Leitsatz (amtlich)
1. Als Schätzgrundlage für die Ermittlung des angemessenen Ausgleichs kann unter denselben Voraussetzungen wie bei der Ermittlung der angemessenen Abfindung in geeigneten Fällen auf den Börsenkurs abgestellt werden, ohne dass es einer zusätzlichen Ertragswertberechnung bedarf.
2. Bei der Herleitung des Verrentungszinssatzes für die Ermittlung des Ausgleichs ist ebenfalls nicht zwingend an den im Rahmen einer Ertragswertberechnung ermittelten (hälftigen) Risikozuschlag anzuknüpfen. Auch die sog. Bond-Spread-Methode kann im Einzelfall eine sachgerechte Methode zu dessen Ableitung darstellen.
3. Soweit zwischen dem maßgeblichen Referenzzeitraum für die Ermittlung des Börsenkurses und dem Bewertungsstichtag ein längerer Zeitraum liegt und daher eine Hochrechnung des Börsenkurses geboten erscheint, kann diese anhand der allgemeinen Börsenentwicklung unter Berücksichtigung des unternehmenseigenen Betafaktors erfolgen.
Normenkette
AktG §§ 304-305
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HK O 6321/14) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerden der Antragsteller zu 1) - 7), 9), 21), 24) - 30), 35) - 40), 43), 45), 47), 48), 51), 65), 66), 71) - 74) und 76) - 78) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 27.11.2019 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der beschwerdeführenden Antragsteller zu 1) - 6), 9), 21), 24) - 30), 35) - 40), 43), 45), 47), 48), 51), 65), 66), 71) - 74) und 76) - 78) für die 1. Instanz nicht angeordnet wird. Für den beschwerdeführenden Antragsteller zu 7) wird eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten für die erste Instanz durch die Antragstellerin in Höhe von 50 % angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Auslagenerstattung für die 2. Instanz wird nicht angeordnet.
3. Der Geschäftswert für das Verfahren 2. Instanz, sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an den gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten Aktionäre zu leistende Vergütung werden jeweils auf EUR 200.000,00 festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird für die Antragsteller zu 1) - 7), 9), 21), 24) - 30), 35) - 40), 43), 45), 47), 48), 51), 65), 66), 71) - 74) und 76) - 78) zugelassen.
Gründe
A. Gegenstand des vorliegenden Spruchverfahrens sind die Barabfindung und der Ausgleich der außenstehenden Aktionäre nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen der K. D. H. AG (im Folgenden: K. AG oder die Gesellschaft) und der Antragsgegnerin, der V. V. V. AG (im Folgenden: V. oder V. AG), einer Tochtergesellschaft der zur Unternehmensgruppe der V. G. Plc. gehörenden V. GmbH.
Die K. AG ist oberste Verwaltungs- und Holdinggesellschaft der K.-Gruppe, deren Gegenstand ausweislich ihrer Satzung die Betätigung auf allen Gebieten des Fernsehens, der Telekommunikation und der Multimedia sowie mit diesen Gebieten im Zusammenhang stehenden Serviceleistungen ist. Ihr Grundkapital beträgt EUR 88.522.939,00 und ist in ebenso viele auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Aktie eingeteilt. Ihre Aktien werden am regulierten Markt der Frankfurter Börse gehandelt.
Am 12.02.2013 kamen erstmals Gerüchte zu einer möglichen Übernahme der K. AG durch V. auf. Weitere mögliche Erwerbs- bzw. Veräußerungsgeschäfte, insb. ein Erwerb der T. C.-Gruppe durch die K. AG standen ebenfalls im Raum. Am 12.06.2013 veröffentlichte die K. AG sodann eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach V. die K. AG übernehmen wolle, in der aber auch darauf hingewiesen wurde, dass zum jetzigen Zeitpunkt weder Gewissheit darüber, ob ein Angebot tatsächlich abgegeben werde, noch was die Bedingungen eines solchen Angebots sein könnten, bestehe. Am 17.06.2013 folgte sodann eine entsprechende Ad-hoc-Mitteilung mit der L. G. SA als mögliche Erwerberin.
Am 24.06.2013 folgte eine weitere Ad-hoc-Mitteilung der K. AG, wonach V. nach wie vor die Absicht habe, die K. AG zu erwerben. Dies solle durch ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot in Höhe von EUR 84,50 je Aktie umgesetzt werden. Am 30.07.2013 veröffentlichte die Antragsgegnerin sodann das entsprechende freiwillige Übernahmeangebot zum Erwerb sämtlicher Aktien der K. AG zu einem Preis von EUR 84,50 je Aktie. Sowohl dort als auch in der gemeinsamen Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der K. AG vom selben Tag zu diesem Übernahmeangebot werden als mögliche Strukturmaßnahmen der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bzw. ein Squeeze-Out bei Erreichen der entsprechenden Mindestannahmeschwellen genannt. Dem Angebot liegen die Fairness Opinion von M. S. und P. W. zu Grunde, die beide zu dem Ergebnis kommen, dass die angebotene Gegenleistung angemessen sei.
Am 12.09.2013 hat sodann V. eine weitere Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht, in der bekannt gegeben wurde, dass die Angebotsschwelle von mindestens 75 % erreich...