Leitsatz (amtlich)

1. Zur Berücksichtigung geänderten materiellen Rechts in der Rechtsbeschwerdeinstanz.

2. Zum Vollzug eines Grundstücksgeschäfts mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter im Grundbuch eingetragen sind, nach Inkrafttreten der dafür maßgeblichen Vorschriften des ERVGBG.

 

Normenkette

GBO § 47; BGB § 899a; EGBGB Art. 229 § 21

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Entscheidung vom 11.05.2009; Aktenzeichen 4 T 1003/09)

AG Traunstein (Entscheidung vom 06.03.2009)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 werden der Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 11. Mai 2009 sowie die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Traunstein - Grundbuchamt - vom 6. März 2009 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Amtsgericht Traunstein - Grundbuchamt - zurückgegeben.

 

Gründe

I. Als Eigentümer eines Grundstücks (Verkehrsfläche) sind im Grundbuch seit 13.6.1997 die Brüder B., die Beteiligten zu 2 und 3, "als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts" eingetragen. Zu notarieller Urkunde vom 17.2.2009 wurde das Grundstück an den Beteiligten zu 4 veräußert. Die Beteiligten zu 2 und 3 handelten hierbei für die "Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wie sie im Grundbuch eintragen ist" (= Beteiligte zu 1).

Zur Urkunde des Notars versicherten sie, dass sie die Inhaber der gesamten Geschäftsanteile sind und keine Abtretung der Geschäftsanteile außerhalb des Grundbuchs stattfand. Gemäß Ziff. 4 des notariellen Vertrags bewilligt und beantragt der Veräußerer die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch zur Sicherung des Anspruchs des Erwerbers auf Übertragung des Vertragsgrundbesitzes.

Am 27.2.2009 hat der Notar gemäß § 15 GBO den Antrag zur Eintragung der Vormerkung gestellt. Mit Zwischenverfügung vom 6.3.2009 hat das Grundbuchamt dem Notar unter Fristsetzung aufgegeben, ergänzend noch den Gesellschaftsvertrag und alle Nachträge hierzu in der Form des § 29 GBO vorzulegen. Außerdem sei von den Gesellschaftern an Eides Statt zu versichern, dass diese Urkunden vollständig sind. Der eingelegten Beschwerde hat das Grundbuchamt am 27.3.2009 nicht abgeholfen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11.5.2009 das Rechtsmittel zurückgewiesen. Gegen die landgerichtliche Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Notars vom 26.5.2009.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg, ohne dass es noch auf die von den Instanzgerichten aufgeworfenen grundbuchrechtlichen Nachweisfragen ankommt.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Zwischenverfügung sei zutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 4.12.2008, V ZB 74/08 = NJW 2009, 594) sei die Gesellschaft selbst Eigentümerin des Grundstücks und müsse als solche im Grundbuch eingetragen werden. Die gesetzliche Vermutung des § 891 BGB gelte nicht mehr ohne weiteres zugunsten der nach früherer Rechtsauffassung im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter. Ihre Eintragung biete keinen Rechtsschein dahingehend, dass sie jedenfalls zu einem späteren Zeitpunkt, nach etlichen Jahren, noch zur Vertretung der Gesellschaft befugt seien. Deshalb bedürfe es zumindest nach längerem Zeitablauf seit der letzten Grundbucheintragung eines Nachweises der Vertretungsbefugnis. Solche Nachweise seien auch nicht deshalb entbehrlich, weil keine konkreten Anhaltspunkte für Veränderungen ersichtlich seien. Die zur Eintragung erforderlichen Erklärungen müssten in öffentlich beglaubigter Form und alle anderen Voraussetzungen durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. Die vom Grundbuchamt angeforderten Nachweise, insbesondere die Vorlage des Gesellschaftsvertrags sowie sämtlicher Nachträge in der Form des § 29 GBO, ferner ergänzende eidesstattliche Versicherungen der beiden Gesellschafter, seien sachgerecht und zutreffend.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der Rechtsprüfung (§ 78 Satz 1 GBO) nicht stand.

Der Senat hat das zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende materielle Recht zugrunde zu legen. Denn es ist ein allgemeiner, auch im Grundbuchverfahren geltender Grundsatz, dass bei einem Wechsel der Gesetzgebung die angefochtene Entscheidung in der Rechtsbeschwerdeinstanz allein im Rahmen des neuen und nicht des früheren, vom Beschwerdegericht angewandten materiellen Rechts zu prüfen ist, wenn es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das strittige Rechtsverhältnis erfasst (BayObLGZ 1977, 200, 202 f. m.w.N.; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 16; Demharter GBO 26. Aufl. § 78 Rn. 10).

a) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist materiell grundbuchfähig, d.h. sie kann Eigentum an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erwerben.

Daran änderte es auch in der Vergangenheit nichts, wenn ein solcher Rechtserwerb durch die GbR nicht unter der für diese von ihren Gesellschaftern vereinbarten Bezeichnung im Grundbuch gebucht werden konnte. Ein Grundstück, als dessen Eigentümer mehrere n...

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