Leitsatz (amtlich)
1.
Ein steuerlicher Verlustvortrag ist ein werterhöhender Faktor des Unternehmens, welcher bei der Berechnung von Abfindung und Ausgleich zu berücksichtigen ist. Für die Höhe des Wertes ist der Barwert der zu erwartenden Steuerersparnis maßgebend.
2.
Es bestehen keine Einwände gegen die Berücksichtigung latenter Steuern bei der Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens.
3.
Aus dem Stichtagsprinzip folgt, dass nur solche Umstände für die Bewertung maßgeblich sein können, welche man bei angemessener Sorgfalt kennen konnte und welche absehbar waren.
4.
Bei der Bemessung des Ausgleichs kann nicht betriebsnotwendiges Vermögen, dessen Veräußerung unmittelbar zum Stichtag bevorsteht, berücksichtigt werden.
5.
Für die Berechnung des Ausgleichs ist die Heranziehung eines risikoangepassten Berentungszinssatzes nahe liegend.
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 14.10.2004; Aktenzeichen 5 HK O 20089/97) |
Gründe
I.
Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 1 (Gesellschaft) war im Handelsregister mit dem Unternehmensgegenstand Beschaffung, Veredelung, Verarbeitung, Vertrieb, Handel, Transport und Vermittlung von folgenden Erzeugnissen, deren Vor-, Zwischen-, Neben- und Abfallprodukte sowie von ähnlichen Waren: Holz, Zellstoff, Papier, Pappe, Verpackungsmittel, Werbemittel, Druckerzeugnisse, Kunststoffe, Fasern, Fließstoffe, Pharmazeutika, Erzeugnisse der Chemie, Watte, Reinigungsmittel, Erzeugnisse der Gesundheits- und Körperpflege, Nahrungsmittel sowie von dazugehörigen Geräten, Maschinen und Produktionsmittel sowie mit dem Geschäftsgegenstand der Erbringung und Vermittlung von zusammenhängenden Dienstleistungen eingetragen.
Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 1 schloss am 29.8.1997 mit der Antragsgegnerin zu 2 als herrschender Gesellschaft einen Ergebnis- und Gewinnabführungsvertrag. Die Hauptversammlung der beherrschten Gesellschaft hat mit Beschluss vom 17.10.1997 dem Vertrag zugestimmt. Der Ergebnis- und Gewinnabführungsvertrag sieht in § 4 eine Barabfindung in Höhe von DM 281,-- je Aktie im Nennbetrag von DM 50,-- und in § 3 einen Ausgleich von DM 17,-- je Aktie im Nennbetrag von DM 50,-- vor.
Das Grundkapital der Gesellschaft betrug am 17.10.1997 je DM 354.600.900,--. Es war eingeteilt in 7.092.018 Inhaberstammaktien zum Nennwert von je DM 50,--. Der Ergebnis- und Gewinnabführungsvertrag wurde am 27.10.1997 im Handelsregister eingetragen. Die Antragsgegnerin zu 2 hielt am 17.10.1997 75,65 % am Grundkapital der beherrschten Gesellschaft.
Die Gesellschaft wies im Wesentlichen drei Kerngeschäftsfelder auf:
Ergänzend hierzu wurden unterstützende Geschäfte betrieben.
Das Geschäftsfeld Feinpapiere wurde zum 1.10.1999 in ein hälftiges Joint Venture mit der Gesellschaft (im Folgenden: Mo Do) eingebracht. Das Gemeinschaftsunternehmen wurde im Jahr 2000 an die Metsä Serla Corporation zu einem anteiligen Gesamtkaufpreis von DM 1,6 Mrd. verkauft.
Das Landgericht hat nach umfangreicher Beweisaufnahme mit Beschluss vom 14.10.2004 die Barabfindung aus dem Ergebnis- und Gewinnabführungsvertrag auf 188,67 EUR je Aktie im Nennbetrag von DM 50,-- und den Ausgleich auf 17,32 EUR brutto je Aktie im Nennbetrag von DM 50,-- abzüglich der auf inländische Erträge (41 %) entfallenden Körperschaftsteuerbelastung in Höhe des jeweils geltenden Tarifs festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss legten folgende Verfahrensbeteiligte Rechtsmittel ein:
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die Antragstellerin zu 13 am 3.11.2004
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der Antragsteller zu 20 am 8.11.2004
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die Antragstellerin zu 5 am 9.11.2004
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die Antragsteller zu 7 und 24 am 9.11.2004
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die Antragstellerin zu 15 am 9.11.2004
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die Antragstellerin zu 16 am 11.11.2004
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die Antragstellerin zu 19 am 10.11.2004
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der Antragsteller zu 14 am 10.11.2004
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der Antragsteller zu 17 am 10.11.2004
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die Antragsteller zu 2, 3, 4 und 10 am 10.11.2004
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der Antragsteller zu 9 am 10.11.2004
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die Antragstellerin zu 23 am 11.11.2004
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die Antragstellerin zu 8 am 29.11.2004.
Die Antragsgegnerinnen legten gegen die Festsetzung des Geschäftswerts in erster Instanz am 12.11.2004 Beschwerde ein.
Die Antragsgegnerinnen legten am 18.4.2005 Anschlussbeschwerde ein.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die kommissarische Einvernahme der schwedischen Zeugen G G und S M sowie durch Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Z in der mündlichen Verhandlung am 15.5.2007.
II.
Die Rechtsmittel der Verfahrensbeteiligten haben in unterschiedlichem Umfang Erfolg. Über sie ist nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes zu entscheiden
( § 17 Abs. 2 SpruchG).
Der Senat setzt nach Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 15.5.2007 die Abfindung auf 231,60 EUR zuzüglich Zinsen je Aktie im Nennwert von 50,- DM fest. Sie ist somit höher als im Ergebnis- und Gewinnabführungsvertrag vom 29.8.1997 vorgesehen.
1.
Ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag muss gemäß § 305 Abs. 1 AktG die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen e...