Leitsatz (amtlich)

Der Gegenstandswert der im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer angefallenen Rechtsanwaltsgebühren richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Bieters am Zuschlag. Korrekturen an den im Leistungsverzeichnis genannten Preisen, die die Vergabestelle vornimmt, weil sie das Angebot für widersprüchlich, auslegungsbedürftig oder auslegungsfähig hält, sind für die Beurteilung des wirtschaftlichen Interesses des Bieters jedenfalls dann unerheblich, wenn dieser im Nachprüfungsverfahren die Berechtigung zur Abänderung der Beträge bestreitet und weiter an seinen errechneten Preisen festhält.

 

Normenkette

GKG § 50 Abs. 2; RVG § 23 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 29.06.2005; Aktenzeichen 120.3-3194.1-27-04/04)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin werden Ziff. 1 und Ziff. 2 der Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Vergabekammer Südbayern vom 29.6.2005 und vom 6.7.2005 dahingehend abgeändert, dass die durch die anwaltliche Vertretung erwachsenen notwendigen Aufwendungen im Nachprüfungsverfahren für den Antragsgegner auf 7.342,80 EUR und für die Beigeladene auf 6.330 EUR festgesetzt werden.

II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

III. Von den gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin 2/5, die Antragsgegnerin und die Beigeladene je 3/10. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt jede Partei selbst.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.837,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner beabsichtigt den Aufbau von 26 flächendeckend arbeitenden Leitstellen für Rettungsdienste und Feuerwehr sowie die Einrichtung einer Lehrleitstelle an der Staatlichen Feuerwehrschule in G. zur landeseinheitlichen Schulung der Mitarbeiter. Zu diesem Zweck schrieb er Europaweit im Offenen Verfahren nach VOL/A IT-Leistungen aus. In der Bekanntmachung heißt es hierzu:

"Abschnitt II: Auftragsgegenstand (...)

II.1.6. Beschreibung/Gegenstand des Auftrags: Staatliche Feuerwehrschule G. (SFSG). Einrichtung einer Lehrleitstelle. GU-Vertrag: IT-Ausstattung Lehrleitstelle SFSG mit übertragbarer ELS-Software (Einsatzleitsystem, Kommunikationstechnik (Hardware, Software), Einsatzleitplätze für die Ausbildung, Aufsicht, Regie und für die Aufnahmeabfrageplätze. Ausbau als integriertes IT-System. Übertragbare Nutzungsrechte für die ELS-Software auf 26 integrierte Leitstellen in B.). (...)

II.2. Menge oder Umfang des Auftrags

II.2.1. Gesamtmenge bzw. -umfang: Lieferung und Installation eines integrierten Einsatzleit- und Kommunikationssystems für eine integrierte Leitstelle mit Ausbildungsfunktion, bestehend aus: (...)

II.2.2. Optionen. Beschreibung und Angabe des Zeitpunkts, zu dem sie wahrgenommen werden können: Angebot über die Implementierungs- (Schulung, Installation) und Wartungsleistungen bzgl. der ELS-Software zugunsten der jeweiligen Betreiber von 26 weiteren integrierten Leitstellen (wird im Rahmen des Preises als Folgekosten gewertet)."

Die Verdingungsunterlagen enthalten in Titel 1 bis 4 die Leistungsbeschreibung zu Ziff. 1I. 2. 1) der Ausschreibung. Titel 5 der Verdingungsunterlagen, der die Leistungsanforderungen gem. Ziff. 1I. 2. 2) der Ausschreibung näher festlegt, enthält folgenden Vorspann:

"Die Beauftragung der Leistungen erfolgt nicht durch den Auftraggeber dieser Ausschreibung. Der Auftragnehmer verpflichtet sich vielmehr mit Abgabe dieses Angebots, einen Vertrag mit den Betreibern der weiteren ILS in B. (vergleiche Anl. 1 zum LV 1 Pflichtenheft "Leitstellenbereiche") zu Bedingungen dieses Angebots, soweit einschlägig, abzuschließen. Diese Verpflichtung gilt bis zum 31.12.2009."

Der Antragsgegner beabsichtigte, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen, wogegen sich die Antragstellerin durch Einleitung des Nachprüfungsverfahrens wandte. Mit Beschl. v. 14.12.2005 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin kostenpflichtig zurückgewiesen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsgegner und die Beigeladene für notwendig erklärt.

Mit Schreiben vom 15.4.2005 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners, für das Verfahren bei der Vergabekammer aus einem Gegenstandswert von 745.158 EUR folgende Kosten festzusetzen:

  • 2,5 Geschäftsgebühr 9.365,00 EUR
  • Auslagenpauschale 20,00 EUR
  • zzgl. 16 % Mehrwertsteuer 1.501,60 EUR

Summe 10.886,60 EUR

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beigeladenen beantragte mit Schriftsatz vom 23.5.2005 unter Hinweis auf die Berechtigung zum Vorsteuerabzug seiner Mandantin ebenfalls Kostenfestsetzung entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners.

Mit Beschl. v. 29.6.2005 hat die Vergabekammer die durch die anwaltliche Vertretung erwachsenen notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin auf 10.886,60 EUR und die der Beigeladenen 9.385 EUR festgesetzt. Am 6.7.2005 hat die Vergabekammer ihre Entscheidung vom 29.6.2005 dahingehend berichtigt, dass die Aufwendungen i.H.v. 10.886,60 EUR nicht der Antragstellerin...

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