Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung der sofortigen Wirksamkeit, Betreuungsunterhalt, Sofortige Wirksamkeit, Entscheidung des Beschwerdegerichts, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Angefochtener Beschluss, Familienstreitsachen, Verfahrensbevollmächtigter, Unterhaltsberechtigter, Unterbliebene Entscheidung, Beschlüsse des Amtsgerichts, Vollstreckungseinstellung, Unterhaltsverpflichtung, Rückständiger Unterhalt, Kostenentscheidung, Unterhaltsrückstände, Gesetzgebung, Familiengerichte, Unterhaltsansprüche, Antragsgegner

 

Verfahrensgang

AG Starnberg (Beschluss vom 23.05.2023; Aktenzeichen 001 F 1040/21)

 

Tenor

1. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses des Amtsgerichts Starnberg vom 23.05.2023, Az: 001 F 1040/21, wird angeordnet, soweit der Antragsgegner in Ziffer 1 verpflichtet wird, ab Mai 2023 einen im Voraus zu zahlenden Betreuungsunterhalt in Höhe von 431,- EUR monatlich, fällig jeweils zum Monatsersten, an die Antragstellerin zu bezahlen.

Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin vom 23.08.2023, die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses des Amtsgerichts Starnberg vom 23.05.2023 auszusprechen, zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 23.05.2023 hat das Amtsgericht Starnberg den Antragsgegner verpflichtet, ab Mai 2023 gem. § 1615 l BGB Betreuungsunterhalt in Höhe von 431,00 EUR monatlich sowie rückständigen Betreuungsunterhalt in Höhe von insgesamt 22.701,68 EUR nebst Zinsen an die Antragstellerin zu bezahlen. Im Übrigen wurde der Antrag der Antragstellerin vom 17.04.2023 zurückgewiesen. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wurde nicht angeordnet, ohne dass der Beschluss eine Begründung hierzu erhält.

Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25.05.2023 Beschwerde eingelegt. In ihrer Beschwerdebegründung vom 23.08.2023 beantragt sie, im Rahmen einer Vorabentscheidung die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses gem. §§ 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 718 Abs. 1 ZPO anzuordnen. Gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG solle das Gericht die sofortige Wirksamkeit anordnen, soweit die Endentscheidung eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt enthält. Das habe das Amtsgericht ohne Begründung unterlassen.

Mit Schriftsatz vom 16.10.2023 wendet sich der Antragsgegner gegen die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses durch das Beschwerdegericht. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit gehabt, innerhalb von 2 Wochen die Ergänzung der Endentscheidung zu beantragen. Die unterbliebene Entscheidung könne vom Beschwerdegericht nicht nachgeholt werden.

II. Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Wirksamkeit des von der Antragstellerin angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Starnberg vom 23.05.2023 ist im Hinblick auf Ziffer 1 des Beschlusses zum laufenden Betreuungsunterhalt zulässig und begründet. Im Hinblick auf den rückständigen Unterhalt ist er unbegründet.

1. Das Amtsgericht hat die sofortige Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung nicht angeordnet und dies auch nicht etwa bewusst unterlassen. Das ergibt sich daraus, dass § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG eine Soll-Vorschrift ist, so dass die Abweichung hiervon besonderer Begründung bedarf. Es fehlt aber jede Begründung des Amtsgerichts zu dieser Frage. Es ist umstritten, ob eine in erster Instanz versehentlich unterbliebene Entscheidung nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG durch das Beschwerdegericht nachgeholt werden kann.

1.1. Die inzwischen wohl herrschende Meinung in der Literatur und Rechtsprechung ist der Auffassung, dass die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit für die Unterhaltsverpflichtung in der Beschwerdeinstanz nachgeholt werden kann (Kammergericht - 13. Zivilsenat - Beschluss vom 27.12.2013 - 13 UF 110/13 -; OLG Bamberg, Beschluss vom 22.06.2012 - 2 UF 296/11 - BeckRS 2012, 18395 = FamRZ 2013, 481; Sternal/Weber, 21. Aufl. 2023, FamFG § 116 Rn. 18; Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, Kommentar, 44. Aufl. 2023, § 116 FamFG Rn. 14; und Seiler a.a.O. § 120 Rn. 5; aA OLG Karlsruhe Beschluss vom 28. 2. 2013 - 18 UF 363/12, in NJOZ 2013, 1925). Nach überwiegender Auffassung stützt sich das auf § 120 Abs. 1 i. V. m.. mit § 718 ZPO. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen des Kammergerichts in seiner Entscheidung vom 27.12.2013 (13 UF 110/13), denen sich der Senat anschließt:

Nach Auffassung des Gesetzgebers sollen die Regelungen der §§ 116 Abs. 3, 120 Abs. 2 FamFG die differenzierte Konstruktion der vorläufigen Vollstreckbarkeit in der ZPO ersetzen (BT-Drucks. 16-6308, S. 224). Die Vorschriften des § 120 Abs. 2 S. 1 und 3 FamFG sind denen des § 62 Abs. 1 Satz 1 und 3 ArbGG nachgebildet (a.a.O. S. 226); das gilt der Sache nach auch für die jeweiligen Sätze. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich gegen die Initiative des Bundesrates (a.a.O. S. 373) darauf verzichtet, in Familienstreitsachen die ZPO-Regelungen uneingeschränkt zu übernehmen (a.a.O. S. 412). Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FamFG sind Endentscheidungen des Amtsgerichts mit dem Wirksamwerden vollstreckbar. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FamFG werden Entsche...

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