Leitsatz (amtlich)
›In den Gründen des Strafurteils müssen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände angegeben werden. Hierzu muss das Gericht eine - im Falle der Verhängung von Jugendstrafe besonders sorgfältige - eigenständige Bewertung und Begründung vornehmen und darf nicht nur pauschal auf die Ausführungen des erstinstanziellen Urteils zur Strafzumessung und der erforderlichen strafrechtlichen Reife Bezug nehmen. Die fehlerhafte Gesamtwürdigung bei der Strafzumessung betrifft auch nicht beschwerdeführende Angeklagte. Daher ist das Urteil insoweit ebenfalls aufzuheben, wenn - wie hier - ein Fall des § 55 JGG nicht gegeben ist. Das gilt auch im Beschlussverfahren.‹
Gründe
Die gemäß §§ 341, 344 StPO zulässigen Revisionen der Angeklagten A und B haben mit der Sachrüge Erfolg, weil die in den Urteilsgründen getroffenen tatsächlichen Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch lückenhaft sind und deswegen die Verurteilung jeweils zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten nicht zu tragen vermögen, §§ 337 Abs. 2, 349 Abs. 4 StPO.
Von diesem Mangel ist auch der Angeklagte D betroffen, weshalb die Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch auf ihn zu erstrecken war, § 357 StPO.
Die weitergehende den Schuldspruch betreffende Revision des Angeklagten A ist unbegründet, weil die Nachprüfung aufgrund der Revision insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten A ergeben hat, § 349 Abs. 2 StPO.
1. Soweit sich der Angeklagte A mit der Sachrüge gegen den Schuldspruch wendet, indem er rügt, die Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung des Berufungsurteils seien lückenhaft und widersprüchlich, bleibt seine Revision ohne Erfolg. Insoweit hat die Nachprüfung aufgrund der Revision keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, § 349 Abs. 2 StPO. Zur Begründung wird auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht in ihrer Antragsschrift vom 10.2.2005 (dort unter Ziffern 1.1.1. und 1.1.2.) Bezug genommen.
Auch die Gegenerklärung des Angeklagten A vom 4.3.2005 zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf. Die Darstellung in der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht, wonach der Geschädigte bei der Flucht zu Fall gebracht wurde und in Anwesenheit aller Schläge und Tritte gegen ihn erfolgten, deckt sich mit den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsurteils (UA S.8/9 und 11). Im Übrigen geht die Jugendkammer offensichtlich in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht von einem Geständnis aller Beteiligter aus, wie sich dies aus der Inbezugnahme unter Ziffer V. des Berufungsurteils (UA S.12) ergibt. Soweit die Bezugnahmen des Berufungsgerichts auf das amtsgerichtliche Urteil die Beweiswürdigung und darüber hinaus die rechtliche Würdigung betreffen, sind sie revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat ausreichend eigene Feststellungen getroffen, so dass durch die in Rede stehenden Bezugnahmen keine Unklarheiten entstehen.
2. Die Revisionen der Angeklagten A und B sind begründet, soweit sie sich gegen den Rechtsfolgenausspruch richten. Die Begründung des angefochtenen Urteils trägt die Entscheidung zum Strafausspruch nicht.
2.1. Das gilt zunächst, soweit die Jugendkammer hinsichtlich der Strafzumessung und der erforderlichen strafrechtlichen Reife pauschal auf die Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil Bezug genommen hat. Diese Bezugnahme steht nicht im Einklang mit § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO, wonach in den Gründen des Strafurteils u.a. die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände angeben werden müssen. Andernfalls ist das angefochtene Urteil sachlich-rechtlich fehlerhaft.
Zwar ist es ausnahmsweise zulässig, wenn dadurch keine Unklarheiten entstehen, dass in einem Berufungsurteil auf tatsächliche und rechtliche Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen wird. Dies gilt aber nicht für die Strafzumessungserwägungen. Insoweit muss das Berufungsgericht eine eigenständige Begründung vornehmen und darf nicht einfach auf die Erwägungen im erstinstanzlichen Urteil verweisen (OLG Jena NStZ-RR 1998, 119 m.w.N.). Denn die Strafzumessungsgründe setzen sich aus Tatsachen und Erwägungen zusammen, wobei die Erwägungen einen Akt der Bewertung und Gewichtung oft sehr zahlreicher und vielgestaltiger Umstände darstellen, den durchzuführen der Tatrichter selbständig, in eigener Verantwortung und auf der Grundlage der jeweiligen Hauptverhandlung verpflichtet ist. Daher ist eine Bezugnahme der vorliegenden Art nicht zulässig und ersetzt nicht die Strafzumessungsgründe, die dem Urteil gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO beizufügen sind.
2.2. Darüber hinaus ist bei der Verhängung von Jugendstrafe eine besonders sorgfältige Sanktionsbegründung erforderlich. Denn § 54 Abs. 1 JGG ergänzt § 267 StPO im Hinblick auf die Besonderheiten des Jugendstrafrechts, die sich daraus ergeben, dass das Jugendstrafrecht ein Erziehungs- und Täterstrafrecht ist. Die hieraus folgende erweiterte Begründungspflicht erfordert eine sorgfältige Auseinandersetzung mit der Biografie...