Leitsatz (amtlich)
1. Messgeräten, deren Eichgültigkeit abgelaufen ist, kommt die Vermutung der Richtigkeit nicht zu (Anschluss an BGH, Urt. v. 17.11.2010 - VIII ZR 112/10). In einem Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter wegen falscher Kostenverteilung muss gleichwohl der Geschädigte als Anspruchsteller die Unrichtigkeit der Abrechnung beweisen. Inwieweit sich der als Schädiger in Anspruch genommene Abrechner seinerseits auf die Ablesewert ungeeichter Zähler berufen kann, bleibt offen.
2. Ein Wohnungseigentumsverwalter, der in der Eigentümerversammlung ohne ausreichende Überprüfung unrichtige Tatsachenbehauptungen aufstellt, haftet auf Schadensersatz, wenn aufgrund der unrichtigen Darstellung ein für die Eigentümer nachteiliger Beschluss gefasst wird.
Normenkette
BGB §§ 280-281; WEG § 27 f., § 28; HeizkostenV §§ 1, 9a; EichG §§ 19, 25
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 27.09.2010; Aktenzeichen 1 T 3879/10) |
AG München (Aktenzeichen 482 URII 204/07) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München I vom 27.9.2010 insoweit aufgehoben, als er die Aufwendungen bezüglich der Nässeschäden betrifft.
In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das LG zurückverwiesen.
II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.997,27 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, macht gegen die Antragsgegnerin als frühere Verwalterin Schadensersatzansprüche geltend. Verfahrensgegenständlich sind im Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch behauptete Ansprüche der Antragstellerin wegen unrechtlicher Heizkostenabrechnung sowie wegen nutzloser Aufwendungen zur Beseitigung von Nässeeintritt.
Zwischen der Antragstellerin und dem Bezirk Oberbayern besteht ein Vertrag, der die gemeinsame Nutzung der Heizungsanlage mit dem benachbarten Gebäude des Berufsbildungswerks München für Hör- und Sprachgeschädigte (BBW) regelt. Nach diesem Vertrag wird die Antragstellerin geschäftsführend für die Belange der Heizanlage tätig und rechnet ggü. dem Bezirk Oberbayern jährlich nach Verbrauch ab. Der Verbrauch wird über Wärmemengenzähler erfasst.
Nachdem zu Testzwecken zur Beseitigung der Nässeproblematik Schienen eingebaut wurden, beschloss die Eigentümerversammlung, an allen betroffenen Fenstern derartige Schienen einzubauen. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob von der Antragsgegnerin oder von einem anderen Miteigentümer die Erklärung abgegeben wurde, dass die testweise eingebaute Schiene dazu geführt habe, dass Nässeeintritt nicht mehr vorhanden sei.
Das LG hat die Anträge im noch verfahrensgegenständlichen Umfang abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das Verfahren ist in formeller Hinsicht nach früherem Recht zu behandeln, in materieller Hinsicht ist jedoch neues Recht anzuwenden (§ 62 WEG).
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Antragsgegnerin sei nicht verpflichtet gewesen, durch einen Sachverständigen, die Wirkungsweise der probeweise angebrachten Schiene zu überprüfen. Es habe genügt, dass sich die Verwaltung durch Rückfrage bei einem Eigentümer oder durch eigene Beobachtung über den Erfolg der Maßnahme informiert habe. Außerdem habe ein Miteigentümer durch eine CAD-Simulation eigene Sachkunde in Anspruch genommen, so dass davon auszugehen sei, dass die Beschlussfassung ganz maßgeblich von der Darstellung des Miteigentümers beeinflusst wurde.
Bezüglich der Heizkostenabrechnung ist das LG der Auffassung, dass ein Fehler der Heizkostenabrechnung nicht feststellbar sei. Der Umstand, dass die Wärmemengenzähler nicht mehr geeicht gewesen seien, führe nicht dazu, dass die angesetzten Werte falsch gewesen seien. Eine Beweislastumkehr in der Weise, dass die Antragsgegnerin wegen Unterlassung der Eichung für die Richtigkeit der Abrechnung beweispflichtig wäre, nimmt das LG nicht an.
2. Die Entscheidung des LG hält nur teilweise der rechtlichen Nachprüfung stand. Hinsichtlich des behaupteten Schadensersatzanspruches wegen unrichtiger Abrechnung der Heizkosten erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Abgesehen von anderen Fragen kann der Antragstellerin ein Schadensersatzanspruch deshalb nicht zuerkannt werden, da keine hinreichenden Tatsachen dafür vorliegen, das und in welcher Höhe der Antragstellerin ein Schaden entstanden ist.
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BGH an (Urt. v. 17.11.2010 - VIII ZR 112/10), wonach der Ablauf der Eichfrist nicht dazu führt, dass die festgestellten Werte ohne Bedeutung sind. Allerdings kommt die Vermutung der Richtigkeit bei einer Heizkostenabrechnung nur geeichten Messgeräten zu. Den von einem nicht mehr geeichten Messgerät abgelesenen Verbrauchswerten kommt diese Vermutung nicht zu. In diesem Fall muss bei einer Abrechnung nach der Heizkostenverordnung die Richtigkeit der abgelesene...