Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiordnung eines nicht am Prozessgericht zugelassenen Anwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Ein nicht am Prozessgericht zugelassener Anwalt kann nur zu den Kosten eines bei dem Prozessgericht zugelassenen Anwalts beigeordnet werden, wenn am Prozessgericht Anwälte zugelassen sind, die sich mit dem einschlägigen Rechtsgebiet befassen (19 W 2933/05).

 

Normenkette

ZPO §§ 121, 123

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 21.10.2005; Aktenzeichen 4 O 5558/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.10.2006; Aktenzeichen XI ZB 1/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des LG München I vom 21.10.2005 wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, der seine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds mit einem Kredit der Beklagten finanziert hat, ließ von RA F. in Berlin Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen, den das LG München I mit Beschluss vom 15.4.2005 zurückwies. Der Senat bewilligte dem Kläger auf dessen sofortige Beschwerde hin mit Beschluss vom 14.7.2005 Prozesskostenhilfe und orndete RA F. zu den Kosten eines bei dem Prozessgericht zugelassenen Anwalts bei. Da RA F. in Berlin ausgeschieden ist, hat das LG München I den Beschwerdeführer, RA Dr. G., mit Beschluss vom 21.10.2005 zu den Kosten eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Anwalts dem Kläger beigeordnet. Ziel der jetzigen sofortigen Beschwerde ist, diese Einschränkung entfallen zu lassen.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde führt nicht zum Erfolg, da bei Wegfall der angegriffenen Einschränkung weitere Kosten zu Lasten der Staatskasse u.a. in Form von Reisekosten durch die Beiordnung des in Berlin zugelassenen Beschwerdeführers entstünden, die gem. § 121 Abs. 3 ZPO zu vermeiden sind.

Die Beiordnung eines Anwalts im Prozesskostenhilfeverfahren richtet sich nach § 121 ZPO. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift kann ein Anwalt, der zwar bei dem Prozessgericht postulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten wie zum Beispiel Reisekosten vom Kanzleisitz zum Prozessgericht entstehen (OLG München v. 25.9.2000 - 11 WF 1174/00, OLGReport München 2001, 72 = MDR 2000, 1455; OLG Nürnberg v. 17.4.2001 - 10 WF 614/01, MDR 2001, 831 = OLGReport Nürnberg 2001, 222 = FamRZ 2002, 106).

Aus diesem Grund hat der Senat bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe und der Beiordnung des in Berlin zugelassenen RA F. im Beschluss vom 14.7.2005 die Einschränkung "zu den Kosten eines bei dem Prozessgericht zugelassenen Anwalts" gemacht. Der nunmehr durch den angefochtenen Beschluss des LG München I beigeordnete Beschwerdeführer von der Kanzlei T. ist ebenfalls in Berlin zugelassen, so dass das LG München I zu Recht diese Einschränkung aufrechterhalten hat. Fiele diese Einschränkung weg, dann entstünden - wie bereits ausgeführt - der Staatskasse zumindest durch Reisekosten weitere Unkosten.

Im vorliegenden Fall gibt es auch keine Veranlassung, ausnahmsweise von der klaren Regelung des § 123 Abs. 3 ZPO abzuweichen. Wie der mit Bank- und Kapitalanlagesachen befasste Senat weiß, gibt es im Bezirk des OLG München eine Vielzahl von Anwälten, die sich auf Anlegerseite mit kreditfinanzierten Fondsbeitritten befassen. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, dass der Kläger sich zwingend von dem in Berlin zugelassenen Beschwerdeführer vertreten lassen muss. Deswegen gibt es auch keine Veranlassung, die Solidargemeinschaft der Steuerzahler zusätzliche Kosten tragen zu lassen, die bei der Beiordnung eines beim OLG München zugelassenen Anwalts nicht anfielen.

Im Hinblick darauf, dass vor allem in der Literatur diese Einschränkung umstritten ist (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 121 Rz. 13a; Musielak/Fischer, ZPO, 4. Aufl., § 121 Rz. 18 f.), hat der Senat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1466973

OLGR-Süd 2006, 123

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge