Leitsatz (amtlich)
1. Über die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des LG zur Bestellung von Sonderprüfern nach § 142 AktG entscheidet das OLG.
2. Zum Nachweis der Antragsberechtigung reicht die Versicherung der Antragsteller, die antragsbegründenden Aktien bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens nicht zu veräußern, grundsätzlich nicht aus.
3. Das Gericht bestellt Sonderprüfer nur dann, wenn es nach Anhörung der Gesellschaft zu der Überzeugung gelangt, dass hinreichende Tatsachen vorliegen, die den Verdacht von Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes bzw. der Satzung begründen; ob solches letztlich zutrifft, ist Gegenstand der Sonderprüfung und nicht der gerichtlichen Entscheidung.
4. Ein Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern kann erfolgreich nicht auf die Behauptung gestützt werden, dass unternehmerische Entscheidungen nicht notwendig oder nicht zweckmäßig waren.
5. Die Tatsache, dass die Gesellschaft neue Aktien zu einem Preis von 5 EUR begibt, die mittelbar an den Mehrheitsaktionär gelangen, und zeitnah neue Aktien an Mitarbeiter zum Preis von 9,30 EUR ausgibt, rechtfertigt die Bestellung von Sonderprüfern.
Normenkette
AktG § 142
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 20.03.2007; Aktenzeichen 17HK O 23205/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des LG München I vom 20.3.2007 in Ziff. I abgeändert wie folgt:
II. Es werden Sonderprüfer bestellt zur Überprüfung der Ausgabe neuer Aktien im Rahmen der Sachkapitalerhöhung zum 30.6.2005.
III. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
IV. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
V. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerinnen sind seit 1997 bzw. 2000 Aktionäre der Antragsgegnerin. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 5.594.546 EUR und ist in 5.594.546 vinkulierte Namens-Stückaktien eingeteilt. Am 20.9.2006 hielt die Antragstellerin zu 1 rund 10,3 % des Grundkapitals, die Antragstellerin zu 2 9,04 %. Rund 70 % der Aktien werden vom Gründungs- und Mehrheitsaktionär Dr. L. gehalten sowie dessen Familienangehörigen und Gesellschaften, an denen die Familie mehrheitlich beteiligt ist. Zu diesen gehört die (L. GmbH). Dr. L. war zugleich alleiniger Vorstand der Antragsgegnerin, bis im Juni 2006 als zweiter Vorstand O. bestellt wurde.
Die Antragsgegnerin ist eine Holding-Gesellschaft, deren Gegenstand u.a. die Beteiligung an Unternehmen ist, die sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von elektrooptischen Systemen befassen. Eine hundertprozentige Tochtergesellschaft ist die (E. GmbH), deren Geschäftsführer Dr. L. und O. sind; außerdem gibt es mehrere ausländische Tochtergesellschaften. Das Unternehmen befasst sich insb. mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Laser-Sinter-Systemen, für die es auch die Werkstoffe liefert und Serviceleistungen erbringt.
Die E. GmbH wickelt das Leasing-Geschäft über die (A. KG) ab. Diese wurde 1999 gegründet; ihr Geschäftszweck besteht darin, Laser-Sinter-Anlagen von der E. GmbH zu kaufen und an Endkunden zu vermieten. Kommanditisten sind der Aufsichtsratsvorsitzende der Antragsgegnerin St. und die L. GmbH, deren Gesellschafter Dr. L. sowie Mitglieder seiner Familie sind. Komplementärin ist die A. Verwaltungs GmbH, deren Gesellschafter wiederum St. und die L. GmbH sind.
Die Hauptversammlung hat am 13.12.2000 ein genehmigtes Kapital i.H.v. 1 Mio. EUR geschaffen und den Vorstand berechtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum Ablauf des 30.9.2005 das Grundkapital der Gesellschaft einmal oder mehrmals durch Ausgabe neuer auf den Namen lautender Stückaktien gegen Bar- und/oder Sacheinlage zu erhöhen. Das Bezugsrecht der Aktionäre wurde ausgeschlossen. Der Beschluss der Hauptversammlung wurde einstimmig gefasst, wobei die übrigen Aktionäre durch Dr. L. vertreten wurden, und am 17.1.2001 im Handelsregister eingetragen.
Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 29.6.2005 erwarb die Antragsgegnerin sämtliche Anteile der Kunststoffvertrieb (KVS). Der vereinbarte Kaufpreis betrug insgesamt 2 Mio. EUR. Zugleich wurde vereinbart, dass ein Kaufpreisteil von 1,75 Mio. EUR durch 350.000 neue Aktien der Antragsgegnerin beglichen werden könne, zu deren Ausgabe von dem genehmigten Kapital Gebrauch gemacht werde. Der Vorstand beschloss dementsprechend am 30.6.2005, das Grundkapital um 350.000 EUR gegen Sacheinlage zu erhöhen durch die Ausgabe von 350.000 Namensstückaktien und zur Zeichnung und Übernahme der neuen Aktien Dr. Sch. zuzulassen. Der Aufsichtsrat stimmte am 1.7.2005 zu. Im Dezember 2005 veräußerte Dr. Sch. diese 350 000 Aktien zum gleichen Stückpreis von 5 EUR an die L. GmbH, was ihm bereits im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen angeboten worden war.
Im Rahmen des genehmigten Kapitals wurden am 1.9.2005 an Mitarbeiter der Gesellschaft 19.119 neue Aktien zum Stückpreis von 9,30 EUR ausgegeben. Dieser ergab sich nach Angaben der Antragsgegnerin aufgrund der für den Mitarbeite...