Entscheidungsstichwort (Thema)
versuchte schwere räuberische Erpressung. Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen die Ablehnung der Festsetzung einer Gebühr für die Rücknahme der Revision
Leitsatz (amtlich)
Im Revisionsverfahren entsteht die Gebühr nach VV 4141 durch die Rücknahme der Revision jedenfalls dann nicht, wenn das Rechtsmittel nicht zuvor begründet worden ist.
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2 S. 1 Anlage 1 Nr. 4141
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 10.12.2007) |
LG Kempten (Beschluss vom 19.10.2007; Aktenzeichen KLs 223 Js 12755/07) |
GenStA München (Aktenzeichen 7 BerL 166/2008) |
Tenor
Die Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts O. A. … gegen den Beschluss des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 10. Dezember 2007, mit dem seine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 19. Oktober 2007 zurückgewiesen wurde, wird als unbegründet verworfen.
Tatbestand
I.
Rechtsanwalt O A hat als Pflichtverteidiger des Angeklagten A G gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 30.8.2007 am 6.9.2007 Revision eingelegt. Nach Zustellung des angefochtenen Urteils am 25.9.2007 hat der Pflichtverteidiger das Rechtsmittel am 4.10.2007 zurückgenommen. Die Staatsanwaltschaft hat die von ihr am 6.9.2007 eingelegte Revision am 12.10.2007 ebenfalls zurückgenommen.
Der Pflichtverteidiger trägt vor, die Rücknahme beider Revisionen beruhe auf einer Übereinkunft mit der Staatsanwaltschaft, nachdem er sowohl nach Einlegung der Revision als auch nochmals ausführlich nach Zustellung des Urteils mit dem Angeklagten über die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gesprochen habe. Der Pflichtverteidiger meint, ihm stehe deshalb für seine Mitwirkung im Revisionsverfahren nicht nur die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4131 VV in Höhe von 505 zu, sondern auch jene gemäß Nr. 4141 VV in Höhe von 412, und hat deshalb einen entsprechenden Kostenrfestsetzungsantrag gestellt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat mit Beschluss vom 19.10.2007 die Festsetzung einer Gebühr nach VV 4141 abgelehnt, da die Revision vor der Begründung zurückgenommen worden sei und die Rücknahme der Revision somit nicht dazu geführt habe, dass eine Hauptverhandlung entbehrlich geworden sei, da eine Hauptverhandlung nicht stattfinde, wenn die Revision nicht nach § 344 Abs. 1 StPO begründet worden sei; im Übrigen ist dem Kostenfestsetrzungsantrag des Pflichtverteidigers stattgegeben worden.
Gegen den ihm am 23.10.2007 zugestellten Beschluss hat der Verteidiger am 24.10.2007 Erinnerung eingelegt, der der Urkundsbeamte nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Kempten (Allgäu) mit Beschluss vom 5.12.2007 nicht abgeholfen hat.
Die 1. Strafkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) hat die Erinnerung des Pflichtverteidigers vom 24.10.2007 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.10.2007 mit Beschluss vom 10.12.2007 als unbegründet zurückgewiesen, da die Zusatzgebühr nach Nr. 4141 VV zum RVG hier nicht entstanden sei.
Gegen diesen ihm am 14.12.2007 zugestellten Beschluss hat der Pflichtverteidiger unter Wiederholung seines bisherigen Vortrags am 21.12.2007 Beschwerde eingelegt. Die Strafkammer hat dieser Beschwerde mit Beschluss vom gleichen Tag nicht abgeholfen. Die Akten sind daraufhin dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung vorgelegt worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 Sätze 1 und 3, § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässig; der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200. In der Sache erweist sich die Beschwerde jedoch als unbegründet, weil die angegriffene Entscheidung des Landgerichts und der die Festsetzung einer Gebühr nach VV 4141 zurückweisende Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 19.10.2007 der Sach- und Rechtslage entsprechen.
Die Zusatzgebühr nach Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VV RVG entsteht, wenn „durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich” wird, weil „sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme … der Revision des Angeklagten … erledigt” hat, wobei eine entsprechende verfahrensfördernde Tätigkeit des Verteidigers „ersichtlich” sein muss.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist strittig, in welches Verfahrensstadium das Revisionsverfahren gelangt sein muss, und ob über die vom Verteidiger beeinflusste Revisionsrücknahme hinaus eine Revisionshauptverhandlung angestanden haben muss, um den Verteidiger mit dieser Zusatzgebühr zu honorieren. Unstreitig besteht der Sinn dieser so genannten Befriedungsgebühr nach Nr. 4141 VV RVG darin, eine Hauptverhandlung mit dem damit verbundenen Entlastungseffekt für die Revisionsgerichte zu vermeiden, und den Verteidiger für seine diesbezüglichen Tätigkeiten und für den Verlust der Hauptverhandlungsgebühr zu entschädigen. Bei der Normierung dieses Anliegens hat der Gesetzgeber allerdings nicht bedacht, dass in Revisionsverfahren eine Hauptverhandlung auf die Revision des Angeklagten hin ohnehin nur in ganz seltenen Ausnahmefällen stattfindet.
Dementsprechend soll es für die Entstehung dieser Befriedu...