Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs kann sich der Schiedsbeklagte regelmäßig nicht mehr auf die entgegen der Schiedsvereinbarung vorgenommene Besetzung des Gerichts berufen, wenn er diese trotz Kenntniserlangung durch einen entsprechenden Hinweis des Gerichts im schiedsgerichtlichen Verfahren nicht gerügt, sondern sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen hat.
Normenkette
ZPO § 1061; UN-Ü Art. 5 Abs. 1 Buchst. d)
Tenor
I. Das Internationale Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Ukraine, K., erließ durch die Schiedsrichterin E. G. P. in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagte geführten Schiedsverfahren am 2.4.2004 folgenden Schiedsspruch:
Die Firma H.-Mode H. & Co. GmbH (P.-Straße 12, S.-R., Deutschland) ist verpflichtet, sofort nach dem Erhalt dieses Rechtsspruchs der Geschlossenen Aktiengesellschaft K. Nähfabrik (Ukraine, K., Gebiet I.-F., T.-Straße 35) 10.777,60 EUR Hauptschulden, 3.090,55 EUR der Geldstrafe für Zahlungsverzug und 1.253,18 US-Dollar zum Ausgleich für die Bezahlung der Schiedsgerichtsgebühr, insgesamt 13.868,15 EUR (dreizehntausendachthundertachtundsechszig EUR, 15 Cent) und 1.253,18 US-Dollar (eintausendzweihundertdreiundfünfzig US-Dollar, 18 Cent) zu bezahlen. ... (betrifft Rückzahlung zuviel gezahlter Gerichtsgebühren an die Antragstellerin).
Der Rechtsspruch ist endgültig.... (betrifft Ausfertigungen).
II. Der vorstehend wiedergegebene Schiedsspruch wird in S. 1 für vollstreckbar erklärt.
III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten dieses Verfahrens.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf 14.882 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die in der Ukraine ansässige Antragstellerin und die inzwischen in Liquidation befindliche Antragsgegnerin schlossen am 17.11.2001 einen Vertrag, in dem sich die Antragstellerin verpflichtete, aus von der Antragsgegnerin gelieferten Stoffen und Materialien gegen entsprechende Bezahlung Kleidungsstücke zu fertigen. Der Vertrag enthält unter Ziff. 7 (Gerichtsstand) folgende Regelung:
7.1. Beide Seiten machen alles Mögliche, damit alle sich evtl. ergebende Differenzen durch Verhandlung erledigt werden.
7.2. Falls die Parteien beidseitig passende Lösungen nicht finden können, wird jeder sich aus diesem Vertrag ergebende Streit bei der Internationen C. A. bei der Handelskammer der Ukraine entschieden. Die Arbitrage ist von zwei oder mehreren Schiedsrichtern geführt.
7.3. Die Seiten sind damit einverstanden, dass bei der Entscheidung der Sache ein Reglement der Internationalen C. A. bei der Handelskammer der Ukraine verwendet wird.
7.4. Es gilt für diesen Vertrag ukrainisches Recht.
7.5. Sitzort der Arbitrage ist Kiew.
In der Folgezeit leistete die Antragsgegnerin auf verschiedene Rechnungen der Antragstellerin keine vollständige Zahlung, so dass diese das Schiedsgericht anrief.
Unter dem 4.11.2003 übersandte das Schiedsgericht der Antragsgegnerin und Schiedsbeklagten u.a. die Klage und eine Liste mit möglichen Schiedsrichtern. Deren damaliger Verfahrensbevollmächtigte, der Zeuge Rechtsanwalt Sch., sandte daraufhin die Liste an ein Übersetzungsbüro, welches ihm wiederum aus der Aufstellung zwei im Bereich des Wirtschaftsrechts tätige Richterinnen bezeichnete. Von diesen beiden Richterinnen benannte der Zeuge sodann die Richterin P. Dieselbe Richterin war unter dem 13.11.2003 auch von der Antragstellerin und Schiedsklägerin benannt worden. Diese eine Schiedsrichterin führte darauf das schiedsgerichtliche Verfahren durch. Unter dem 24.12.2003 hatte der Generalsekretär des Internationalen Handelsschiedsgerichts den Parteien mitgeteilt, dass unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sowohl die anrufende Partei als auch die gegnerische Partei ihrerseits als Schiedsrichter Frau P. benannt hätten, die Sache durch Frau P. als Einzelschiedsrichterin verhandelt werde. Nach der Begründung des Schiedsspruchs wurde diese Mitteilung dem Zeugen Sch. ausweislich dessen Unterschrift am 8.1.2004 per Einschreiben übergeben. Eine Beanstandung der Gerichtsbesetzung während des schiedsgerichtlichen Verfahrens erfolgte nicht. Zu den Sitzungen des Schiedsgerichts erschien kein Vertreter der Schiedsbeklagten.
Am 2.4.2005 erließ das Schiedsgericht den im Tenor auszugsweise wiedergegebenen Schiedsspruch.
Die Antragstellerin hat unter Vorlage des Schiedsspruchs im Original sowie einer beglaubigten Übersetzung beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin hat sich zunächst dem Antrag widersetzt und ihrerseits die Feststellung begehrt, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen sei. Sie hat geltend gemacht, dass das Schiedsgericht entgegen Ziff. 7.2. des Vertrags vom 17.12.2001 nicht mit zwei oder mehreren Schiedsrichtern besetzt gewesen sei, weswegen der Schiedsspruch gem. Art. V Abs. 1a des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche i.V.m. § 1061 ZPO nicht für ...