Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung einer Lastenfreistellungserklärung in Bezug auf eine nach Beurkundung eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit am Gesamtgrundstück für den Erwerber einer wegzumessenden Teilfläche.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 889; GBO § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 19

 

Verfahrensgang

AG Kaufbeuren (Aktenzeichen Grundbuchamt)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Kaufbeuren - Grundbuchamt - vom 24.11.2011 aufgehoben.

 

Gründe

I. Mit notariellem Vertrag vom 9.6.2011 kaufte die Beteiligte eine erst noch zu vermessende Teilfläche von "ca. 25 m2" aus einer 3.550 m2 großen Landwirtschaftsfläche. Am selben Tag bewilligten die Eigentümer des genannten Grundstücks die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Kabelleitungsrecht) für die Beteiligte. Diese wurde am 21.6.2011 im Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 25.8.2011 erkannten die Vertragsparteien das Ergebnis der zwischenzeitlich durchgeführten Vermessung an und einigten sich über den Übergang des Eigentums an dem neu gebildeten Grundstück von nunmehr 39 m2. Käufer und Verkäufer bewilligten und beantragten den Eigentumsübergang in das Grundbuch einzutragen sowie den Vollzug aller Lastenfreistellungserklärungen aus der Vorurkunde, wonach gemäß Abschn. VI. (Rechte des Käufers bei Sach- und Rechtsmängeln) die Verkäufer den lastenfreien Besitz- und Eigentumsübergang schuldeten, soweit nicht Rechte ausdrücklich in diesem Vertrag übernommen werden sollten. Weiter heißt es dort im textlich unmittelbaren Anschluss:

"Allen zur Lastenfreistellung geeigneten Erklärungen wird mit dem Antrag auf Grundbuchvollzug zugestimmt."

Am 25.10.2011 wurde die Beteiligte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig wurde das am 21.6.2011 eingetragene Kabelleitungsrecht auf das neu angelegte Grundbuchblatt übertragen.

Unter dem 28.10.2011 hat der Notar gem. § 15 GBO die Löschung des Kabelleitungsrechts unter Bezug auf die Urkunden vom 9.6.2011 bzw. 25.8.2011 ausdrücklich beantragt und bewilligt.

Mit Zwischenverfügung vom 24.11.2011 hat das Grundbuchamt Frist zur Vorlage der Löschungsbewilligung der Berechtigten (= der Beteiligten) gesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Diese verweist auf die Urkunde vom 9.6.2011 und die darin enthaltene Zustimmung zu allen zur Lastenfreistellung geeigneten Erklärungen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. In der Ausgangsurkunde sei nämlich nur die Zustimmung zu für die Lastenfreistellung geeigneten Erklärungen, nicht aber die ausdrückliche Löschungsbewilligung der Berechtigten enthalten. Diese allgemein gefasste Lastenfreistellungserklärung umfasse auch nicht die Löschungsbewilligung der Beteiligten als Käuferin, da dies nur bezüglich bereits eingetragener, näher genannter Rechte gelten könnte. Zum Zeitpunkt der Beurkundung sei das Recht aber noch nicht bestellt bzw. eingetragen gewesen.

II. Dem Rechtsmittel ist - aus formellen Gründen - stattzugeben.

1. Die gem. § 71 Abs. 1, § 73 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO hat insoweit Erfolg, als dass diese, auch wenn man der Rechtsansicht des Grundbuchamts folgt, nicht hätte ergehen dürfen. Denn eine Zwischenverfügung darf nur ergehen, wenn einem Eintragungsantrag ein Hindernis entgegensteht, welches der Antragsteller rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung beheben kann (BayObLGZ 1990, 6/8; OLG Hamm MittBayNot 2011, 299/300; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 18 Rz. 8). Die fehlende Bewilligung eines unmittelbar Betroffenen - hier der Berechtigten aus der Dienstbarkeit - ist aber ein nicht behebbares Verfahrenshindernis und hätte, ausgehend vom Standpunkt des Grundbuchamts, die sofortige Zurückweisung des Eintragungsantrags bedingt.

2. Damit ist für den Senat der Beschwerdegegenstand erschöpft. Zur Rechtslage wird für das weitere Verfahren jedoch noch festgehalten, dass die Rechtsansicht des Grundbuchamts in der Sache zutreffend erscheint.

a) Mit dem Erwerb des Grundstücks durch die Beteiligte ist die beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht erloschen (§ 889 BGB). Der Notar hat gem. § 15 Abs. 2 GBO den Vollzug der Urkunden vom 9.6.2011 und vom 25.8.2011 beantragt; er gilt als ermächtigt, die zu einer Eintragung erforderlichen Erklärungen, soweit er sie beurkundet oder beglaubigt hat, abzugeben. Dazu gehören u.a. auch Eintragungs- bzw. Löschungsbewilligungen (Demharter, a.a.O., § 15 Rz. 7), wobei sich der Antrag jedoch mit dem Inhalt der Eintragungsunterlagen decken muss und der Notar ohne entsprechende Vollmacht nicht davon abweichen darf (Demharter, a.a.O., § 15 Rz. 16). Notwendig zur Löschung der Dienstbarkeit ist der Antrag entweder des Eigentümers oder des Berechtigten. Die Beteiligte ist Inhaberin beider Rechte. Außerdem ist die Bewilligung des Berechtigten notwendig (§ 19 GBO).

b) In der Urkunde vom 25.8.2011 (Messungsanerkennung und Auflassung) haben sich die dort Beteiligten über den Übergang des Eigentums geeinig...

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