Leitsatz (amtlich)
Wird für Zwecke der Gebührenerhebung der Verkehrswert überlassenen Grundbesitzes bestimmt und hierfür auf die vom Gutachterausschuss veröffentlichten Bodenrichtwerte abgestellt, so ist es nicht sachgerecht, auch in Gebieten mit großer Grundstücksnachfrage generell einen pauschalen Abschlag vorzunehmen, wenn konkrete wertmindernde Umstände nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich sind.
Normenkette
GNotKG § 46 Abs. 1-2, § 79 Abs. 1, § 83 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Starnberg - Grundbuchamt |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Starnberg - Grundbuchamt - vom 14. März 2018 dahingehend abgeändert, dass der Geschäftswert festgesetzt wird auf:
400.000 EUR für die Eintragung der Eigentumsumschreibung
100.000 EUR für die Eintragung jeder Rückauflassungsvormerkung, des Nießbrauchs und jedes Vorkaufsrechts.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Gemäß notariellem Vertrag vom 11.1.2017 übertrug der Beteiligte zu 1 auf zwei seiner Abkömmlinge zu unter sich gleichen Anteilen einen 2/3 Miteigentumsanteil an in seinem Eigentum stehendem Grundbesitz, der im Grundbuch wie folgt beschrieben ist:
Flurstück ... ... Gebäude- und Freifläche zu 617 qm 1/2 Miteigentumsanteil an Flurstück ... ... Verkehrsfläche zu 90 qm.
Mit gleicher Urkunde übertrug er auf die Empfänger außerdem zu unter sich gleichen Anteilen einen Miteigentumsanteil von 4/48 an Grundbesitz, der im Grundbuch beschrieben ist als:
Flurstück ... ... Nebengebäude, Garten zu 548 qm.
Der Beteiligte zu 1 behielt sich auf seine Lebensdauer den Nießbrauch am Vertragsobjekt vor. Weiter wurde ein durch Vormerkung zu sichernder, bedingter Rückübertragungsanspruch zu Gunsten des Beteiligten zu 1 vereinbart. Außerdem räumten die Erwerber sich jeweils gegenseitig an ihren Anteilen ein dingliches Vorkaufsrecht ein.
Am 20.4.2017 fand der Grundbuchvollzug statt.
Die Gebühren berechnete das Grundbuchamt gemäß Kostenansatz vom selben Tag auf der Basis eines Wertes der Überlassung von 400.000 EUR. Es orientierte sich hierbei an dem vom Notar bei Antragstellung mitgeteilten Geschäftswert. Mit Schreiben vom 15.11.2017 übersandte der Beteiligte zu 1 eine geänderte Notarkostenrechnung, der als Wert der Überlassung ein Betrag von nur noch 371.451 EUR (271.480 EUR Bodenwert zzgl. 99.971 EUR Gebäudewert) zugrunde liegt. Er beantragte eine entsprechende Korrektur auch der gerichtlichen Kostenrechnung.
In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren setzte das Grundbuchamt auf Antrag des zuständigen Bezirksrevisors als Vertreter der Staatskasse, des Beteiligten zu 2, und nach Anhörung des Beteiligten zu 1 den Geschäftswert mit Beschluss vom 14.3.2018 fest auf:
456.000 EUR für die Eintragung der Eigentumsumschreibung 114.000 EUR für die Eintragung jeder Rückauflassungsvormerkung, des Nießbrauchs und jedes Vorkaufsrechts.
Gegen die Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der Beschwerde vom 2.4.2018. Er meint, der Wert des 2/3-Anteils betrage höchstens 300.000 EUR. Der herangezogene Bodenrichtwert von 830 EUR/qm für Bauland gemäß Bodenrichtwerttabelle sei überhöht. Im maßgeblichen Zeitraum habe es nur einen einzigen Verkaufsfall in der einschlägigen Zone gegeben zu einem Preis von 708 EUR/qm bei einer durch Bebauung ausgeschöpften GFZ von 0,4.
Das Vorgehen des Gutachterausschusses, der Ergebnisse aus vergleichbaren Ortschaften übertragen hat, hält er für missbräuchlich. Sein Anwesen liege ungünstiger als das verkaufte und sei deshalb niedriger als jenes zu bewerten. Außerdem liege die tatsächlich genutzte GFZ bei seinem Grundstück nur bei 0,2; auch deshalb müsse bei der Bodenbewertung ein Abschlag gemacht werden. Zudem seien bei der Ableitung des Gebäudewerts aus dem Brandversicherungswert Fehler unterlaufen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II. Die gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1, Sätze 3 bis 5, § 81 Abs. 5 Sätze 1, 2 und 4 GNotKG zulässige Beschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung nach § 79 GNotKG, über die gemäß § 83 Abs. 1 Satz 5 GNotKG i. V. m. § 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG die Einzelrichterin des Senats entscheidet, hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Der Geschäftswert für die Eintragung der Eigentumsumschreibung ist mit 400.000 EUR festzusetzen.
a) Der Wert der Sache, auch von Grundbesitz, wird gemäß § 46 Abs. 1 GNotKG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert). Steht der Verkehrswert - wie hier - nicht fest, so ist er für die Zwecke der Gebührenerhebung im Wege des Freibeweises nach den Kriterien des § 46 Abs. 2 (und ggfls. Abs. 3) GNotKG zu bestimmen (Fackelmann in Schneider/Volpert/Fölsch Kostenrecht 2. Aufl. § 46 Rn. 25; Korintenberg/Tiedtke GNotKG 20. Aufl. § 46 Rn. 12). Angestrebt wird mit dieser Vorgabe einerseits eine möglichst zuverlässige, andererseits aber auch eine praktikable und zeitnahe Bewertung (Bayer. Notarkasse A.d.ö.R. Streifzug GNot...