Entscheidungsstichwort (Thema)
Abspaltungs- und Übernahmebeschluss im Freigabeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Feststellung des sog. "Bagatellquorums" im Freigabeverfahren ist es erforderlich, dass der Aktionär die Aktien im erforderlichen Umfang zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung tatsächlich hält; § 67 Abs. 2 AktG ist hier nicht anwendbar. Bei Namensaktien kommt es daher nicht auf den Eintragungszeitpunkt im Aktienregister an.
2. Der Antrag im Freigabeverfahren ist zulässig, wenn spätestens im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat die streitgegenständliche Anfechtungs-und Nichtigkeitsklage beim LG rechtshängig geworden ist.
3. Ein Freigabeverfahren ist auch dann statthaft, wenn der Hauptversammlungsbeschluss sich nicht isoliert auf die Strukturmaßnahme bezieht, sondern auch die Umstände ihrer Abwicklung beinhaltet.
Normenkette
UmwG §§ 125, 16 Abs. 3
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HK O 4357/13) |
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Erhebung der beim LG München I unter dem Aktenzeichen 5 HK O 4357/13 rechtshängigen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Antragsgegner gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 23.1.2013 über die Zustimmung zum Abspaltungs-und Übernahmevertrag zwischen der S. Aktiengesellschaft und der O. L. AG, München, vom 28.11.2012 der Handelsregistereintragung der auf dem vorstehenden Abspaltungs- und Übernahmevertrag beruhenden Abspaltung nicht entgegenstehen.
2. Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin, eine börsennotierte Aktiengesellschaft, begehrt im Freigabeverfahren nach §§ 125 Satz 1, 16 Abs. 3 Satz 3 UmwG das alsbaldige Wirksamwerden des Abspaltungs- und Übernahmevertrags vom 28.11.2012 durch seine Eintragung in das Handelsregister.
Grundlage der Abspaltung ist der zwischen der Antragstellerin und der O. L. AG vom 28.11.2012 geschlossene notariell beurkundete "Abspaltungs- und Übernahmevertrag", in dem sich die Antragstellerin zur Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile an der O. Beteiligungen GmbH auf die O. L. AG als Gesamtheit gem. § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG verpflichtet hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 3 Bezug genommen.
Die Bekanntmachung der Tagesordnung der anberaumten Hauptversammlung vom 23.1.2013 erfolgte am 7.12.2012 im Bundesanzeiger. Zwischen den Parteien ist streitig, ob zu diesem Zeitpunkt die Antragsgegnerin zu 1) 356 Aktien in Besitz hielt, da nach dem Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich 350 von insgesamt 356 Aktien die Eintragung ins Aktienregister erst am 8.12.2012 erfolgt sein soll. Die Antragsgegner zu 3) bis 8) halten fünf Aktien, die Antragsgegnerin zu 2) 32 Aktien und der Antragsgegner zu 8) 25 Aktien (vgl. Anlage AG 8/3 zum Schriftsatz des Antragsgegnervertreters zu 8) vom 28.3.2013 = Anlage zu Bl. 97/103 d.A.).
In der ordentlichen Hauptversammlung vom 23.1.2013 wurde unter TOP 8 mit 98,21 % Ja-Stimmen beschlossen wie folgt:
"Dem Abspaltungs- und Übernahmevertrag zwischen der S. Aktiengesellschaft und der O. L. AG, München, vom 28.11.2012 wird zugestimmt."
Auf die Niederschrift über die ordentliche Hauptversammlung vom 23.1.2013 (Anlage 6) wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 25.2.2013, bei Gericht eingegangen am selben Tag, erhoben die Antragsgegner zu 1) bis 8) gegen den streitgegenständlichen Beschluss zu TOP 8 Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage beim LG München I.
Das Verfahren wird beim LG München I unter dem Az.: 5 HKO 4357/13 geführt.
Mit dem Freigabeantrag begehrt die Antragstellerin das alsbaldige Wirksamwerden des Abspaltungs- und Übernahmevertrags vom 28.11.2012 durch Eintragung in das Handelsregister.
Sie ist der Auffassung, dem Freigabeantrag sei stattzugeben, weil die Antragsgegner das im Freigabeverfahren erforderliche Quorum, wonach seit der Bekanntmachung der Einberufung zur Hauptversammlung ein anteiliger Betrag von mindestens 1.000,- Euro zu halten ist (§§ 125, 16 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 UmwG) nicht erfüllen. Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage vor dem LG sei auch offensichtlich unbegründet, da Teilnahmerechte der Antragsgegner nicht verletzt worden seien. Zudem bestehe ein vorrangiges Vollzugsinteresse der Antragstellerin nach § 16 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 UmwG.
Die Antragstellerin beantragt daher, gemäß §§ 125 Satz 1, 16 Abs. 3 Satz 1 UmwG festzustellen, dass die Erhebung der beim LG München I unter dem Aktenzeichen 5 HKO 4357/13 rechtshängigen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Antragsgegner gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 23.1.2013 über die Zustimmung zum Abspaltungs- und Übernahmevertrag zwischen der S. Aktiengesellschaft und der O. L. AG, München, vom 28.11.2012 der Handelsregistereintragung der auf dem vorstehenden Abspaltungs- und Übernahmevertrag beruhenden Abspaltung nicht entgegenstehen.
Die Antragsgegner beantragen, den Freigabeantrag der Antragstelleri...