Leitsatz (amtlich)
Für die Schätzung des Unternehmenswertes bei einem Stichtag Anfang 2010 kann ein Risikozuschlag von 4 % geeignet sein, wenn das Risiko des zu bewertenden Unternehmens in etwa dem des gesamten Marktes entspricht.
Normenkette
AktG §§ 327a, 327f
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 28.03.2013; Aktenzeichen 1 HK O 9302/10) |
Tenor
I. Die Beschwerden der Antragsteller zu 18, 39-42, 53, 70, 71, 82-85, 88-91 und 94 gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 28.3.2013 werden zurückgewiesen.
II. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die Vergütung und die Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre.
IV. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Beschwerdeverfahren nicht statt.
V. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 582.112 EUR festgesetzt.
VI. Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.984,92 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die angemessene Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre.
Die Antragsteller waren Aktionäre der T. AG. Die Gesellschaft vertreibt europaweit Kopierer, Scanner, Drucker- und Faxgeräte, die die Antragsgegnerin herstellt, sowie zugehörige Dienstleistungen. Die Antragsgegnerin hatte am 16.12.2008 ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot zum Preis von 1,90 EUR je Aktie unterbreitet. Auf Verlangen der Antragsgegnerin beschloss die Hauptversammlung am 20.4.2010, die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 13.10.2010, die Veröffentlichung am 15.10.2010. Die angemessene Barabfindung wurde im Übertragungsbericht mit 1,90 EUR je Aktie festgestellt, entsprechend - leicht gerundet - dem durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs in den drei Monaten vor Bekanntgabe des Übertragungsverlangens am 30.11.2009 i.H.v. 1,89 EUR. Unter Anwendung des Ertragswertverfahrens ermittelten die Bewerter den Wert je Aktie mit 1,78 EUR. Dabei verwendeten sie einen Basiszinssatz vor Steuern von 4,0 %. Den Risikozuschlag ermittelten sie aus einer Marktrisikoprämie nach Steuern von 4,5 % und einem verschuldensabhängigen Betafaktor zwischen 1,354 (Rumpfgeschäftsjahr 2010) und 1,079 (Phase II). Für die Phase II setzten sie einen Wachstumsabschlag von 1,0 % an. Die gerichtlich bestellte Prüferin kam in ihrem Bericht vom 5.3.2010 zu dem Ergebnis, dass die festgesetzte Barabfindung angemessen sei.
95 Antragsteller haben die festgelegte Barabfindung als zu niedrig angegriffen und die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung verlangt. Sie haben insbesondere die Planung kritisiert, die von einem zu geringen Wachstum ausgehe und den Konjunkturaufschwung 2010 nicht berücksichtige. Basiszinssatz und Marktrisikoprämie seien zu hoch, desgleichen der Risikozuschlag, der Wachstumsabschlag zu niedrig. Die Pensionslasten seien zu Unrecht als negativer Sonderwert berücksichtigt anstatt als Aufwand in die Planung eingestellt worden.
Das LG hat mit Verfügung vom 25.7.2012 der Prüferin einen Fragenkatalog übermittelt, den diese mit Schreiben vom 20.9.2012 beantwortet hat. Die Mitarbeiter der Prüferin sind im Termin vom 11.10.2012 angehört worden. Sie haben ferner eine ergänzende Stellungnahme vom 5.11.2012 vorgelegt. Mit Beschluss vom 28.3.2013 hat das LG die angemessene Barabfindung auf 2,13 EUR je Aktie festgesetzt. Die Erhöhung ergebe sich aufgrund einer bei der Bestimmung des Kapitalisierungsfaktors notwendigen Korrektur. Die gutachtliche Stellungnahme der Bewerterin im Rahmen des Übertragungsberichts, der Bericht der gerichtlich bestellten Prüferin, die im Verfahren eingeholte weitere Stellungnahme sowie die Ausführungen der Mitarbeiter bei der Anhörung durch das Gericht seien geeignet und ausreichend, über die entscheidungserheblichen Bewertungsfragen zu befinden und den Wert des Unternehmens der T. AG zu schätzen. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich. Grundlage der Wertermittlung sei die Planung der T. AG, die nach den Feststellungen der Prüferin und den Angaben ihrer Mitarbeiter nicht von Dritten im Hinblick auf die Strukturmaßnahme beeinflusst sei. Die Prüferin beurteile die Planung als nachvollziehbar und angesichts der Wettbewerbssituation und der allgemeinen Marktentwicklung eher ambitioniert, denn flach. Die Ausschüttungsannahmen seien nicht zu beanstanden, auch nicht der Ansatz einer typisierten Veräußerungsgewinnbesteuerung in Höhe des halben nominellen Steuersatzes auf die Wertbeiträge aus Thesaurierung.
Der Basiszinssatz von 4 % sei aus Zinsstrukturdaten in dem Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung ermittelt und von ungerundet 4,03 % auf 4 % abgerundet. Abweichend von Gutachterin und Prüferin sei ein Risikozuschlag von 4,5 % für die Phase der Detailplanung und von 4,0 % für die Phase der ewigen Rente angemessen. Die Verhältnis...