Leitsatz (amtlich)

1. Wird der auf Notaranderkonto hinterlegte Kaufpreis nach Rechtshängigkeit der Klage des Verkäufers gegen den Käufer auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrages von einem Gläubiger des Verkäufers gepfändet, so muss der Pfändungsgläubiger das im Prozess zwischen Verkäufer und Käufer ergehende Feststellungsurteil gegen sich gelten lassen.

2. Das gilt vorbehaltlich eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Verkäufer und Käufer grundsätzlich auch für ein Anerkenntnisurteil.

 

Verfahrensgang

LG München II (Entscheidung vom 24.06.2008; Aktenzeichen 8 T 2230/08)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 24. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1 hat den Beteiligten zu 2 und 3 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 525.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Notarbeschwerdeverfahrens ist der Streit der Beteiligten um die Auszahlung eines auf Notaranderkonto hinterlegten, von einer Pfändung betroffenen Kaufpreises.

Mit notarieller Urkunde vom 24.8.2007 verkaufte die Beteiligte zu 2 an die Beteiligte zu 3 (bzw. deren Rechtsvorgängerin, die Unterscheidung ist für die vorliegende Entscheidung unerheblich) mehrere Grundstücke. Der Kaufpreis in Höhe von 1,5 Mio EUR wurde vereinbarungsgemäß auf Notaranderkonto hinterlegt.

Die Beteiligte zu 1 hat aufgrund eines gegen die Beteiligte zu 2 gerichteten vollstreckbaren Zahlungstitels durch Beschluss des Amtsgerichts vom 4.1.2008 den angeblichen Kaufpreisanspruch der Beteiligten zu 2 gegen die Beteiligte zu 3 aus dem Kaufvertrag vom 24.8.2007 sowie den entsprechenden Auszahlungsanspruch gegen den Notar pfänden und sich in Höhe von rund 514.000 EUR zuzüglich Zinsen zur Einziehung überweisen lassen.

Schon vor der Pfändung hatten sich die Kaufvertragsparteien über die Wirksamkeit des Kaufvertrags und den weiteren Vollzug der Urkunde gestritten. Dies führte zu einem notariellen Vorbescheid vom 17.10.2007 mit anschließendem Beschwerdeverfahren, das in dritter Instanz vom erkennenden Senat am 14.3.2008 - in Unkenntnis der zwischenzeitlich ausgebrachten Pfändung - dahin entschieden wurde, dass sich der Urkundsnotar jeder Verfügung über den hinterlegten Kaufpreis zu enthalten habe (31 Wx 10/08 = DNotZ 2008, 777). In den Gründen dieser Entscheidung äußerte der Senat erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Kaufvertrages, was jedoch abschließend und mit Rechtskraft zwischen den Parteien nur im Zivilprozess geklärt werden könne. Ein solcher Zivilprozess, nämlich eine Klage der Beteiligten zu 2 gegen die Beteiligte zu 3 u. a. auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrages, war ebenfalls bereits seit 17.10.2007 beim Landgericht Amberg rechtshängig. Dieses Verfahren endete mit Anerkenntnisurteil vom 11.4.2008, das durch Rechtsmittelverzicht sofort rechtskräftig wurde. Etwa gleichzeitig schlossen die Beteiligte zu 2 und eine andere Gesellschaft aus derselben Unternehmensgruppe wie die ursprüngliche Käuferin einen neuen Kaufvertrag über im Wesentlichen dieselben Grundstücke.

Mit Drittschuldnererklärung vom 8.1.2008 hatte der Urkundsnotar die Forderung zunächst als begründet anerkannt. Nach Vorliegen des Anerkenntnisurteils vom 11.4.2008 wiesen die Beteiligten zu 2 und 3 den Notar übereinstimmend zur Auszahlung des hinterlegten Kaufpreises an die Käuferin an. Mit Vorbescheid vom 15.4.2008 kündigte der Notar an, den Kaufpreis an die Käuferin zurückzuzahlen, da wegen der rechtskräftig festgestellten Unwirksamkeit des Kaufvertrages der Pfändung die Grundlage entzogen sei. Die gegen diesen Vorbescheid erhobene Beschwerde der Beteiligten zu 1 wies das Landgericht mit Beschluss vom 24.6.2008 zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr Ziel weiter, dem Notar aufzugeben, die Rückzahlung an die Käuferin in Höhe der gepfändeten Forderung zu unterlassen. Sie ist der Auffassung, dass das Verhalten der Beteiligten zu 2 und 3 ein rechtsmissbräuchlicher Versuch sei, die Pfändung der Beteiligten zu 1 zu unterlaufen; das Anerkenntnisurteil könne ihr gegenüber keine Wirksamkeit entfalten.

II. Die zulässige Beschwerde (§ 15 Abs. 2 BNotO, §§ 27, 29 FGG) hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 54c Abs. 2 BeurkG habe der Notar die übereinstimmende Anweisung der Parteien des Kaufvertrages vom 24.8.2007 zu beachten und den Kaufpreis zurückzuzahlen. Ein Ausnahmetatbestand nach § 54d BeurkG liege nicht vor: Weder würde der Notar bei Befolgung der Weisung an der Erreichung unerlaubter oder unredlicher Ziele mitwirken, noch drohe den Vertragsparteien durch die Rückzahlung ein unwiederbringlicher Schaden. Es sei rechtskräftig festgestellt, dass der Kaufvertrag von Anfang an nicht wirksam zustande gekommen sei. Der Notar verletze daher keine Amtspflicht gegenüber der Beteiligten zu 1, wenn er die Rückzahlung an die Käuferin vornehme; d...

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