. Sollten Mängel am Gemeinschaftseigentum ursächlich dafür sein, dass diese Immissionen stattgefunden hätten, so ändere dieser Umstand nichts an der Störereigenschaft der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin sei zwar zu einem eigenmächtigen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum nicht berechtigt gewesen. Ein Schließen der Glaswand hätte aber die Immissionen verhindert. Dies wäre der Antragsgegnerin auch zumutbar gewesen. Gegebenenfalls hätte der Betrieb der Pizzeria sogar eingestellt werden müssen.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der Betrieb einer Pizzeria in den Räumlichkeiten des Antragsgegners nach den Regelungen in der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung an sich zulässig ist. Der Senat sieht insoweit keine Veranlassung zu einer anderen Auslegung; er nimmt auf die Entscheidung des LG insoweit Bezug.

Der Senat vermag dem LG jedoch nicht darin zu folgen, dass der Antragsgegner von seinem Teileigentum einen über das nach § 14 Nr. 1 WEG zulässige Maß hinausgehenden Gebrauch gemacht hat.

Das zulässige Maß i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG wird in erster Linie durch Gebrauchsregelungen nach § 15 Abs. 1 und 2 WEG bestimmt (Weitnauer/Lüke, Wohnungseigentumsgesetz, 9. Aufl., § 14 Rz. 3). Wie festgestellt hält sich der Gebrauch des Teileigentums durch die Antragsgegnerin bzw. deren Mieter im Rahmen des von der Gemeinscha...

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