Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendungsbereich des § 522 Abs. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal derart, dass § 522 Abs. 2 ZPO in Streitigkeiten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung nicht oder nur in extremen Ausnahmefällen zur Anwendung komme, kann der genannten Vorschrift nicht entnommen werden.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 22.01.2004; Aktenzeichen 7 O 7543/99) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 22.1.2004 (7 O 7543/99) wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 766.937,82 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27.2.2004 (Bl. 259/260 d.A.) hat die Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 22.1.2004 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 28.4.2004 (Bl. 266/277 d.A.) begründet. Bezüglich des Berufungsvorbringens wird auf die genannten Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat die Parteien am 11.5.2004 (Bl. 278/280 d.A.) auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hingewiesen. Auf die erteilten Hinweise, insb. auf die gegebene Begründung, wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom 2.6.2004 (Bl. 281/290 d.A.) zu den genannten Hinweisen des Senats geäußert. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens wird auf den genannten Schriftsatz Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Sie ist deshalb und weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erfordert, gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich der Senat zunächst auf die ausführlichen und in jeder Hinsicht zutreffenden Darlegungen im landgerichtlichen Urteil, welchen sich der Senat in vollem Umfang anschließt. Insoweit wird ergänzend auf die mit den Hinweisen des Senats vom 11.5.2004 gegebene Begründung Bezug genommen.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin sieht sich der Senat lediglich noch zu folgenden Ergänzungen veranlasst:
1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 522 Abs. 2 ZPO dem Berufungsgericht keinen Ermessensspielraum eröffnet, sondern das Berufungsgericht bei Vorliegen der im Gesetz im Einzelnen genannten Voraussetzungen durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zu entscheiden hat. Dem liegt die Intention des Gesetzgebers zugrunde, das Berufungsgericht von unnötigen mündlichen Verhandlungen zu entlasten und zu einer schnellen Rechtskraft bei aussichtslosen Berufungen zu führen. Demgegenüber hat der Gesetzgeber eine Differenzierung nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Rechtsstreits bzw. nach der Höhe des Streitwertes nicht vorgesehen.
Der Auffassung der Klägerin, dem Berufungsführer werde die Berufungsinstanz abgeschnitten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn der in Rede stehende Beschluss setzt u.a. voraus, dass der erkennende Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und diese Überzeugung zu begründen hat. Dementsprechend ist von der Vorschrift des § 522 Abs. 2 ZPO nicht etwa nur "in extremen Ausnahmefällen" Gebrauch zu machen, sondern in allen Fällen, in denen die genannten Voraussetzungen vorliegen.
2. Die Ausführungen der Klägerin zu § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vermögen nicht weiterzuhelfen, denn einerseits ist der Senat unter den dort genannten Voraussetzungen an die tatsächlichen Feststellungen des LG gebunden und andererseits sind diese vorliegend unstreitig. In Streit ist nämlich ausweislich der Berufungsbegründung lediglich die Auslegung des Patents, bei welcher es sich auch nach Auffassung der Klägerin eindeutig um eine Rechtsfrage handelt.
3. Die in Rede stehende Rechtsfrage, nämlich die Auslegung des Merkmals 6 des Patentanspruchs 1 des Klagepatents, hat das LG auf der Grundlage der im Urteil wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen nach Auffassung des Senats zutreffend beantwortet, worauf der Senat bereits mit Beschluss vom 11.5.2004 hingewiesen hat. Auf die dort genannten Gründe wird Bezug genommen.
Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass der gerichtliche Sachverständige nicht gehalten war, sich mit der Auslegung des Patentanspruchs zu befassen. Diese Auslegung hat daher zutreffend das Erstgericht selbst vorgenommen, und zwar unter Berücksichtigung der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beachtenden Grundsätze. Eine Auslegung des Patentanspruchs unter seinen eindeutigen Wortlaut ist hierin nicht zu erblicken.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.
Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 1256769 |
OLGR-MBN 2004, 455 |
www.judicialis.de 2004 |