Entscheidungsstichwort (Thema)
Familiengerichtliche Genehmigung, Zwischenverfügung, Genehmigungsbedürftigkeit, Grundbuchamt, Wohnungseigentümergemeinschaft, Bruchteilseigentum, Eintragung im Grundbuch, Gesamtschuldnerische Haftung, Übergangsvorschriften, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Eintragungshindernis, Fremde Verbindlichkeit, Familiengerichte, Negativzeugnis, Rechtsgeschäft, Miteigentumsanteil, Unentgeltlichkeit, Rechtsmittelführer, Festsetzung des Geschäftswerts, Minderjähriger Beteiligter
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Ingolstadt - Grundbuchamt - vom 12.12.2022 aufgehoben, soweit in Ziffer 7 die Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung gefordert wird.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 2 bis 4 begehren ihre Eintragung im Grundbuch als Bruchteilseigentümer von Grundbesitz.
Im Grundbuch ist der Beteiligte zu 1 als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 24.11.2022 überließ er dieses unentgeltlich seinen Enkelinnen, den Beteiligten zu 2 bis 4, zu Miteigentum. In derselben Urkunde beantragten die Beteiligten zu 2 bis 4 ihre Eintragung im Grundbuch. Die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 wurden von ihrer Mutter vertreten.
Trotz Nachreichung eines entsprechenden Negativzeugnisses des Familiengerichts erklärte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 12.12.2022 neben anderen Beanstandungen unter Ziffer 7, hinsichtlich der Eigentumsübertragung an die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 könne dem Antrag nur bei Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 10 BGB entsprochen werden, da Erwerb zu Bruchteilen haftungstechnisch die Übernahme von fremden Verbindlichkeiten beinhalte.
Mit Schreiben vom 8.5.2023 legte der Urkundsnotar Beschwerde gegen die Zwischenverfügung ein. § 1854 Nr. 4 BGB - vormals § 1822 Nr. 10 BGB - werde bei der Übertragung von Miteigentumsanteilen für nicht anwendbar erklärt, da, anders als bei der Wohnungseigentümergemeinschaft, keine gesamtschuldnerische Haftung für die von anderen Bruchteilsberechtigten zu tragenden Lasten bestehe, so MüKoBGB/Kroll-Ludwigs § 1822 Rn. 66.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 23.5.2023 der Beschwerde nicht abgeholfen. Im vorliegenden Fall komme ausschließlich § 1822 Nr. 10 BGB a.F. zur Anwendung, da der Schenkungsvertrag bereits 2022 abgeschlossen worden sei und es mangels Übergangsvorschriften nicht auf den Antragseingang oder den Bearbeitungszeitpunkt beim Grundbuchamt, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäfts und somit auf das Beurkundungsdatum ankomme. Der Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück beinhalte haftungstechnisch die Übernahme fremder Verbindlichkeiten, da auch die gesamtschuldnerische Haftung als Nebenfolge unter § 1822 Nr. 10 BGB a.F. falle; nach § 1854 Nr. 4 BGB n.F. wäre die Sachlage anders zu bewerten. Zur Begründung werde u.a. auf eine Entscheidung des Kammergerichts vom 20.9.2022 verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Beschwerdegegenstand ist lediglich Ziffer 7 der Zwischenverfügung. Denn die Begründung des Rechtsmittels beschränkt sich auf Ausführungen zur dort behandelten Frage der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 1822 Nr. 10 BGB a.F.
2. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Als Rechtsmittelführer sind, da vom im Rahmen der Ermächtigung nach § 15 Abs. 2 GBO tätigen Notar hierzu keine weiteren Erklärungen abgegeben wurden, die an der Errichtung der Urkunde Beteiligten anzusehen; denn diese haben entweder in der zum Vollzug eingereichten Urkunde Anträge gestellt oder hätten solche stellen können (BayObLGZ 1953, 183/185; Demharter GBO 33. Aufl. 2023 § 15 Rn. 20; Hügel/Reetz GBO 4. Aufl. 2020 § 15 Rn. 63).
3. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, da das vom Grundbuchamt in Ziffer 7 der Zwischenverfügung angenommene Eintragungshindernis nicht besteht.
Zwar geht das Grundbuchamt zutreffend davon aus, dass es zu einer umfassenden eigenständigen Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit der verfahrensgegenständlichen Vereinbarung berechtigt und verpflichtet (Senat FGPrax 2019, 256/257) und dabei nicht durch das Negativzeugnis des Familiengerichts gebunden ist (Demharter § 19 Rn. 71). Schon dass der Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück haftungstechnisch die Übernahme fremder Verbindlichkeiten i.S. von § 1822 Nr. 10 BGB a.F. beinhalte, erscheint allerdings zweifelhaft (vgl. MüKoBGB/Kroll-Ludwigs 8. Aufl. 2020 § 1822 Rn. 66). Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Denn das Beschwerdegericht hat seiner Prüfung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrundezulegen (Hügel/Kramer § 77 Rn. 33). Danach bedarf die Überlassungsvereinbarung zu ihrer Wirksamkeit hier jedoch nicht der familiengerichtlichen Genehmigung. Unabhängig davon, ob eine solche gemäß § 1643 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1822 Nr. 10 BGB a.F. erforderlich gewesen wäre, wurde jedenfalls die letztgenannte Vorschrift zum 1.1.2023 durch § 1854 ...