Leitsatz (amtlich)
Die Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in Art. 316h Satz 1 EGStGB ist verfassungsgemäß.
1. Art. 316h Satz 1 EGStGB steht nicht in Widerspruch zum strafrechtlichen Rückwirkungsverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG. Der verfassungsrechtliche Begriff der Strafe wird durch den Gegenstand der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung nicht berührt. Etwas anderes ergibt sich weder aus der insoweit verdrängten Grundregel in § 2 Abs. 3 und Abs. 5 StGB, noch aus dem materiellen Gehalt der bisher geltenden wie der zum 1. Juli 2017 reformierten Regelungen zur Vermögensabschöpfung.
2. Art. 316h Satz 1 EGStGB verstößt ferner nicht gegen Grundrechte Verurteilter, und zwar auch nicht, soweit in deren Schutzumfang als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) das allgemeine verfassungsrechtliche Vertrauensschutzgebot einfließt. Die bei Anwendung dieser Gewährleistungen zu berücksichtigende völkerrechtliche Norm des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK samt der zu ihr ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ändern hieran nichts. Selbst wenn eine Einziehung nach dem zum 1. Juli 2017 reformierten Recht als "Strafe" im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK anzusehen sein sollte, so besitzt der mit ihr verbundene Grundrechtseingriff kein derart hohes Gewicht, als dass den durch Art. 316h Satz 1 EGStGB berührten Vertrauensschutzbelangen Vorrang zukäme gegenüber der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl.
Normenkette
EGStGB Art. 316h S. 1; EMRK Art. 7 Abs. 1 S. 2; GG Art. 103 Abs. 2
Verfahrensgang
AG München (Entscheidung vom 28.07.2017) |
Tenor
Gründe
I.
Das Amtsgericht München verhängte gegen den Angeklagten mit Urteil vom 28.07.2017 wegen Betrugs eine Freiheitsstrafe von elf Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem ordnete das Amtsgericht die Einziehung des Wertersatzes des durch die Tat Erlangten in Höhe von 23.920,46 Euro an.
Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte am 04.08.2017 Revision ein, die er auf die Anordnung der Einziehung beschränkte. Mit Schreiben seines Verteidigers vom 21.09.2017 wurde die Revision begründet und beantragt, Ziffer 4 des Urteils vom 28.07.2017 (Einziehung von Wertersatz) aufzuheben. Eine durch die Staatsanwaltschaft am 02.08.2017 eingelegte Berufung wurde am 08.11.2017 zurückgenommen.
Die Generalstaatsanwaltschaft München hat mit Vorlageschreiben vom 09.01.2018 beantragt, die Revision des Angeklagten durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen.
II.
Die Revision ist zulässig. Insbesondere wurde die Monatsfrist zur Revisionsbegründung nach § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO eingehalten, welche trotz zwischenzeitlicher Berufungseinlegung durch die Staatsanwaltschaft zu wahren war (§ 335 Abs. 3 Satz 2 StPO). Die Begründungsfrist begann gemäß § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO mit der Urteilszustellung an den Verteidiger des Angeklagten am 21.08.2017. Sie endete mit Ablauf des 21.09.2017 (§ 43 Abs. 1 StPO). Die Revisionsbegründung mit Schreiben vom 21.09.2017 ging in Papierform zwar erst am 25.09.2017 bei Gericht ein (Bl. 86/88 d.A.). Aufgrund der mit Schreiben des Verteidigers vom 28.03.2018 übersandten Faxbestätigung gelingt jedoch der Nachweis, dass die Revisionsbegründung per Fax noch am 21.09.2017 und damit fristgerecht beim Amtsgericht einging. Aus der Bestätigung ist für diesen Tag um 16:07 bzw. 16:08 Uhr ein entsprechender Versand ersichtlich. Auf Bitte des Senats hat das Amtsgericht zudem das Faxjournal der dortigen Abteilung für allgemeine Strafsachen übermittelt, aus dem sich ein korrespondierender Eintrag ergibt, der zeitlich nur um wenige Minuten abweicht und aufgrund der angegebenen Nummer des Faxabsenders eindeutig zuzuordnen ist.
III.
In der Sache hat die Revision jedoch keinen Erfolg. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision, welche wirksam auf die Anordnung der Einziehung von Wertersatz beschränkt wurde und hiergegen die Sachrüge erhebt, hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die angeordnete Einziehung von Wertersatz nach §§ 73, 73c StGB ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat auf die im März 2015 beendete Tat des Angeklagten bereits die zum 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Regelungen des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) zur Einziehung des Tatertrages angewandt. Das entspricht der zugehörigen Übergangsvorschrift nach Art. 316h Satz 1 EGStGB.
Diese von § 2 Abs. 3 und Abs. 5 StGB abweichende Sonderregelung ist verfassungsgemäß. Art. 316h Satz 1 EGStGB steht weder im Widerspruch zum speziellen strafrechtlichen Rückwirkungsverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG (nachfolgend Ziff. 1) noch widerstreitet sie Grundrechten des Angeklagten in ...