Leitsatz (amtlich)

1. Zur Grundbuchberichtigung aufgrund Berichtigungsbewilligung mit Zustimmung des Eigentümers.

2. Weist das Grundbuchamt einen unter Vorlage einer Bewilligung gestellten Berichtigungsantrag mit der Begründung zurück, der Unrichtigkeitsnachweis sei nicht erbracht, kann auf die Beschwerde hin das Grundbuchamt bei schlüssiger Darlegung zur Unrichtigkeit und zum Richtigwerden des Grundbuchs angewiesen werden, die Eintragung aufgrund Berichtigungsbewilligung (mit Zustimmung des Eigentümers) vorzunehmen.

 

Normenkette

GBO § 22 Abs. 1, § 71 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Kaufbeuren (Beschluss vom 12.11.2014; Aktenzeichen DS-935-11)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Kaufbeuren - Grundbuchamt - vom 12.11.2014 wird verworfen.

II. Der Beteiligte zu 1 hat die gerichtlichen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 98.884 EUR festgesetzt.

IV. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts Kaufbeuren - Grundbuchamt - vom 12.11.2014 aufgehoben.

Das Grundbuchamt angewiesen, den Berichtigungsantrag vom 22./25.8.2014 durch Wiedereintragung der Beteiligten zu 3 zu vollziehen.

 

Gründe

I. Im Grundbuch sind die Beteiligten zu 1 und 2 als Miteigentümer zu je 1/3 von Grundbesitz eingetragen. Das Eigentum am Grundstück hatten sie, ebenso wie die im Jahr 2010 verstorbene Frau Gisela S. den weiteren 1/3-Anteil, gemäß Auflassung vom 7.2.1997 von der Gemeinde W., der Beteiligten zu 3, erworben. Für den Miteigentumsanteil der Frau Gisela S. ist gemäß Erbschein vom 26.6.2013 seit 24.7.2013 die Beteiligten zu 2 als Erbin eingetragen.

Zu notarieller Urkunde vom 6.7.2012, genehmigt von der Beteiligten zu 3 gemäß Urkunde vom 11.6.2013, beantragten und bewilligten die Vertragsteile hinsichtlich des früheren Miteigentumsanteils der verstorbenen Gisela S. (u.a.) zunächst die Berichtigung des Grundbuchs durch Wiedereintragung der Beteiligten zu 3 als Eigentümerin mit folgender Begründung:

Es habe sich nunmehr herausgestellt, dass Gisela S. bereits bei Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr voll geschäftsfähig gewesen sei, so dass ein rechtsgültiger Eigentumserwerb hinsichtlich ihres 1/3-Miteigentumsanteils nicht möglich gewesen sei. Verwiesen wurde insofern auf Nachlass- und Betreuungsakten desselben AG.

Das Grundbuchamt hat die Nachlass- und Betreuungsakten beigezogen und den Berichtigungsantrag am 12.11.2014 mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein zweifelsfreier Nachweis der Geschäftsunfähigkeit bei Erklärung der Auflassung nicht erbracht worden sei. Aus den im Betreuungsverfahren erholten Gutachten sei eine Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht hinreichend zu entnehmen. Weder der damalige Notar noch die enge Vertraute und spätere Betreuerin der Verstorbenen hätten an deren Geschäftsfähigkeit gezweifelt.

Dagegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde. Sowohl aus einem fachärztlichen Gutachten vom 19.11.1996 als auch aus dem Gutachten eines Landesfachkrankenhauses vom 21.3.1995/15.5.1995 ergebe sich, dass die Behinderung seit Kindheit bestanden habe und irreversibel gewesen sei. Zudem wird im Beschwerdeverfahren auf weitere psychiatrische Gutachten aus den Jahren 2002 bis 2010 sowie auf Protokolle und Entscheidungen des Betreuungsgerichts verwiesen.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 ist unzulässig und ist deshalb zu verwerfen. Im Übrigen führt das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 und 3 zur Aufhebung der Entscheidung und zur Anweisung an das Grundbuchamt, die beantragte Berichtigung zu vollziehen. Soweit weitere Anträge ("der Reihe nach") gestellt sind (vgl. § 16 Abs. 2 GBO), die im Anschluss an die Berichtigung vollzogen werden sollen, hat das Grundbuchamt darüber noch nicht entschieden. Sie sind auch nicht zum Beschwerdegegenstand geworden. Der Senat gibt das Verfahren zur notwendigen erstmaligen Entscheidung über diese Anträge an das Grundbuchamt zurück.

1. Das Rechtsmittel wäre - würde die Beschwerde nur das Ziel der Berichtigung infolge Unrichtigkeitsnachweises (vgl. § 22 Abs. 1 GBO) verfolgen - nur als beschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO statthaft (vgl. Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 30; Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 163). Indessen erscheint eine derart einengende Auslegung angesichts des gestellten und mit der Beschwerde ausdrücklich wiederholten Antrags vom 22.8.2014 (Eingang 25.8.2014) nicht zutreffend. Auch wenn die Beschwerdebegründung sich nur gegen die Argumente des Grundbuchamts wendet, wonach ein Unrichtigkeitsnachweis nicht zweifelsfrei erbracht sei, geht der Senat davon aus, dass mit dem Rechtsmittel der Antrag auch insofern weiterverfolgt wird, als eine Berichtigung aufgrund einer Berichtigungsbewilligung herbeigeführt werden solle. In diesem Fall ist die Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO unbeschränkt statthaft (vgl. Demharter § 71 Rn. 28; Hügel/Kramer § 71 Rn. 161).

2. Auch wenn sich ...

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