Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer isolierten Feststellungsklage auf Fortbestand einer Krankentagegeldversicherung
Leitsatz (amtlich)
Zum Streitwert eines Feststellungsantrags auf Fortbestehen der Krankentagegeldversicherung (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 14.12.2016, Az.: IV ZR 477/15, NJW-RR 2017, 152). (Rn. 6 - 8)
1. Der Streitwert einer isolierten Klage auf Feststellung des (Fort-) Bestands einer Krankentagegeldversicherung bemisst sich nach der dreieinhalbfachen Jahresprämie abz. eines Feststellungsabzugs von 20% (ebenso OLG Hamm BeckRS 2018, 13448). (Rn. 6)
2. Das Verbot der reformatio in peius gilt nicht für Streitwertbeschwerden (ebenso OLG Düsseldorf BeckRS 2009, 23458). (Rn. 5)
Normenkette
GKG § 68; ZPO §§ 3, 9
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 04.03.2020; Aktenzeichen 10 O 1953/19 Ver) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägervertreter hin wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts modifiziert
1. Der Streitwert bis zur Klageerweiterung beträgt 3.463,32 EUR.
2. Der Streitwert ab Klageerweiterung beträgt - wie vom Landgericht festgesetzt - 11.672,50 EUR.
Gründe
I. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Festsetzung des Streitwerts. Das Landgericht hat den Streitwert mit Beschluss vom 04.03.2020 (Bl. 57/ 59 d.A.) auf 11.672,50 EUR festgesetzt.
Gegen diese Streitwertfestsetzung haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23.03.2020 (Bl. 63/64 d.A.) Beschwerde eingelegt. Sie sind der Auffassung der Streitwert sei auf 29.382,50 EUR festzusetzen.
Auf die genannten Aktenfundstellen wird ebenso Bezug genommen wie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 15.04.2020, die der Auffassung ist, der Streitwert betrage nur 8.566,66 EUR und auf die Schriftsätze im Beschwerdeverfahren (21.05.2020, 29.05.2020, 09.07.2020).
II. Auch wenn im Schriftsatz vom 09.07.2020 eine Stellungnahme für den Kläger abgegeben wurde, geht der Senat davon aus, dass Beschwerdeführer alleine die Prozessbevollmächtigten sind, da diese die Beschwerde ausdrücklich in eigenem Namen eingelegt haben (Bl. 63 d.A.).
1. Ist von einem der Beteiligten eine Streitwertbeschwerde mit dem Ziel der Festsetzung eines höheren Streitwerts eingelegt worden, so kann das Rechtsmittelgericht den Streitwert von Amts wegen auch niedriger festsetzen; das Verbot der sog. reformatio in peius gilt insoweit nicht (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. 4. 2005 - Az. 17 W 21/05, NJOZ 2005, 2051; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2009 - Az. 24 W 13/09, BeckRS 2009, 23458; OLG Brandenburg v. 05.03.1998 - Az. 10 W 39/97; OVG Koblenz Beschluss vom 18.12.2007 - Az. 2 E 11030/07, BeckRS 2008, 30100; OVG Bautzen, Beschluss vom 02.09.2013 - Az. 3 E 62/13).
2. Der Senat behält seine bisherige Rechtsprechung zum Streitwert von isolierten Feststellungsklagen auf Bestand des Vertrages einer Krankentagegeldversicherung (Dreieinhalbfache Jahresprämie abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20%, vgl. z.B. Senat - Beschluss vom 08.02.2016 - Az. 25 W 217/16) bei (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 02. März 2018 - Az. I -20 W 41/17). Somit beträgt der Wert bis zur Klageerweiterung 3.463,32 EUR (42 × 82,46 EUR).
Wenn - wie im vom Bundesgerichtshof unter IV ZR 477/15 entschiedenen Fall - der Feststellungsantrag mit einem Leistungsantrag kombiniert wird, ist der Leistungsantrag mit seinem Wert und der Feststellungsantrag zusätzlich mit 20% des vereinbarten Krankentagegelds für eine sechsmonatige Bezugsdauer zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 14.12.2016 - Az. IV ZR 477/15, NJW-RR 2017, 152, so auch Senat, Beschluss vom 16.10.2018 - Az. 25 U 911/18). Damit beträgt der Wert ab der Klageerweiterung - wie vom Landgericht zutreffend festgesetzt - 11.672,50 EUR.
Der Senat hält - wie bisher - eine differenzierte Betrachtungsweise für geboten. Fälle, in denen nur auf Feststellung geklagt wird, sind anders zu behandeln als Fälle in denen kombinierte Klagen erhoben werden, da sich bei kombinierten Klagen das Interesse des Versicherten am Fortbestand des Vertrages im Prozess konkretisiert hat. Wenn ein Leistungsantrag gerichtlich geltend gemacht ist, ist eine ausreichend klare Abgrenzung zwischen konkretisiertem und noch nicht konkretisierten Feststellungsinteresse möglich. Zudem werden Wertungswidersprüche vermieden. Würde man in Anlehnung an die Auffassung des Bundesgerichtshofs zur kombinierten Leistungs- und Feststellungsklage für die isolierte Feststellungsklage auf Fortbestand des Vertrages auf das Leistungsversprechen und nicht auf die Prämie abstellen, so würde - was der vorliegende Fall zeigt - eine Klageerweiterung um einen Leistungsantrag möglicherweise zu einer Reduzierung des Streitwerts führen, da dann nach der Klageerweiterung der Leistungsantrag mit seinem Wert und der Feststellungsantrag zusätzlich mit (nur) 20% des vereinbarten Krankentagegelds für eine sechsmonatige Bezugsdauer zu berücksichtigen ist (BGH, Beschluss vom 14.12.2016 - Az. IV ZR 477/15, NJW-RR 2017, 152, so auch Senat, Beschluss vom 16.10.2018 - Az. 25 U 911/18). Eine Reduzierung des Streitwerts durch eine ...