Leitsatz (amtlich)
Wenn ein Verwalter nicht selbst Wohnungseigentümer ist, sondern als Vertreter anderer Wohnungseigentümer auftritt und dabei über seine eigene Abberufung abstimmt, so geht es um die Ausübung des Stimmrechts der Miteigentümer und damit um deren Recht zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten. Der Verwalter ist deshalb weder durch § 25 Abs. 5 WEG noch durch den allgemeinen Rechtsgedanken, wonach das Mitglied einer Personenvereinigung nicht an der Entscheidung über Maßnahmen beteiligt sein soll, die die Gemeinschaft ihm gegenüber aus wichtigem Grund vornehmen will, gehindert, an einer solchen Beschlussfassung mitzuwirken.
Normenkette
WEG § 25 Abs. 5
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 04.07.2010; Aktenzeichen 36 T 2118/08) |
AG München (Aktenzeichen 484 UR II 1596/06 WEG) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 4.7.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren wird nicht angeordnet.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 26.381,28 € festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die ab 1.1.2006 von der Antragstellerin verwaltet wurde.
Wegen verschiedener Differenzen in der Zusammenarbeit der Beteiligten bot die Antragstellerin mit Schreiben vom 8.7.2006 der Wohnungseigentümergemeinschaft zunächst die einvernehmliche Beendigung des Verwaltervertrages zum 31.12.2006 an.
In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 31.8.2006 wurde jedoch, nach "lebhafter Diskussion" von einer entsprechenden Beschlussfassung abgesehen.
In einer weiteren Versammlung vom 8.11.2006 wurde unter Top II 3a einstimmig der Beschluss gefasst, einen Auflösungsvertrag zum Verwaltervertrag mit der Antragstellerin zu erstellen, und unter Top II 3b einstimmig die Abwahl der Antragstellerin mit Wirkung zum 31.12.2006 beschlossen. Die Antragstellerin, die für diese Versammlung im Besitz mindestens einer rechtsgeschäftlichen Stimmrechtsvollmacht war, wurde für diese Beschlussfassungen von der Versammlung ausgeschlossen. Zum Abschluss eines Auflösungsvertrages kam es in der Folgezeit nicht. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Beschluss des Landgerichts vom 7.4.2010 Bezug genommen.
Die Antragstellerin hat den Eigentümerbeschluss zu TOP II 3b angefochten und beantragt, festzustellen, dass der Verwaltervertrag nicht zum 31.12.2006, sondern erst zum 31.12.2007 endete. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 19.12.2007 die Anträge abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 7.4.2010 die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben, den Eigentümerbeschluss zu TOP II 3b für ungültig erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Verfahrens- und auch materiellrechtlich ist das bis 30.6.2007 geltende Wohnungseigentumsgesetz anzuwenden, nachdem die angefochtene Beschlussfassung und der Vertragsschluss vor diesem Zeitpunkt liegt (vgl. § 62 Abs. 1 WEG n.F.; Elzer WuM 2007, 295/305).
2. Das Landgericht hat ausgeführt:
Es liege ein formeller Fehler bei der Beschlussfassung vor, da die Antragstellerin für den weiteren Verlauf der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen worden sei, obwohl sie Inhaberin wenigstens einer rechtsgeschäftlichen Stimmrechtsvollmacht gewesen sei. Dieser Fehler führe auch zur Ungültigkeit des angefochtenen Beschlusses, da nicht feststehe, dass dieser auch bei einer Teilnahme der Antragstellerin an der Beratung und Abstimmung in gleicher Weise gefasst worden wäre.
Der Feststellungsantrag, dessen Abweisung durch das Amtsgericht ausweislich der Beschwerdeschrift vom 19.12.2007 ebenfalls angegriffen worden sei, sei in jedem Falle begründet, da der Beschluss selbst keine Kündigung des Verwaltervertrages enthalte und ein Aufhebungsvertrag unstreitig nicht abgeschlossen wurde.
3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 43 Abs. 1 WEG a.F., § 27 Abs. 2 FGG, § 546 ZPO). Auf die vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründe wird Bezug genommen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführer ist ergänzend auszuführen:
a) Die Auslegung des Landgerichts, die Antragstellerin habe gegen den Beschluss des Amtsgerichts unbeschränkt Beschwerde eingelegt, ist nicht zu beanstanden.
(1) An Anträge im Wohnungseigentumsverfahren nach WEG a.F. sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen hinsichtlich ihrer Bestimmtheit zu stellen, als an Anträge im Zivilprozess (BayObLG NZM 2000, 515). Sie sind in weitem Umfang auslegungsfähig, auf eine bestimmte Wortwahl kommt es nicht an. Bei der Auslegung hat das Wohnungseigentumsgericht den Willen des Antragstellers zu erforschen und ohne Bindung an den Wortlaut d...