Leitsatz (amtlich)
1. Die Zulassung des Geschädigten zur Zwangsvollstreckung aufgrund der strafprozessualen Vorschriften über die Rückgewinnungshilfe ersetzt nicht den zur Vollstreckung in Schuldnervermögen erforderlichen Vollstreckungstitel.
2. Die für die Vollziehung eines Arrestbefehls gesetzlich vorgeschriebene Vollziehungsfrist von einem Monat ab Zustellung an den Gläubiger wird nicht durch dessen Antrag auf Zulassung der Arrestvollziehung im Rahmen der Rückgewinnungshilfe gewahrt.
Normenkette
StPO § 111g Abs. 2, § 111h Abs. 1-2; ZPO § 929 Abs. 2, § 932 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
AG Rosenheim - Grundbuchamt (Beschluss vom 17.11.2015; Aktenzeichen HO-1582-9) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Rosenheim - Grundbuchamt - vom 17.11.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30.11.2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 120.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der in Anspruch genommene Schuldner ist als Alleineigentümer zweier Wohnungseigentumseinheiten im Grundbuch eingetragen. Als dessen Gläubigerin erwirkte die Beteiligte am 24.6.2015 beim LG einen Arrestbeschluss, mit dem zu ihren Gunsten wegen einer Forderung von 1.660.200,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 10.7.2015 sowie einer Kostenpauschale von 43.872,37 EUR der dingliche Arrest in das Vermögen des Schuldners angeordnet wurde. Die Zustellung an die Beteiligte erfolgte nach ihren Angaben am 29.6.2015.
Bereits unter dem 29.6.2015, eingegangen beim AG - Grundbuchamt - am 30.6.2015, hatte die Beteiligte, anwaltlich vertreten, unter Vorlage des Arrestbeschlusses die Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe der Arrestforderung einschließlich Nebenforderungen "in das Grundstück des Antragsgegners" beantragt. Ihr Antrag hatte - auch in der Beschwerdeinstanz, vgl. Senat vom 30.9.2015, 34 Wx 280/15, juris - keinen Erfolg, denn die Beteiligte hatte erstmals am 30.7.2015 und damit nach Ablauf der einmonatigen Vollziehungsfrist die Forderung betragsmäßig auf die Wohnungseinheiten des Schuldners verteilt.
Zugunsten des Freistaats Bayern, vertreten durch die Staatsanwaltschaft, sind auf den gegenständlichen Grundbuchblättern Sicherungshypotheken bis zum Höchstbetrag von 100.000 EUR und 20.000 EUR eingetragen aufgrund eines Arrestbeschlusses des AG vom 23.4.2015, der auf Antrag der Staatsanwaltschaft in dem gegen den Schuldner wegen des Verdachts des Betrugs zum Nachteil der Beteiligten geführten Ermittlungsverfahren erlassen worden ist.
Am 10.8.2015 erließ das AG auf Antrag der Beteiligten vom 30.6.2015 einen Beschluss, mit dem die Arrestvollziehung der ... (Beteiligten) aus dem Beschluss des LG. vom 24.6.2015 ... in das durch Beschluss des AG. vom 23.4.2015 arrestierte Vermögen ... (unter anderem: des Schuldners) gemäß § 111g Abs. 2 S. 1 StPO zugelassen wurde. Unter Vorlage des Beschlusses in beglaubigter Abschrift beantragte die Beteiligte, anwaltlich vertreten, unter dem 5.11.2015 die "Arrestvollziehung in die für den Freistaat Bayern, vertreten durch die Staatsanwaltschaft ..., gemäß Arrestbeschluss vom 23.4.2015 eingetragenen Sicherungshypotheken von EUR 20.000,00 und EUR 100.000,00 zu vollziehen".
Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 17.11.2015, hinsichtlich des Antragsdatums am 30.11.2015 ergänzt um den Eingang bei Gericht am 10.11.2015, unter Verweis auf die bereits abgelaufene einmonatige Vollziehungsfrist zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit der Beschwerde. Sie vertritt die Meinung, der Arrest sei rechtzeitig vollzogen worden.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
Der Senat hat die Akte des Arrestverfahrens beigezogen.
II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung von Sicherungshypotheken zugunsten der Beteiligten sind nicht erfüllt.
Die Eintragung einer Sicherungshypothek zugunsten der Beteiligten setzt einen Vollstreckungstitel voraus, aus dem die Beteiligte als Berechtigte hervorgeht (§§ 928, 750 Abs. 1 ZPO). Der einzige, diese Voraussetzung erfüllende Titel - der Arrestbeschluss des LG vom 24.6.2015 - stellt keine taugliche Eintragungsgrundlage mehr dar, weil bei Eingang des Eintragungsantrags die für Arrestbefehle gesetzlich vorgeschriebene einmonatige Vollziehungsfrist längst abgelaufen war und damit eine besondere Vollstreckungsvoraussetzung nicht erfüllt ist (dazu unter 1.). Der im Rahmen der Rückgewinnungshilfe ergangene Beschluss des AG vom 10.8.2015 ermöglicht weder einen vollstreckungsrechtlichen Zugriff der Beteiligten auf die zugunsten des Freistaats Bayern eingetragenen Sicherungshypotheken (dazu unter 2. a) noch einen solchen auf (arrestiertes) Schuldnervermögen (dazu unter 2. b). Der mit der Beschwerde weiter verfolgte Eintragungsantrag kann deshalb nach keinem denkbaren Verständnis Erfolg haben.
1. Die Vollziehung des zugunsten der Betei...