Leitsatz (amtlich)
Ist die testamentarisch eingesetzte und der Erblasserin persönlich nahe stehende Alleinerbin vorverstorben, kommt eine Ersatzerbenstellung des Ehemanns nur dann in Betracht, wenn sich für seine Ersatzerbeinsetzung im Testament über die Einsetzung der Bedachten hinaus Anhaltspunkte finden.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084, 2096
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 06.09.2012; Aktenzeichen 66 VI 12362/09) |
Tenor
I. Der Beschluss des AG München vom 6.9.2012 wird aufgehoben.
II. Der Antrag des Beteiligten zu 1 vom 18.5.2012 auf Erteilung eines Alleinerbscheins wird zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 165.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Erblasserin verstarb am 21.9.2009 im Alter von 88 Jahren. Sie war verheiratet mit A. O. S., der am 18.8.1988 vorverstorben ist. Aus der Ehe ging V. S. hervor, der am 23.4.1970 ohne Hinterlassung von Abkömmlingen vorverstarb.
Es liegen folgende eigenhändig geschriebene und unterschriebene letztwillige Verfügungen der Erblasserin vor:
1. "München, 10.12.2004 Mein letzter Wille
Sollte ich einmal krank werden ist Frau S. (= Ehefrau des Beteiligten zu 1) berechtigt, sich um alles zu kümmern, nach meinem Tod setze alles als meine Erben. Frau S..
Unterschrift
Die Haushaltsgegenstände und mein Bankguthaben vermache ich ebenfalls Frau S..
Unterschrift."
2. "München 10.2.2009 Mein letzter Wille
Sollte ich einmal krank werden, ist Frau S. (Adresse) berechtig sich um alles zu kümmern. Nach meinem Tod setzte ich als meinen Erben Frau F. S. ein.
Die Haushalt (...) Gegenstände und mein Bankguthaben vermache ich ebenfalls Frau S..
Unterschrift"
Am 14.1.2010 beantragte die Beteiligte zu 2 unter Berufung auf die beiden Testamente der Erblasserin einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Sie war dabei der Auffassung, dass sie als Ersatzerbin nach ihrer am 15.5.2009 vorverstorbenen Mutter (F. S.) in Anwendung des Rechtsgedanken des § 2069 BGB berufen sei. Ihre Mutter habe der Erblasserin seit vielen Jahren als Betreuerin in jeglichen Angelegenheiten und Freundin sehr nahe gestanden. Ihre Mutter sei für die Erblasserin wie eine Familienangehörige gewesen. Ihre Mutter habe auch schon den Ehemann der Erblasserin gepflegt und ihm versprochen, seiner Frau - der Erblasserin - immer zur Seite zu stehen, wodurch sich eine enge Verbundheit entwickelt habe. Ihr Vater habe sich seit Jahren schon um die finanziellen Angelegenheiten der Erblasserin gekümmert. Mit Schreiben vom 18.5.2012 nahm die Beteiligte zu 2 ihren Erbscheinsantrag zurück.
Am 18.5.2012 stellte der Beteiligte zu 1 unter Berufung auf die beiden Testamente einen Antrag auf Erteilung eines Alleinerbscheins. Er ist dabei der Meinung, dass er als testamentarischer Ersatzerbe in Betracht komme, da er sich zusammen mit seiner Frau zu deren Lebzeiten um die Erblasserin, insbesondere die finanziellen Angelegenheiten, bzw. nach dem Tod seiner Frau um alle Angelegenheiten der Erblasserin gekümmert habe.
Der Beteiligte zu 3 ist demgegenüber der Meinung, dass die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Die Erblasserin sei wohl im Februar 2009 nicht mehr testierfähig gewesen, gegebenfalls sei die Testierfähigkeit der Erblasserin auch für Dezember 2004 zu überprüfen. Im Testament der Erblasserin finde sich weder eine Ersatzerbenregelung zugunsten des Beteiligten zu 1 noch ein Anhaltspunkt für eine Ersatzbegünstigung des Beteiligten zu 1.
Mit Beschluss vom 6.9.2012 bewilligte das Nachlassgericht den von dem Beteiligten zu 1 beantragten Alleinerbschein. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 3.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zu Unrecht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beteiligte zu 1 im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung Ersatzerbe seiner vorverstorbenen Ehefrau sei.
1. Die ergänzende Testamentsauslegung setzt voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke im Testament vorliegt, die durch den festgestellten Willen des Erblassers zu schließen ist. Dabei muss aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des Erblassers erkennbar sein, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Durch sie darf also kein Wille in das Testament hineingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist (vgl. Palandt/Weidlich BGB, 72. Aufl. [2013] § 2084 Rz. 9).
a) Zutreffend hat das Nachlassgericht erkannt, dass nicht feststeht, ob die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an die Möglichkeit eines vorzeitigen Wegfalls des eingesetzten Erben tatsächlich gedacht hat und was sie für diesen Fall tatsächlich gewollt hätte.
b) Unabhängig von der Ermittlung des Erblasserwillens ist die Beschwerde aber bereits deswegen im Ergebnis begründet, weil der vom Nachlassgericht angenommene Wille der Erblasserin zur Ersatzerbenberufung jedenfalls nicht den erforderlichen Niederschlag im Testament gefunden hat.
Während in den von § 2069 BGB unmittelbar erfassten Fällen nach dem Willen des Gesetzgebers im Zweifel schon die bloße Ein...