Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschafterversammlung, Ordentliche Kündigung, Nachlasspflegschaft, Gesellschafterbeschluss, Abfindungsvereinbarung, Hinweisbeschluss, Abmahnungsschreiben, Untermietverhältnisse, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Außerordentliche Kündigung, Ausschluss eines Gesellschafters, Ausscheiden eines Gesellschafters, Abfindungsanspruch des Gesellschafters, Ausscheidender Gesellschafter, Ausschließungsbeschluss, Handelsvertreterrecht, Partnerschaftsregister, Wichtiger Grund, Kündigungserklärung, Schriftsätze
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 29.04.2022; Aktenzeichen 10 O 7629/21) |
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.04.2022, Aktenzeichen 10 O 7629/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I sowie dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind Rechtsanwälte und Partner einer Rechtsanwaltskanzlei in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung. Die Kläger verlangen die Feststellung, dass der Beklagte durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 23.10.2019 wirksam aus der Partnerschaft ausgeschlossen worden und zur Mitwirkung der Anmeldung seines Ausscheidens aus der Partnerschaft im Partnerschaftsregister verpflichtet sei.
Zwischen den Parteien besteht der am 19.01.2016 geschlossene Partnerschaftsvertrag (Anlage K 1). Ausweislich dieses Vertrages (Ziff. I.3 und 4) sind alle Vertragsparteien verpflichtet, der Sozietät (nach Maßgabe der weiteren vertraglichen Regelungen) ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Es ist untersagt, auf eigene Rechnung Geschäfte zu betreiben und abzuschließen oder der Sozietät auf andere Weise Konkurrenz zu machen. Die Gesellschaft ist durch ordentliche Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende ordentlich kündbar (ZIff. IIIl.2.); die Kündigung bedarf der Schriftform und hat gegenüber den anderen Gesellschaftern durch eingeschriebenen Brief oder gegen Empfangsbekenntnis zu erfolgen (Ziff. III.3) Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters wird die Sozietät durch die verbleibenden Gesellschafter fortgesetzt (Ziff. III.4). Die Führung der Geschäfte und die Vertretung steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Anderes gilt zur Erledigung laufender Geschäfte, sofern die Gesellschaft nicht mit einem höheren Betrag als 5.000 EUR pro Einzelfall verpflichtet oder eine Dauerverbindlichkeit begründet wird. Diese Ermächtigung gilt ohne betragsmäßige Beschränkung für diejenigen Kosten, die im Zusammenhang mit einem Mandat anfallen und dem Mandanten in Rechnung gestellt werden können (Ziff. IV.1 und 2). In Gesellschafterversammlungen können sich Gesellschafter durch andere Gesellschafter mit schriftlicher Vollmacht vertreten lassen (Ziff. VI.4). Zum Ausscheiden ist geregelt:
"XII. Ausscheiden
Ein Sozius scheidet aus der Gesellschaft aus
- durch ordentliche Kündigung;
- durch Kündigung aus wichtigem Grund;
- durch Ausschließung,
die in entsprechender Anwendung der §§ 133, 140 HGB einstimmig beschlossen werden kann, wobei der betreffende Sozius nicht stimmberechtigt ist. Ausschließungsgründe sind insbesondere auch Arbeitsunfähigkeit [...], bestandskräftiger Entzug der Anwaltszulassung und Pfändung des Gesellschaftsanteils des jeweiligen Sozius durch einen Gläubiger oder sonstiger Vermögensverfall; der Ausschuss ist sofort wirksam, auch wenn noch keine Einigkeit über die Art bzw. Höhe der Abfindung erzielt worden ist [...]"
Hinsichtlich der Ausscheidungsfolgen ist geregelt, dass sich der Abfindungsanspruch des Gesellschafters auf den Gewinnanteil für das laufende Geschäftsjahr bis zum Tag des Ausscheidens sowie den seiner Gewinn- und Verlustbeteiligung entsprechenden Anteil an dem sonstigen Betriebsvermögen der Sozietät zum Zeitpunkt des Ausscheidens beschränkt; ein Kanzleiwert oder "good will" wird nicht in Ansatz gebracht. Im Grundsatz darf der ausscheidende Gesellschafter Mandate unter Beachtung der berufsrechtlichen Regelungen mitnehmen. Letzteres gilt im Falle eines Ausschlusses nicht. Zu näheren Einzelheiten wird auf Ziff. XIII.2 des Vertrages Bezug genommen.
Spätestens im April 2019 war das wechselseitige Vertrauen vollständig verloren gegangen. Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 15.05.2019 dem Beklagten gegenüber ihre ordentliche Kündigung des Sozietätsvertrages (Anlagen B 20 und B 21). Sie nahmen in der Folge jedoch den Standpunkt ein, die Kündigung sei noch nicht wirksam, weil sich die Kläger die Kündigung nicht wechselseitig erklärt hätten (Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 03.06.2019, Anlage B 22, S. 2f.). Mit Schreiben ihres Vertreters vom 26.07.2019 bestätigten sie - nach entsprechender Aufforderung durch den Beklagten - die Wirksamkeit der erklärten Kündigung (Anlage B 28).
Mit Schreiben ihrer Prozessbevo...