Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Erbanteilsabtretung bei irriger Vorstellung über die Höhe der Erbquote
Leitsatz (amtlich)
Zur Richtigstellung einer als solcher namentlich bezeichneten Erbengemeinschaft sowie ihrer Eintragungsgrundlage.
Bei Gesamthandsverhältnissen wie z.B. der Erbengemeinschaft werden Bruchteile der Berechtigten im Grundbuch nicht eingetragen.
Zur Auslegung einer Erbanteilsabtretung als umfassend, wenn sich nachträglich eine höhere Erbquote als ursprünglich angenommen herausstellt.
Normenkette
GBO § 18 Abs. 1, § 22 Abs. 1 S. 1, §§ 29, 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1; BGB § 119 Abs. 2, §§ 133, 142, 891, 2032-2033; FamFG § 26
Verfahrensgang
AG München - Grundbuchamt |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG München - Grundbuchamt - vom 2.7.2015 aufgehoben.
Gründe
I. Im Grundbuch ist als Eigentümerin von Grundbesitz die Erbengemeinschaft nach der 1952 verstorbenen Ma.M. eingetragen. Mitglied der ursprünglich siebenköpfigen Erbengemeinschaft war F. O. (Nr. 8/V); des weiteren gehörte er auch der Erbengemeinschaft einer 1954 verstorbenen Miterbin (A. R.) an (Nr. 8/VI). F. O. ist am 5.6.1964 verstorben. Der Erbschein des AG W. (jetzt AG F.) vom 4.11.1964 wies als Erben seine Ehefrau A. O. (1/2) und seine Kinder A. K. und Ma. W. zu je 1/4 aus. A. O. verstarb am 15.9.1964 und wurde gemäß Erbschein vom 4.11.1964 beerbt von ihren Kindern A. K., Ma. W. und A1 A. Zu notarieller Urkunde vom 30.3.1966 traten A. K. ihre Erbanteile an den Nachlässen ihres Vaters F. O. und ihrer Mutter A. O. sowie A1 A. seinen Erbanteil am Nachlass seiner Mutter A. O. an E. F. und R1 F. zu gleichen Teilen ab, die ihrerseits die Erbteilsabtretungen annahmen.
Im aktuellen am 27.8.1971 angelegten Grundbuch sind die Erbengemeinschaften "nach F. O." (zu Nr. 1d I - III sowie zu Nr. 1j I und II) mit Ma. W. sowie den beiden ihrerseits inzwischen verstorbenen Erbteilserwerbern R1 F. und E. F. zu je 1/2 aufgrund Erbanteilsübertragungen von A. K. und A1 A. ausgewiesen.
Mit Beschluss des AG vom 8.6.1998 wurde der Erbschein nach dem verstorbenen F. O. eingezogen, nachdem ein notarieller Ehe- und Erbvertrag der Eheleute F. und A. O. vom 18.3.1947 aufgetaucht und am 30.3.1998 eröffnet worden war, wonach sich die Eheleute gegenseitig zu (Allein-)Erben eingesetzt hatten.
Zu notarieller Urkunde vom 9.12.2013 überließ der Beteiligte zu 1 als durch Erbschein ausgewiesener Alleinerbe seiner Ehefrau Ma. W. den Erbanteil (1/3) am Nachlass von A. O. seiner Tochter und seiner Enkelin, den Beteiligten zu 2 und 3, zu gleichen Teilen. Zugleich wurde Berichtigung des Grundbuchs "durch richtige Eintragung der Erbfolge nach Herrn F. O. (= Alleinerbin Frau A. O.) und nach Frau A. O. (A. K., Ma. W., und A1 A. zu gleichen Anteilen)" nebst Berichtigung - soweit erforderlich - wegen des aktuellen Erbfalls (Ma. W.) beantragt.
Das Grundbuchamt hat am 2.7.2015 fristsetzende Zwischenverfügung wegen folgenden Hindernisses erlassen:
Das Grundbuch könne derzeit hinsichtlich der Erbfolge nach F. und A. O. nicht berichtigt werden, weil nicht habe ermittelt werden können, ob A1 A. noch Mitglied der Erbengemeinschaft sei und daher einzutragen wäre. Mit Rücksicht auf den Erbvertrag sei der Anteil von A1 A. als Erbeserbe größer, als bisher bekannt gewesen sei. A1 A. habe seinen Erbanteil am 30.3.1966 übertragen. Aus der Urkunde ergebe sich nicht, ob durch die Übertragung ein generelles Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft unabhängig davon gewollt gewesen sei, ob noch weiterer Nachlass auftauchen sollte, oder ob das Ausscheiden sich auf den damals bekannten Nachlass beschränkt habe. Trotz umfangreicher Ermittlungen habe das Grundbuchamt nicht klären können, ob das Grundbuch tatsächlich unrichtig sei. A1 A. sei bereits verstorben, ebenso dessen Erbin, ohne dass ein Nachlassverfahren durchgeführt worden sei. Es werde auf den Beibringungsgrundsatz verwiesen, weshalb Berichtigungsbewilligungen sämtlicher Beteiligter der Erbanteilsübertragung vom 30.3.1966 bzw. deren Rechtsnachfolger erforderlich seien.
Hiergegen richtet sich die notarielle Beschwerde mit der im Wesentlichen vorgebracht wird:
Die Rechtsnachfolge sei durch öffentliche Urkunden nachgewiesen. Das Grundbuch sei an den bezeichneten beiden Stellen aufgrund des Ehe- und Erbvertrags dahingehend zu berichtigen, dass die jeweils drei Personen als Miteigentümer in Erbengemeinschaft nach A. O. (anstelle F. O.) auf der Grundlage des Ehe- und Erbvertrags vom 18.3.1947 (anstelle des eingezogenen, aber noch vermerkten Erbscheins vom 4.11.1964) zu verlautbaren seien. Eine Erbengemeinschaft nach F. O. habe nie bestanden und entsprechende Erbanteilsabtretungen seien ins Leere gegangen. Hingegen habe die Urkunde vom 30.3.1966 auch die Abtretung sämtlicher Erbanteile - und diese insgesamt - am Nachlass von A. O. zum Gegenstand. Seinerzeit habe zwar eine falsche Vorstellung vom Inhalt der Erbanteile bestanden, was aber nichts daran ändere, dass der gesamte Erbanteil wirksam übertragen worden sei. Allenfa...