Leitsatz (amtlich)

Zur Notwendigkeit der Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer bei der nachträglichen Eintragung eines 1955 begründeten, bisher aber nicht im Grundbuch verlautbarten Sondernutzungsrechts (Anschluss an Senat vom 27.5.2014, 34 Wx 149/14).

 

Normenkette

GBO §§ 19, 29; WoEigG § 10 Abs. 3, § 15 Abs. 1; BGB § 878

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 14.03.2014; Aktenzeichen Ludwigs-Vorstadt Blatt 1333-9)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG München - Grundbuchamt - vom 14.3.2014 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.1. Die Beteiligte erwarb im Jahr 2013 Wohnungseigentum, beschrieben als Miteigentumsanteil zu 39,10/1.000 an einem Wohnhaus mit Vorgarten, Waschhaus und Autogarage sowie Hofraum, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. V/17 bezeichneten Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad samt Keller und Speicherraum. Wegen Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums ist (ausschließlich) auf die Eintragungsbewilligung vom 15.3.1955 - vollzogen am 31.10.1955 - Bezug genommen und im Bestandsverzeichnis ergänzend eine Veräußerungsbeschränkung vermerkt. In der Erwerbsurkunde vom 21.12.2012 ist unter Ziff. II. festgehalten:

Weitere Vorbemerkungen:

Nach Angabe von Frau St. (= Veräußerin) wird vom Eigentümer des vorbezeichneten Wohnungseigentums ständig und seit 1955 ununterbrochen eine Garage genutzt. Der Notar konnte diese Garage aber im Grundbuch weder als Sondereigentum noch als Sondernutzungsrecht feststellen ...

Der Veräußerer. überträgt dem Erwerber. mit dem heutigen Kaufvertrag alle möglichen Rechtspositionen, die ihm hinsichtlich dieser Garage zustehen könnten; der Erwerber nimmt diese Übertragung hiermit an ...

2. Zum Vollzug der Grundstücksaufteilung gem. § 8 WEG lag dem Grundbuchamt seinerzeit die Teilungserklärung vom 15.3.1955 vor. Bei den Grundakten findet sich auch ein urkundlicher Nachtrag vom 18.7.1955. Dieser regelt in Ziff. II u.a.:

In Ergänzung ... wird hierdurch im Wege der Gebrauchsregelung nach § 15 WEG noch folgendes bestimmt:

Dem Eigentümer. der Wohnung Nr. V/17 wird eine Teilfläche des gemeinsamen Hofraumes an der nordwestlichen Grundstücksgrenze, wie sie aus dem Aufteilungsplan ersichtlich ist, im ungefähren Ausmaß von ..., ca. 11 qm zur ausschließlichen Benützung als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge und zur Errichtung einer Garage überlassen ...

Die Eintragung dieser Vereinbarung - Gebrauchsregelung - als Inhalt des Sondereigentums gem. § 10 Abs. 2 WEG im Grundbuch wird hierdurch bewilligt und beantragt.

Aus den Grundakten ist nicht mehr nachzuvollziehen, ob und wann die Eintragung dieses Nachtrags beantragt wurde.

3. Die Beteiligte hat mit Schreiben vom 9.8.2013 beantragt, das Sondernutzungsrecht "an der Garage" zugunsten ihres Wohnungseigentums entsprechend dem Nachtrag vom 18.7.1955 im Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat zunächst betroffene Wohnungseigentümer schriftlich angehört. Erklärungen wurden nicht abgegeben. Schließlich hat die Rechtspflegerin den Antrag mit Beschluss vom 14.3.2014 zurückgewiesen. Der Nachtrag sei bisher nicht vollzogen worden, ein ursprünglicher Eintragungsantrag sei im Grundbuch nicht auffindbar. Es fehle wegen Eigentümerwechseln an der aktuellen Bewilligungsberechtigung der damaligen Eigentümer. Erforderlich seien die Bewilligungen sämtlicher gegenwärtiger Wohnungseigentümer, ebenso aller dinglich Berechtigten. Eine rückwirkende Genehmigung der Erklärungen in der Urkunde vom 18.7.1955 sei nicht möglich; diese müssten erneut abgegeben werden.

Hiergegen richtet sich die schriftlich erhobene Beschwerde der Beteiligten vom 7.4.2014. Sie meint, es handele sich bei der unterbliebenen Eintragung des ihr Wohnungseigentum betreffenden Nutzungsrechts um einen Fehler des Grundbuchamts. Die Miteigentümer hätten rechtliches Gehör erhalten. Die Eintragung sei nun nachzuholen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des zutreffend als Eintragungsantrag (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GBO) gewürdigten Schreibens vom 9.8.2013 ist gem. § 71 Abs. 1, § 73 GBO zulässig. Die Beteiligte ist als Wohnungseigentümerin beschwerdeberechtigt, wie sie auch antragsbefugt ist. Antragsbefugt ist nämlich derjenige (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 13 Rz. 47), dessen unmittelbare Begünstigung die Eintragung bezweckt, also z.B. der Eigentümer, zu dessen Wohnungseigentum das Sondernutzungsrecht gebucht werden soll.

Der Antrag bedurfte keiner Form (s. § 30 GBO). Ersichtlich zielte dieser darauf ab, eine Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts auf der Grundlage schon vorhandener und der Form des § 29 GBO entsprechender Erklärungen auszulösen (Demharter, § 30 Rz. 3). Würde man hingegen das Schreiben der Beteiligten vom 9.8.2013 nur als Anregung verstehen, einen schon im Zusammenhang mit dem Nachtrag vom 18.7.1955 von früheren Berechtigten gestellten Eintragungsantrag nun zu vol...

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