Leitsatz (amtlich)
1. Zum Einsichtsrecht des Wohnungseigentümers in das Grundbuch des anderen Wohnungseigentümers.
2. Ein dinglich Berechtigter am betreffenden Grundstück ist zwar von der Pflicht zur Darlegung eines berechtigten Interesses an der Grundbuch- und Grundakteneinsicht befreit; nichtsdestoweniger muss ein berechtigtes Interesse dafür vorliegen.
Normenkette
BGB § 1094; GBO § 12 Abs. 1; GBV §§ 43, 46
Verfahrensgang
AG Fürstenfeldbruck (Beschluss vom 25.06.2015; Aktenzeichen Grundbuchamt) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Fürstenfeldbruck - Grundbuchamt - vom 25.6.2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte ist als Eigentümerin eines Miteigentumsanteils zu 1/2 an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Wohnung nebst Speicher und einem Kellerraum, im Wohnungsgrundbuch eingetragen. Der weitere Miteigentumsanteil zu 1/2 nebst der Wohnung Nr. 1 wurde mit Vertrag vom 19.3.2014 verkauft und aufgelassen, die Erwerber - ein Ehepaar - sind seit 27.6.2014 zu je 1/2 im Grundbuch eingetragen. Zum Gegenstand und zum Inhalt des Sondereigentums nehmen beide Grundbuchblätter auf die Eintragungsbewilligung vom 2.5.1974 Bezug, zum Inhalt des Sondereigentums zudem auf die am 7.7.1982 eingetragene Bewilligung vom 21.6.1982.
Für jeweilige Eigentümer des anderen Hälfteanteils war und ist in beiden Grundbüchern ein Vorkaufsrecht eingetragen, das der Beteiligten zustehende seit 15.10.1982 in der Zweiten Abteilung zuletzt unter Nr. 4. Anlässlich des Verkaufs der mit Nr. 1 bezeichneten Einheit hat die Beteiligte auf die Geltendmachung des Vorkaufsrechts verzichtet.
Die Beteiligte meint, hinsichtlich der Nichtausübung ihres Vorkaufsrechts hintergangen worden zu sein. Zur Aufklärung ersuchte sie das Grundbuchamt um Einsicht in die (beiden) Wohnungsgrundbücher. Beglaubigte Grundbuchauszüge (einschließlich der Dritten Abteilung) wurden ihr daraufhin am 13.3.2015 von der Urkundsbeamtin erteilt. Aus diesen ergibt sich eine am 3.4.2014 zu Abt. 111/8 eingetragene Belastung (Grundschuld ohne Brief) - Rang vor Abt. 11/7 -.
Die Beteiligte bestand auf darüber hinausgehende Einsicht in das Grundbuch des anderen Wohnungseigentums im Hinblick auf ihr "immerwährendes Wegerecht auf dem Grundstück von ..." (der Käufer), namentlich in eine von ihr so bezeichnete. Grundbestellunqsurkunde", jedenfalls ausdrücklich in die Grundpfandrechtsbestellungsurkunde vom 19.3.2014, welche ihr die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verweigert hat.
Ihre Eingabe vom 24.5./7.6.2015 hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamts sodann als Beschwerde behandelt und mit Beschluss vom 25.6.2015 zurückgewiesen. In keinem der gegenständlichen Grundbücher sei ein Geh- und Fahrtrecht eingetragen, ein berechtigtes Interesse zur Einsicht in die Grundschuldbestellungsurkunde sei nicht gegeben, da die relevanten Daten der Grundschuld bereits aus dem erteilten Auszug ersichtlich seien; überdies würde ein - wie nicht - eingetragenes Geh- und Fahrtrecht auch kein berechtigtes Interesse zur Einsicht in die Grundschuldurkunde auslösen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 3.7.2015, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 25.9.2015 nicht abgeholfen hat. Mit weiterem Schreiben vom 11.10.2015 untermauert die Beteiligte unter Vorlage umfangreichen Schriftverkehrs ihr Begehren, weitergehend in das Wohnungsgrundbuch der Erwerber Einsicht zu nehmen.
II. Der Rechtsbehelf ist als Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPfIG, § 12c Abs. 4, § 71 Abs. 1 GBO) und auch sonst zulässig (§ 73 GBO). Er richtet sich gegen die Erinnerungsentscheidung der für die Führung des Grundbuchs zuständigen Rechtspflegerin vom 25.6.2015, mit der das Rechtmittel gegen die Versagung weiter gehender Grundbucheinsicht durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zurückgewiesen wird. In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet.
1. Gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 3 GBO, § 1 WGV i.V.m. § 46 Abs. 1 GBV ist die Einsicht des (Wohnungs-)Grundbuchs und der Grundakten jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ausreichend, aber auch erforderlich ist dafür, dass der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes - also nicht unbedingt rechtliches (OLG Zweibrücken NJW 1989, 531; Grziwotz MDR 2013, 433) - Interesse verfolgt. Das setzt voraus, dass bei verständiger Würdigung des Einzelfalls und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit der Einsichtnahme Erkenntnisse gesammelt werden, die geeignet sind, auf die Entscheidung des Einsichtnehmenden Einfluss zu nehmen. Das Interesse des Eigentümers oder sonstigen Berechtigten am Schutz persönlicher und wirtschaftlicher Geheimnisse ist dabei in jedem Einzelfall gegen das Interesse des Antragstellers an der Kenntnisgewinnung abzuwägen (OLG Karlsruhe DJ 2015, 225; OLG Oldenburg Rpfleger 2014, 131; OLG Stuttgart DNotZ 2011, 286; Demharter GBO 29. Aufl. § 12 Rdn. 7; Meikel/Böttcher ...