Leitsatz (amtlich)
1. Der Umfang des Ausschlusses von Handlungen durch eine Unterlassungsdienstbarkeit kann auch durch Bezeichnung der noch gestatteten Handlungen beschrieben werden.
2. Dass dem Eigentümer nur eine einzige Nutzungsmöglichkeit verbleibt, steht nicht per se der Zulässigkeit der Unterlassungsdienstbarkeit entgegen.
3. Die Bezeichnung "Seniorenwohnheim" genügt im Rahmen der Eintragung der Dienstbarkeit dem Bestimmtheitsgrundsatz.
4. Erlischt die auf einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück lastende Unterlassungsdienstbarkeit an mehreren Wohneigentumseinheiten, so führt dies nicht ohne weiteres zur Unzulässigkeit der entsprechenden Eintragung bei den anderen Einheiten (Abgrenzung zu OLG Düsseldorf NJOZ 2011, 11).
Normenkette
BGB §§ 1018, 1090; GBO § 53
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 9.3.2023 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.710.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1 begehrt die Löschung von Dienstbarkeiten im Wohnungsgrundbuch.
Das betroffene Grundstück ist durch Erklärung gemäß § 8 WEG in Miteigentumsanteile, die jeweils mit dem Sondereigentum an einem Appartement verbunden sind, aufgeteilt. Bei Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter am 22.7.1983 erfolgte in Abteilung II unter Nr. 5 jeweils folgende Eintragung:
Nutzungseinschränkung: Nutzung nur als Seniorenwohnheim, für die XXX [= Beteiligte zu 2]; gemäß Bewilligung vom 23.12.1982 - URNr. [...]/Notar R. in B.
Die genannte Bewilligung lautet:
Als Eigentümer des obigen Grundbesitzes bewilligen und beantragen wir, zugunsten der Landeshauptstadt München eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit des Inhalts einzutragen, dass sämtliche auf dem obigen Grundbesitz befindlichen Wohneinheiten nur zum Zwecke des Betriebes eines Senioren-Wohnheimes genutzt werden dürfen.
Mittlerweile ist bei mehreren Einheiten nach Durchführung einer Zwangsversteigerung die Nutzungseinschränkung gelöscht, weil sie nach den Versteigerungsbedingungen nicht mehr bestehen bleiben sollte.
In der Folgezeit wurde die Beteiligte zu 1 als Eigentümer sämtlicher Einheiten eingetragen.
Mit Schreiben vom 28.3.2022 beantragte die Beteiligte zu 1 die Löschung der Nutzungseinschränkung an allen 171 noch mit dieser Dienstbarkeit belasteten Wohnungs- und Teileigentumseinheiten des Anwesens auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück wegen Unrichtigkeit gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO.
Das Grundbuchamt wies den Antrag mit Beschluss vom 9.3.2023 zurück.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 29.6.2023 hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, die eingetragene Dienstbarkeit zu löschen. Es entspreche ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Inhalt einer Dienstbarkeit nicht eine positive Leistungspflicht und auch nicht ein positives Tun des Eigentümers sein könne. Vorliegend werde indes vom Eigentümer aus der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung genau eine solche positive Leistungspflicht verlangt. Zudem werde der Eigentümer durch die gewählten Formulierungen sowohl in der Eintragsbewilligung als auch im Eintragungsvermerk von der Nutzung des Grundstücks gänzlich ausgeschlossen im Sinne der ständigen Rechtsprechung und herrschenden Meinung, indem ihm durch die streitige beschränkte persönliche Dienstbarkeit alle Nutzungen bis auf eine untersagt würden. Sodann befänden sich der Eintragungsvermerk und die Eintragungsbewilligung in einem unauflösbaren Widerspruch. Der Eintragungsvermerk beinhalte eine Unterlassungsverpflichtung, die Eintragungsbewilligung hingegen statuiere eine positive Leistungspflicht. Dies allein führe bereits dazu, dass die Beschränkung schon wegen eines nicht aufzulösenden Widerspruchs zu löschen sei. Darüber hinaus seien sowohl die Unterlassungsverpflichtung des Eintragungsvermerks als auch die in der Eintragungsbewilligung statuierte positive Leistungspflicht zu unbestimmt, woraus sich deren Unzulässigkeit ergebe. Was sei unter einem Seniorenwohnheim zu verstehen und welche Pflegestufen beinhalte dieses? Das seinerzeitige HeimG habe andere Begrifflichkeiten vorgesehen. Zur Unzulässigkeit der Dienstbarkeit aufgrund von Löschungen der Grunddienstbarkeit an diversen versteigerten Einheiten bringe das Grundbuchamt unvollständig und somit rechtsfehlerhaft die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Anwendung. Sowohl die Berechtigte als auch das Grundbuchamt würden sich maßgeblich auf eine Entscheidung des Landgerichts Göttingen berufen. Eine Vergleichbarkeit mit dem hier vorliegenden Sachverhalt sei nicht gegeben. So könne eine Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Eigentum mit einer Fremdenverkehrsdienstbarkeit belastet sei und wo einzelne Einheiten nachvollziehbar mal nur für reinen Fremdenverkehr aufgrund der noch eingetragenen Dienstbarkeit genutzt werden dürften und mal uneingeschränkt, weil nicht mehr mit der Dienstbarkeit belastet, nicht mit einer Se...