Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausbau eines Speichers zu Wohnzwecken stellt eine bauliche Veränderung dar, die wegen der damit verbundenen intensiveren Nutzungsmöglichkeit regelmäßig die übrigen Wohnungseigentümer in ihren Rechten beeinträchtigt und daher deren Zustimmung bedarf. Eine Ausnahme zu diesem Grundsatz ist in solchen Fällen denkbar, in denen die Wohnanlage aus selbständigen Einfamilienhäusern besteht.
2. Auch im Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz ist eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1; ZPO § 533 Nr. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 16.02.2005; Aktenzeichen 1 T 15025/00) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 154/00) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 16.2.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Geschäftswert für das erstinstanzliche Verfahren auf 57.500 EUR und der für das Beschwerdeverfahren auf 50.000 EUR festgesetzt wird.
II. Der Antragssteller trägt die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Er hat die dem Antragsgegner und den Nebenintervenienten in diesem Rechtsszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei freistehenden Einfamilienhäusern bestehenden Wohnanlage. Der Antragsteller hält 64/100 Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Einheit (Haus R.-straße 26 sowie zwei Garagen). Der Antragsgegner hat 36/100 Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an der Einheit Nr. 2 (Haus R.-straße 26a nebst Garage). Der Antragsgegner hat sein Haus an die Streitverkündeten, die dem Rechtsstreit auf seiner Seite beigetreten sind, vermietet. Gemäß § 4 Ziff. 1 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist den jeweiligen Miteigentümern das alleinige Nutzungsrecht an denjenigen Teilen, Anlagen und Einrichtungen der zu ihrem Wohnungseigentum gehörenden Gebäude, die nicht Gegenstand des Sondereigentums sind, eingeräumt. Sie haben diese Teile, Anlagen und Einrichtungen allein zu unterhalten und die damit verbundenen Kosten allein zu tragen. Nach § 7 GO ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die seinem Sondereigentum unterliegenden Gebäudeteile und die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und des Grundstücks, die seiner alleinigen Nutzung unterliegen, ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen. In § 10 GO ist geregelt, dass, wenn und soweit ein Wohnungseigentümer an seinem Sondereigentum bauliche Änderungen vornimmt, er die hierfür anfallenden Kosten allein zu tragen hat.
Das Gebäude R.-straße 26a verfügt über ein über dem Obergeschoss gelegenes Dachgeschoss, über dem sich ein Spitzboden befindet. Das Dachgeschoss besteht neben dem Treppenhausvorraum aus insgesamt vier Räumen. Im Aufteilungsplan ist der rechts gelegene Teil des Dachgeschosses mit "Speicherraum" bezeichnet. Während dieser Speicherraum ursprünglich über keine abtrennende Decke zum darüber befindlichen Spitzboden verfügte, waren die übrigen drei Räume, die Wohnzwecken dienen, auch bisher durch eine Decke vom Spitzboden abgetrennt. Im Februar 2000 begannen die Nebenintervenienten mit Einverständnis des Antragsgegners, den "Speicherraum" um- bzw. auszubauen, um diesen, wie sie vortragen, als häusliches Arbeitszimmer zu nutzen. Insbesondere wurde das Dach von innen durch Anbringen verschiedener Funktionsschichten isoliert. Ferner wurde der Estrich im Speicherraum entfernt, eine Schüttung zwischen den Balkenlagen der Holzdecke eingebracht und Holzdielen als neuer Bodenbelag anstelle des bisher vorhandenen Estrichs aufgebracht. Außerdem wurde der Spitzbodenbereich durch eine Ständerwand aus Rigips mit einer Tür abgeteilt.
Der Antragsteller vertritt die Ansicht, dass es sich bei dem Dachgeschossausbau um eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung handele. Zudem widerspreche der Aus- und Umbau im Dachgeschoss und im Spitzboden allen anerkannten Regeln der Technik.
Der Antragsteller hat beim AG beantragt, es dem Antragsgegner zu verbieten, den Speicherraum auszubauen oder ausbauen zu lassen. Ferner sollte der Antragsgegner verpflichtet werden, die Baumaßnahmen rückgängig zu machen. Das AG hat die Anträge durch Beschl. v. 3.8.2000 abgewiesen.
Der Antragsteller hat gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den erstinstanzlichen Beschluss insoweit aufzuheben, als der Antrag auf Rückgängigmachung der baulichen Veränderung zurückgewiesen wurde. Nachdem das LG ein Sachverständigengutachten erholt hatte, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren seinen Antrag auf Rückgängigmachung der Baumaßnahmen als Hauptantrag bezeichnet. Hilfsweise hat er beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, im Dachbereich des zu Wohnzwecken ausgebaut...