Leitsatz (amtlich)
Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts, wenn die gegen mehrere Streitgenossen gerichtete Klage für einen Teil der Streitgenossen eine zur Zuständigkeit des Amtsgerichts gehörende Wohnungseigentumssache ist, während für andere Streitgenossen die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet ist.
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 481 C 659/07 WEG) |
Gründe
I.
Die Kläger, Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, nehmen den Beklagten zu 1 als Miteigentümer und die Beklagten zu 2 und 3 als Pächter auf Unterlassung des im Teileigentum des Beklagten zu 1 betriebenen Gastronomiebetriebs der Beklagten zu 2 und 3 nach näherer Maßgabe des Klageantrags in Anspruch. Den Streitwert geben sie mit vorläufig 20.000 EUR an. Das Amtsgericht hat die Zustellung der Klage an die Beklagten zu 2 und 3 zunächst mit der Begründung zurückgestellt, dass diese nicht Parteien in einer Wohnungseigentumssache sein könnten. Die Kläger haben die Bestimmung des Amtsgerichts als gemeinsam zuständiges Gericht beantragt.
II.
1.
Die Voraussetzungen der Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor. Die Beklagten sind Streitgenossen nach §§ 59, 60 ZPO. Für die Klage gegen den Miteigentümer ist das Amtsgericht ausschließlich sachlich zuständig (§ 23 Nr. 2 Buchst. c GVG), während die Klage gegen die Pächter zur sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts gehört (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG). § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfasst neben der örtlichen auch die sachliche Zuständigkeit (BGHZ 90, 155). Die ausschließliche Zuständigkeit eines der in Betracht kommenden Gerichte schließt die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts nicht aus (BGH aaO.; BGH NJW 1987, 439).
Die Klage ist nach dem 1. Juli 2007 eingereicht worden. Für das Verfahren gilt, auch soweit es sich gegen den Beklagten zu 1 richtet und insoweit um eine unter das Wohnungseigentumsgesetz fallende Streitigkeit handelt (§ 43 Nr. 1 WEG), die Zivilprozessordnung. Anders als etwa Verfahren nach der freiwilligen Gerichtsbarkeit einerseits und Verfahren nach der Zivilprozessordnung andererseits, die nicht auf dem Weg der Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu einem einheitlichen Verfahren zusammengeführt werden können, besteht bei Verfahren, die gleichermaßen der Zivilprozessordnung unterliegen, wie die allgemeinen streitigen Zivilsachen und seit 1.7.2007 (nach Maßgabe der Übergangsvorschrift in § 62 WEG) die Wohnungseigentumssachen, kein gesetzliches Hindernis für eine solche Zusammenführung. Insbesondere sind die den Amtsgerichten zugewiesenen Wohnungseigentumssachen, ebenso wie die den Amtsgerichten zugewiesenen allgemeinen streitigen Zivilsachen oder die Mietsachen, - im Unterschied etwa zu den dem Amtsgericht als Familiengericht zugewiesenen Sachen - kein Fall von gesetzlich geregelter Geschäftsverteilung an besondere "Abteilungen" (Spruchkörper, vgl. für die Familiengerichte § 23b GVG) innerhalb des Amtsgerichts.
Insoweit verhält es sich seit der WEG-Reform, die das Verfahren in Wohnungseigentumssachen der Zivilprozessordnung unterworfen hat, nicht anders als etwa bei Streitigkeiten über Wohnraummiete, die dem Amtsgericht ausschließlich zugewiesen sind (§ 23 Nr. 2 Buchst. a GVG), im Verhältnis zu Streitigkeiten über gewerbliche Miete, für die abhängig vom Streitwert das Landgericht zuständig ist. Dass bei identischem Streitgegenstand ein gemeinsam zuständiges Gericht für Klagen gegen mehrere Streitgenossen bestimmt werden kann, wenn es sich im Verhältnis zu einem Streitgenossen um einen Streit über Wohnraummiete und im Verhältnis zu anderen Streitgenossen um gewerbliche Miete handelt, für die an sich das Landgericht zuständig ist, hat der Senat schon mehrfach entschieden.
Ein einheitlicher Streitgegenstand ist gegeben: Die Kläger verlangen von allen drei Beklagten, gestützt auf denselben Lebenssachverhalt, die Unterlassung der gleichen im Klageantrag näher beschriebenen Handlung. Die Zusammenführung der Klage nach § 43 Nr. 1 WEG gegen den Miteigentümer mit den Klagen gegen die als Störer in Anspruch genommenen Pächter dieses Miteigentümers erscheint im Übrigen auch sinnvoll und prozessökonomisch.
2.
Der Senat bestimmt als gemeinsam zuständiges Gericht das Amtsgericht München, bei dem für die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage eine ausschließliche örtliche (§ 43 Nr. 1 WEG) und eine ausschließliche sachliche (§ 23 Nr. 2 Buchst. c GVG) Zuständigkeit besteht. Ein Ausspruch dahin, dass innerhalb des Amtsgerichts die "Abteilung für Wohnungseigentumssachen" zuständig ist, erfolgt nicht; denn dies zu regeln ist, da kein Fall gesetzlich geregelter Geschäftsverteilung vorliegt, allein Sache des amtsgerichtlichen Geschäftsverteilungsplans.
Fundstellen
NJW-RR 2008, 1544 |
NZM 2008, 528 |