Normenkette
ZPO § 91; InsO §§ 129, 133
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Festsetzungsbeschluss vom 14.10.2015 aufgehoben; es verbleibt bei dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.08.2015.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschwerdewert beträgt 321,08 EUR.
Gründe
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter, der mit dem vorliegenden Rechtsstreit gegen die Beklagte erfolgreich Ansprüche aus Insolvenzanfechtung geltend gemacht hat (Endurteil des LG vom 01.08.2014).
Die Kanzlei des Klägers befindet sich in Hamburg; den Rechtsstreit führte eine ebenfalls dort geschäftsansässige und in dieser Kanzlei tätige Anwältin.
Das klägerische Kostenfestsetzungsgesuch vom 29.04.2015 enthält deshalb auch deren Reisekosten von Hamburg nach München und zurück (Flug, Abwesenheitsgeld, Parkgebühren, insgesamt den beschwerdegegenständlichen Betrag von EUR 321,08).
Mit dem ersten Kostenfestsetzungsbeschluss in dieser Sache vom 13.08.2015 erkannte die Rechtspflegerin diese Fahrtkosten in voller Höhe an, wobei sie zur Begründung auf die Darlegungen des Klägers in dessen Schriftsatz vom 16.07.2015 Bezug nahm. Dagegen richtete sich zunächst die sofortige Beschwerde der Beklagten, die diese im Wesentlichen mit der Entscheidung des BGH vom 08.03.2012 - IX ZB 174/10, = WM 12, 664 begründete: Den Kläger, als Rechtsanwalt bzw. Insolvenzverwalter, habe kostenrechtlich die Obliegenheit getroffen, einen am Sitz des Prozessgerichts in München tätigen Rechtsanwalt zu beauftragen und zu instruieren. Mit dem neuen Festsetzungsbeschluss vom 14.10.2015 half die Rechtspflegerin dieser Beschwerde ab: Der Kläger habe einen in München ansässigen Prozessbevollmächtigten beauftragen und informieren können; das Verfahren weise keine besonderen Schwierigkeiten im Sinne der BGH-Rechtsprechung auf.
Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde macht nunmehr der Kläger insbesondere geltend, Anfechtungsprozesse im Sinne von § 133 InsO seien per se weder rechtlich noch tatsächlich einfach.
II. Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO auch gegen den Abhilfebeschluss zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache Erfolg; bei der hier gegebenen Konstellation war der erste Kostenfestsetzungsbeschluss, mithin die Berücksichtigung der beschwerdegegenständlichen Fahrtkosten, zutreffend.
1. Würde man alleine auf die bereits mehrfach zitierte Entscheidung des BGH vom 08.03.2012 -IX ZB 174/10, = WM 12, 664 abstellen, wonach einen Insolvenzverwalter - jedenfalls vom Grundsatz her - die Obliegenheit trifft, einen Prozessbevollmächtigten am Ort des Gerichts zu beauftragen und entsprechend anzuweisen, hätte hier wohl die Beklagte Recht: Der BGH weicht hier von seiner Rechtsprechung ab, wonach eine Partei in der Regel berechtigt ist, einen Anwalt entweder am Sitz des Prozessgerichts oder aber an ihrem Wohn/Geschäftsort zu mandatieren: Ein Insolvenzverwalter sei ohne Weiteres imstande, einen am Gerichtsort tätigen Anwalt sachgerecht zu unterrichten (a.a.O., Tz 11) - Fahrtkosten eines Anwaltes am Geschäftssitz daher nicht "notwendig" im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO. Soweit der BGH hiervon eine Ausnahme zulässt - was naturgemäß häufig zu Rechtsmitteln Anlass gibt - dürfte eine solche hier nicht vorliegen:
Unbeschadet der Frage, wieviele Leitzordner die das vorliegende Verfahren betreffenden Vorgänge bei den jeweiligen Prozessbevollmächtigten füllen, erscheint es nicht so umfangreich bzw. so schwierig gelagert, dass eine Abweichung vom Grundsatz des BGH geboten wäre; der Senat wäre jedenfalls zuversichtlich, dass es einem Rechtsanwalt aus München gelingen würde, sich hier einzuarbeiten.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Kostenfestsetzungsverfahren ein, vom BGH oft so bezeichnetes, "Massenverfahren" ist, das zügiger und unkomplizierter Abwicklung bedarf und deshalb knapp, bündig und formal ausgestaltet ist (etwa BGH, Beschl. v. 13.10.2011 - V ZB 290/10, = NJW 12, 319; näher Musielak-Lackmann, ZPO, 12. Aufl., § 104 Rn. 1, 8); wenn der BGH deshalb einen Grundsatz aufstellt - hier die Obliegenheit des Insolvenzverwalters, einen Anwalt am Sitz des Prozessgerichts zu mandatieren - sollte eine Abweichung davon nur in wirklich deutlichen Ausnahmefällen erfolgen; bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist nach dem BGH nämlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten, weil der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall erzielbar ist, in keinem Verhältnis zu den Nachteilen steht, die sich ergeben, wenn in jedem Einzelfall über die Erstattungsfähigkeit der jeweiligen Kosten gestritten wird (etwa BGH, Beschl. v. 25.10.2011 - VIII ZB 93/10 Tz 13). Dem mit den sachlichen Einzelheiten nicht befassten Rechtspfleger wird es auch kaum möglich sein, belastbare Überlegungen dazu anzustellen und niederzulegen, ob ein Verfahren im genannten Sinne "umfangreich" oder "schwierig" war oder nicht.
Die Anzahl von Leitzordnern erscheint insoweit als Maß...