Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung, Regulierung, Schadensregulierung, form, Haftung, Umfang, Beurteilung, Versicherung, Fahrzeug, Anforderungsprofil, Sicherung, Bedeutung, Inanspruchnahme, Schadensabwicklung, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 28.05.2021; Aktenzeichen 9 O 2699/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten vom 16.06.2021 gegen das Endurteil des LG Traunstein vom 28.05.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das vorgenannte Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 19.953,88 EUR.
Gründe
I. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat nach einhelliger Überzeugung des Senats in der Sache keine Aussicht auf Erfolg und ist deshalb, da die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordert, gem. § 522 II 1 ZPO zurückzuweisen.
Zur Begründung wird zunächst gemäß § 522 II 3 ZPO auf den Hinweis des Senats vom 18.10.2021 und den weiteren Hinweis vom 16.12.2021 Bezug genommen. Nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Beachtung der von der Beklagten im Schriftsatz vom 19.01.2022 vorgebrachten Ausführungen bleibt der Senat bei seiner zuletzt mitgeteilten Rechtsauffassung. Im Hinblick auf die Stellungnahme der Berufungsführerin ist ergänzend Folgendes zu bemerken:
1. Beurteilung der Erklärung der C. G. GmbH vom 06.07.2020 nach nationalem Recht
a) Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten im benannten Schriftsatz bleibt der Senat bei seiner Auffassung, wonach die Erklärung der C. G. GmbH nach deutschem Recht zu bemessen ist:
Der Beklagten ist zuzustimmen, dass - worauf auch der Senat schon hingewiesen hat - § 163 Abs. 4 Satz 1 VAG den Aufgabenbereich des Schadenregulierungsbeauftragten beschreibt. Darüber hinaus legt § 163 VAG aber auch das Anforderungsprofil (Art. 4 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 und 5 4. KH-RL) entsprechend den europäischen Vorgaben fest (vgl. Nomos-BR/Laars VAG/Reinhard Laars/David Both, 4. Aufl. 2017, VAG § 163 Rn. 1-3). Dem Schadenregulierungsbeauftragten kommt insbesondere die Aufgabe zu, die berechtigten Schadensersatzansprüche in vollem Umfang zu regulieren (vgl. MüKoStVR, I. Das System der Grünen Versicherungskarte und der EU-Kfz-Haftpflichtversicherungsrichtlinien Rn. 51, beckonline). Er tritt insoweit "faktisch an die Stelle des KH-Versicherers" (vgl. Bachmeier, Regulierung von Auslandsunfällen, Unfallschadensregulierung bei Auslandsbeteiligung Rn. 473, beckonline). Insoweit ist es folgerichtig, wenn der Senat unter Bezugnahme auf die Ausführungen von Bachmeier, a.a.O. in seinem Beschluss vom 16.12.2021 darlegt, dass der Schadensregulierungsbeauftragte in Wahrnehmung dieser Funktion "nicht bloßer Vertreter des Versicherers [ist], worauf Art. 4 [Anmerkung des Senats: Art. 4 der 4. KH-RL] zunächst hindeutet, sondern mit eigenen Befugnissen auszustatten [ist], wie sich aus Abs. 5 Anmerkung des Senats: nicht § 163 Abs. 5 VAG, sondern Art. 4 Abs. 5 Satz 1 der 4. KH-RL, wonach Schadensregulierungsbeauftragte über ausreichende Befugnisse verfügen müssen, um das Versicherungsunternehmen gegenüber Geschädigten zu vertreten und um deren Schadensersatzansprüche in vollem Umfang zu befriedigen ergibt. Im Verhältnis zum Geschädigten darf seine Regulierungsbefugnis nicht eingeschränkt werden" (vgl. Bachmeier, a.a.O.).
Bei der Beurteilung des Regelungsgehalts des § 163 VAG darf auch nicht vergessen werden, dass die Vorschrift, welche inhaltlich unverändert den bisherigen § 7 b VAG aF und § 13 d Nr. 9 VAG aF (Abs. 2) entspricht, durch das Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 10.7.2002 (BGBl. I S. 2586) eingefügt worden ist, welches wiederum der Umsetzung der RL 2000/26/EG (Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-RL, ABl EG Nr. L 181 vom 20.7.2000, S. 65 - 4. KH-Rl) dient. (vgl. Nomos-BR/Laars VAG/Reinhard Laars/David Both, a.a.O.). Die Vorschrift ist daher im Lichte der europarechtlichen Vorgaben zu würdigen.
Zwar ist es zutreffend, dass § 163 VAG neben der Ansässigkeit oder Niederlassung des Schadensregulierungsbeauftragten in dem Staat, für den er benannt ist (§ 163 Abs. 3 Satz 1 VAG) ausdrücklich nur verlangt, dass der Schadensregulierungsbeauftragte in der Lage sein muss, den Fall in der Amtssprache oder den Amtssprachen des Staats zu bearbeiten, für den er benannt ist (§ 163 Abs. 3 Satz 4 VAG). Hieraus kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass Erklärungen des Schadensregulierungsbeauftragten im Zuge der vollständigen Schadensregulierung nicht nach dem Recht des Wohnsitzmitgliedstaates zu bemessen wären, sofern sie - wie vorliegend - die Regulierungsfrage be...