Leitsatz (amtlich)
Der "All Cops Are Bastards" bedeutende Schriftzug "ACAB" auf der Hose des Angeklagten erfüllt den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB, wenn er gegenüber einem zahlenmäßig überschaubaren und gegenüber der Gesamtgruppe klar umgrenzbaren Kreis von zum Kollektiv gehörenden Personen gezeigt wird. Dies ist bei Polizeibeamten, die an einem konkreten Einsatz teilnehmen, der Fall.
Nachgehend
Gründe
Das Amtsgericht München verurteilte den Angeklagten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen. Gegen dieses Urteil legten der Angeklagte Rechtsmittel und die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Die Staatsanwaltschaft beschränkte ihre Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch.
Das Landgericht München I verwarf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft als unbegründet. Hiergegen richtete sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügte.
Die zulässige Revision ist unbegründet.
(...)
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
1. Die ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge ist unbegründet. (...)
2. Auch die erhobene Sachrüge ist unbegründet.
Das Revisionsgericht kann eine Entscheidung im Rahmen der Sachrüge nur auf Rechtsfehler überprüfen. Es ist dabei insbesondere auf die Prüfung beschränkt, ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet worden ist. Es prüft, ob die Urteilsfeststellungen eine tragfähige Grundlage für diese Prüfung bieten, insbesondere, ob sie frei von Lücken, Widersprüchen und Verstößen gegen Denk- und Erfahrungssätze sind (Meyer-Goßner aaO § 337 Rdn. 26 ff.).
Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung wegen Beleidigung.
Die Beleidigung setzt einen rechtswidrigen Angriff auf die Ehre einer anderen Person durch vorsätzliche Kundgabe der Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung voraus (Fischer 60. Aufl. StGB § 185 Rdn. 4; Hilgendorf in Leipziger Kommentar StGB 11. Aufl. § 185 Rdn. 1).
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Geschädigte den Schriftzug auf der Hose des Angeklagten "ACAB" für die Worte All cops are bastards, d.h. als alle Polizisten sind Bastarde, verstehen durfte und sich dadurch in seiner Ehre gekränkt fühlte.
a) Der Tatbestand der Beleidigung erfordert die gewollte Kundgabe der Missachtung, Geringschätzung oder Nichtbeachtung eines anderen, d.h. deren Manifestation durch ein Verhalten mit einem entsprechenden Erklärungswert, gleichgültig, ob es sich dabei um Äußerungen durch Wort, Schrift, Bild, Gesten symbolische Handlungen oder Tätlichkeiten handelt (Lenckner/Eisele aaO § 185 Rdn. 8; BayOLG Beschluss vom 20.10.2004 Az.: 1 StRR 153/04 zitiert nach [...] Rdn. 17). Hierbei ist maßgeblich dafür, ob eine Äußerung die Missachtung eines anderen zum Ausdruck bringt, nicht, wie der Täter sie versteht oder wie der Empfänger sie tatsächlich verstanden hat, sondern wie er sie verstehen durfte, d.h. ihr durch Auslegung zu ermittelnder objektiver Sinngehalt (Lenckner/Eisele aaO). Es ist hierbei die Gesamtheit der äußeren und inneren Umstände zu berücksichtigen, insbesondere Ton, Alter, Stellung, persönliche Eigenschaften und Beziehungen der Beteiligten, die Anschauungsweise der beteiligten Kreise und ihre Gewöhnung an bestimmte Redewendungen, die Ortsüblichkeit bestimmter Ausdrücke und die Umstände, unter denen die Äußerung erfolgt ist (Lenckner/Eisele aaO). Handlungen oder Äußerungen von schlechthin beleidigendem Charakter gibt es nicht, vielmehr kommt es immer darauf an, wer was zu wem sagt und unter welchen Umständen dies geschieht (Lenckner/Eisele aaO).
b) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der Schriftzug nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles objektiv den Sinngehalt hat "All cops are bastards", d.h. alle Polizisten sind Bastarde. Das Landgericht ist vom objektiven Sinngehalt ausgegangen, wie ihn ein unbefangener verständiger Dritter versteht (BayOLG aaO Rdn. 21). Ausgehend von den Buchstaben "ACAB" hat es sich mit den in Frage kommenden aufdrängenden Deutungsmöglichkeiten (Seite 6 bis 8 BU) auseinandergesetzt und in rechtsfehlerfreier Weise unter Berücksichtigung der konkreten Situation diejenigen ausgeschieden, die nicht zur Bestrafung führen können (BayOLG aaO Rdn. 21).
c) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte den Schriftzug ACAB gegenüber dem Geschädigten kundgetan hat durch das Tragen der Hose mit dem deutlich sichtbaren Schriftzug.
d) Das Landgericht hat zudem ohne Rechtsfehler festgestellt, dass der Geschädigte als Angehöriger einer Personengemeinschaft unter einer Kollektivbezeichnung beleidigt worden ist.
Voraussetzung der Beleidigung einer Mehrheit einzelner Personen unter einer Kollektivbezeichnung ist, dass es sich um einen verhältnismäßig kleinen, hinsichtlich der Individualität seiner Mitglieder überschaubaren Kreis handelt, d.h. der fragliche Personenkreis muss zahlenmäßig überschaubar sein und die bezeichnete Personengrupp...