Leitsatz (amtlich)
Die gebührenrechtliche Privilegierung für die Eintragung von Erben infolge einer Erbauseinandersetzung (Anm. 1 Satz 2) erfasst auch solche Vorgänge, in denen der Eigentumserwerb von Miterben auf der Erfüllung eines Vorausvermächtnisses beruht (Anschluss an OLG Stuttgart vom 16.7.2015, 8 W 255/15, juris).
Normenkette
KV GNotKG Nr. 14110 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Memmingen - Grundbuchamt (Beschluss vom 15.04.2015) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Memmingen - Grundbuchamt - vom 15.4.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die am 17.6.2014 verstorbene und im Grundbuch als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragene Mutter der Beteiligten zu 2 hatte mit notariell beurkundetem Testament ihren beiden zu Erben eingesetzten Kindern jeweils Vorausvermächtnisse zugewandt. Zu deren Erfüllung übertrug die Erbengemeinschaft gemäß notariellem "Vermächtniserfüllungsvertrag" vom 9.10.2014 das Eigentum am gegenständlichen Grundbesitz auf die Beteiligte zu 2.
Für die am 19.11.2014 im Grundbuch vollzogene Eintragung hat die Kostenbeamtin eine Gebühr nach Nr. 14110 KV GNotKG aus dem Wert von 117.500,00 EUR nebst Katasterfortführungsgebühr nach Art. 1 KatFortGebG, insgesamt 390,00 EUR, erhoben.
Am 11.3.2015 kam es zur Löschung des Kostenansatzes. Dem liegt die Rechtsauffassung zugrunde, dass für die Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts keine Gebühren anfielen, weil die Ausnahmeregelung der Anmerkung (Abs. 1 Satz 2) zu Nr. 14110 KV GNotKG auch dann anzuwenden sei, wenn Erben aufgrund Erfüllung eines ihnen zugewandten Vorausvermächtnisses als Eigentümer nach dem Erblasser eingetragen würden.
Die gegen die Kostenlöschung eingelegte Erinnerung der Beteiligten zu 1, Bezirksrevisorin, hat das AG - Grundbuchamt - mit Beschluss vom 15.4.2015 - der Sache nach - zurückgewiesen. Die Eintragung sei gebührenbefreit. Die Erfüllung der den Erben zugewandten Vorausvermächtnisse stehe im Ergebnis einer Erbauseinandersetzung gleich, denn die Beteiligte zu 2 sei nicht nur Vermächtnisnehmerin, sondern zugleich Erbin.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der Beschwerde vom 22.9.2015. Abs. 1 Satz 2 der Anmerkung zu Nr. 14110 KV GNotKG gewähre nach seinem Wortlaut Gebührenfreiheit für die Eintragung von Erben aufgrund Erbauseinandersetzung, sehe eine Privilegierung von Vermächtnisnehmern jedoch nicht vor. Aus dem Vorausvermächtnis erwachse dem Bedachten ein rechtlich selbständiger Anspruch, der von dessen Erbenstellung völlig unabhängig sei. Die in Abs. 1 Satz 2 der Anmerkung zu Nr. 14110 KV GNotKG angesprochene Erbauseinandersetzung vollziehe sich erst im Anschluss an die Erfüllung der Vorausvermächtnisse. Der Gesetzgeber habe bei der Neuregelung des Kostenrechts obergerichtliche Rechtsprechung kodifiziert und dabei den Begriff der Erbauseinandersetzung in einem engen Verständnis verwendet. Nach dessen Vorstellung solle die kostenrechtliche Begünstigung eine zeitnahe Grundbuchberichtigung aufgrund Erbauseinandersetzung unterstützen und dazu beitragen, die Perpetuierung von Erbengemeinschaften zu vermeiden. Einen kostenrechtlichen Anreiz für die zeitnahe Erfüllung von Vermächtnissen habe der Gesetzgeber hingegen nicht bezweckt.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
Die zuständige Einzelrichterin hat das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung mit Beschluss vom 9.12.2015 dem Senat zur Entscheidung übertragen, § 81 GBO, § 122 Abs. 1 GVG.
II. Die nach § 81 Abs. 2 Satz 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Auch wenn der angegriffene Beschluss vom 15.4.2015 dahingehend tenoriert, der Erinnerung gegen die Kostenlöschung werde "nicht abgeholfen", ergibt sich aus dessen Begründung doch zweifelsfrei, dass eine eigenständige und abschließende Sachentscheidung des Gerichts (Rechtspflegers) über die Erinnerung gegen den (unterbliebenen) Kostenansatz getroffen werden sollte (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1 GNotKG). Dem entspricht auch die weitere Verfahrensbehandlung (vgl. § 81 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GNotKG). In der Sache hat das Grundbuchamt den Kostenansatz zu Recht gelöscht, weil für die Eintragung eines (Mit-)Erben als Eigentümer in das Grundbuch ohne Voreintragung der Erbengemeinschaft auch dann keine Gebühren zu erheben sind, wenn der Eintragung eine Auflassung in Vollziehung eines Vorausvermächtnisses zugrunde liegt. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart an (Rpfleger 2015, 729 mit zust. Anm. Böhringer; siehe auch Korintenberg/Hey'l GNotKG 19. Aufl. Nr. 14110 KV Rn. 42 und 46) und nimmt auf diese ergänzend zu den nachfolgenden Erwägungen Bezug.
1. Die für die Eintragung eines (Mit-)Eigentümers im Grundbuch nach Nr. 14110 KV GNotKG anfallende Gebühr ist nach Abs. 1 Satz 1 der Anmerkung nicht zu erheben für die den Inhalt des Grundbuchs berichtigende Eintragung der Erben, sofern der Eintragungsantrag in der festgesetzten Zwei-Jahresfrist gestellt wird. Diese Vorschrift schreibt die entsprechende Re...