Leitsatz (amtlich)
Zur Bindungswirkung oberlandesgerichtlicher Entscheidungen in Grundbuchsachen bei geänderter Rechtsprechung betreffend den Nachweis des Übergangs von GbR-Anteilen (hier: Grundbuchberichtigung nach Einbringung der GbR in eine KG, deren Vermögen ihrerseits einer weiteren Gesellschaft angewachsen ist).
Normenkette
BGB § 899a; GBO §§ 22, 39 Abs. 1, § 47 Abs. 2, § 77
Verfahrensgang
AG Lindau (Bodensee) (Beschluss vom 09.05.2011) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Lindau (Bodensee) - Grundbuchamt - vom 9.5.2011 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, über den Eintragungsantrag vom 6.4.2011 nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Gründe
I. Im Grundbuch sind seit 24.10.2006 als Eigentümer eines Gewerbegrundstücks Claus D. und Cornelia Sch. eingetragen, und zwar als Gesellschafter nach dem bürgerlichen Recht.
Unter dem 6.4.2011 hat der Notar gem. § 15 GBO für die Antragsberechtigten Berichtigungsantrag gestellt. In der zugrunde liegenden Urkunde vom 4.4.2011 wird dargelegt (Ziff. I.):
Zum 1.1.2007 seien die Anteile der eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in die Autohaus L. GmbH + Co (KG) eingebracht worden und diese damit Alleineigentümerin des genannten Grundbesitzes geworden. Claus D. sei am 29.7.2009 verstorben. Gesetzliche Erben seien seine Ehefrau Sabine sowie seine Kinder Friederike und Catharina D., die Beteiligten zu 1 bis 3. Sabine D. habe im Weg der Teilerbauseinandersetzung sämtliche Kommandit- und Gesellschaftsanteile an der L. GmbH + Co sowie deren Komplementär-GmbH erworben.
Am 6.8.2009 seien mit Wirkung zum 1.1.2010 die Kommanditanteile der L. GmbH + Co auf die D. Immobilien GmbH & Co. KG, die Beteiligte zu 5, übertragen worden, gleichzeitig sei der persönlich haftende Gesellschafter der L. GmbH + Co aus dieser ausgeschieden und deren Vermögen der Beteiligten zu 5 angewachsen.
In der Urkunde vom 4.4.2011 bestätigten sämtliche Beteiligte die Richtigkeit der vorgenannten Umstände. Sie traten für Zwecke der Grundbuchberichtigung nochmals die Anteile an der eingetragenen GbR ab, und zwar an die D.-Immobilien KG (Ziff. II.). Sie bewilligten und beantragten, die Beteiligte zu 5 als Alleineigentümerin im Grundbuch einzutragen (Ziff. III.).
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 9.5.2011 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Es bezog sich auf einen früheren Berichtigungsantrag mit demselben Ziel. Dort wurde mit Zwischenverfügung vom 30.7.2010 aufgegeben, den Eigentumsübergang von der GbR auf die Beteiligte zu 5 in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb beim OLG München - 27. Zivilsenat - (Beschluss vom 11.10.2010, 27 Wx 52/10 = MittBayNot 2011, 225) erfolglos.
Der gegen den Zurückweisungsbeschluss vom 9.5.2011 eingelegten Beschwerde mit dem Antrag, im Falle ihrer Zurückweisung die Rechtsbeschwerde zuzulassen, hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.
II. Das gegen die zurückweisende Entscheidung des Grundbuchamts eingelegte Rechtsmittel ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen formgerecht (vgl. § 73 GBO) eingelegt. Der Notar gibt zwar nicht an, für wen er das Rechtsmittel einlegt; doch kann auf der Grundlage von § 15 Abs. 2 GBO regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der Notar entsprechend seiner Antragsberechtigung das Rechtsmittel auch für alle in diesem Fall gleichermaßen beschwerte Beteiligte ergreifen will (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 15 Rz. 20 m.w.N.).
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die Bindungswirkung, die von der gem. § 77 GBO ergangenen Beschwerdeentscheidung des OLG München - 27. Zivilsenat - vom 11.10.2010 (27 Wx 52/10 = MittBayNot 2011, 225) ausgeht, steht diesem Ergebnis nicht entgegen (1). In der Sache kommt die Eintragung der neuen Eigentümerin im Weg der Grundbuchberichtigung in Betracht (2).
1. Allerdings erlaubt jener Beschluss eine anderweitige Entscheidung des nun zuständigen Senats nicht schon deshalb, weil in der Urkunde vom 4.4.2011 neue Bewilligungen erteilt wurden und ein neuer Verfahrensantrag gestellt ist. Entscheidungen in Grundbuchsachen entfalten zwar keine materielle Rechtskraft (vgl. OLG Hamm FGPrax 2005, 239; Budde in Bauer/von Oefele GBO 2. Aufl., § 77 Rz. 26). In Fällen, in denen ein Antrag wiederholt wird, nachdem das Beschwerdegericht die Zurückweisung eines sachgleichen früheren Antrags bestätigt hatte, verbleibt es jedoch bei der Bindung (OLG Hamm NJW 1970, 2118/2119; Meikel/Streck GBO 10. Aufl., § 77 Rz. 44; Budde in Bauer/von Oefele, a.a.O.). Die Bindung ist beschränkt auf den dem erstentscheidenden Beschwerdegericht unterbreiteten Stoff (Meikel/Streck, a.a.O.). Demgemäß besteht keine Bindung beim Vorliegen neuer Tatsachen, wozu hier der Umstand gehört, dass die Beteiligten zur Urkunde vom 4.4.2011 die GbR-Anteile nochmals ausdrücklich abgetreten haben.
Anders als der vorlegende Notar in seiner Beschwerdebegründung erachtet der Senat jedoch diesen Umstand als nicht geeignet, um die beantragte Berichtigung d...