Entscheidungsstichwort (Thema)
Elternumgang - Voraussetzungen für ein Wechselmodell
Leitsatz (amtlich)
1. Zwischen Eltern ergibt sich bei der praktischen Verwirklichung der geteilten Betreuung erhöhter Abstimmungs- und Kooperationsbedarf, was geeignete äußere Rahmenbedingungen, aber auch eine entsprechende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraussetzt. (Rn. 24)
2. Bei bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung entspricht das Wechselmodell in der Regel nicht dem Kindeswohl. (Rn. 24)
Normenkette
BGB § 1696 Abs. 1; FamFG § 156 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 16.07.2020; Aktenzeichen 565 F 4193/20) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - München vom 16.07.2020 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Eltern des Kindes C. K., geb. ... 2013.
Zwischen den Beteiligten waren mehrere Streitigkeiten wegen des Umgangs des Antragstellers mit C. gerichtlich anhängig. Zuletzt wurde dieser im Verfahren 561 F 10490/16 nach Einholung eines Sachverständigengutachtens am 08.12.2017 einvernehmlich geregelt.
Am 16.11.2018 beantragte der Antragsteller im Verfahren 561 F 10422/18 die Ausweitung des Umgangs zu einem Wechselmodell. Dieser Antrag wurde vom Amtsgericht München am 28.06.2019 zurückgewiesen, die hiergegen beim Oberlandesgericht München eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg (12 UF 949/19). Die Entscheidung des Oberlandesgerichts datiert vom 21.11.2019.
Mit Anträgen vom 05.05. und 18.05.2020 beantragte der Antragsteller erneut die Ausweitung des Regel- und Ferienumgangs und damit eine Abänderung der bestehenden, zwischen den Beteiligten einvernehmlich getroffenen und gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung.
Das Amtsgericht München hat nach Anhörung des Kindes sowie des Verfahrensbeistandes und Jugendamtes den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.
Gegen diese, dem Antragsteller am 21.07.2020 zugestellte Entscheidung, wendet er sich mit seiner am 20.08.2020 beim Amtsgericht München eingegangenen Beschwerde, mit der er mit seinem Sohn C. Umgang im 14tägigen Turnus von Donnerstag nach Schulschluss bis Montag früh bis Schulbeginn begehrt, hilfsweise von Freitag nach Schulschluss bis Montag Schulbeginn in 14tägigem Turnus.
Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, dass es bereits nach der Trennung der Eltern im Jahr 2015 sein Wunsch gewesen sei, C. in einem sogenannten paritätischen Wechselmodell zu betreuen.
Der Wille von C. könne nicht herangezogen werden, da ein freier Wille von der Antragsgegnerin gar nicht zugelassen würde.
Das Jugendamt habe Änderungen der bestehenden Vereinbarung empfohlen. Die Verfahrensbeiständin sei ihrem obliegenden Auftrag nicht vollumfänglich nachgekommen.
Auch gäbe es entgegen des Vortrags der Antragsgegnerin sehr wohl eine Kommunikation und Kooperation zwischen den Beteiligten. Lediglich hinsichtlich des Umfangs des Umgangs des Antragstellers mit C. könnten sich die Eltern nicht einvernehmlich positionieren.
Das Amtsgericht habe sich auch nicht damit auseinandergesetzt, ob die Anordnung eines erweiterten Umgangs unter Berücksichtigung anerkannter Kriterien des Kindeswohls vorliegend geboten sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Eine Abänderung der bisherigen Regelung aus triftigen, das Kindeswohl nachhaltig beeinträchtigenden Gründen liege nicht vor.
Offensichtlich übersehe der Antragsteller den stringent geäußerten Wunsch von C., es solle alles so bleiben wie bisher. Der Wille von C. sei klar, eindeutig und autonom. Ein Sachverständigengutachten sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Eine Kommunikation und Kooperation zwischen den Eltern gebe es nicht. Die Beziehung sei belastet und sie könnten sich nicht über die Belange von C. austauschen.
Die Erziehungseignung des Antragstellers werde massiv in Zweifel gezogen durch die vielen Verfahren, in die er auch den gemeinsamen Sohn C. hineingezogen habe.
Telefonkontakte zwischen Mutter und Sohn würden vom Antragsteller während dessen Umgangszeiten nicht proaktiv unterstützt. Der Antragsteller wolle nicht, dass Mutter und Sohn während seines Umgangs telefonierten.
Das Jugendamt hat sich mit Schreiben vom 23.09.2020 (Blatt 81 der Akten) und mit Schreiben vom 16.12.2020 (Blatt 129 der Akten) dahingehend positioniert, dass die getroffene einvernehmliche Regelung der Beteiligten beibehalten werden solle. Das Begehren des Antragstellers beinhalte eine Umgangserweiterung, die einem Wechselmodell angenähert sei. Dies würde aus pädagogischer Sicht abgelehnt.
Der Verfahrensbeistand hat mit Schriftsatz vom 02.10.2020 darauf hingewiesen, dass die von den Beteiligten getroffene Umgangsregelung nach einem vorangegangenen Sachverständigengutachten am 08.12.2017 einvernehmlich getroffen worden sei. Lediglich der Umstand, dass C. nunmehr statt dem Kindergarten die Schule besuche...