Leitsatz (amtlich)
Hat das Grundbuchamt - etwa aus ihm bekannten offensichtlichen und eindeutig gefassten internen Bindungsklauseln - sichere Kenntnis vom Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht, dann kann und muss es die Eintragung ablehnen.
Normenkette
BGB § 167; WEG § 10 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Starnberg (Beschluss vom 09.08.2012; Aktenzeichen Gauting Blatt 13303) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 9.8.2912 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 EUR.
Gründe
I. Mit vertraglicher Erklärung vom 30.12.2008 teilten die beiden Miteigentümer den gegenständlichen Grundbesitz in Wohnungs- und Teileigentum auf und wiesen es hinsichtlich der Wohnungen 1 bis 7 sowie an Tiefgaragenstellplätzern der Beteiligten zu 1 zu. Die einzelnen Wohnungen wurden verkauft; einige Erwerber sind bereits als Eigentümer, für andere Erwerber sind Eigentumsvormerkungen in den Grundbüchern eingetragen. Die in den Bauträgerverträgen der Beteiligten zu 1 als Verkäuferin eingeräumten Befugnisse zur Änderung der Teilungserklärung und die dazu erteilte Vollmacht ergeben sich aus Ziffer X., die auszugsweise folgendermaßen lautet:
1. ...
2. ...
3. Der Verkäufer ist ferner befugt, die Teilungserklärung und Regelung der Eigentümergemeinschaft zu ändern und zu ergänzen, insbesondere, soweit dies zum Vollzug im Grundbuch erforderlich oder zweckdienlich sein sollte, vorausgesetzt, dass hierdurch
- weder der Miteigentumsanteil oder das Sondereigentum des Käufers geändert,
- noch sein Recht auf Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums beeinträchtigt,
- noch die Lasten- und Kostentragung zu seinem Nachteil verändert wird,
- noch sonst Regelungen getroffen werden, die seine Rechte als Wohnungs- bzw. Teileigentümer unmittelbar oder mittelbar einschränken.
4. Der Käufer erteilt hiermit dem Verkäufer unwiderruflich Vollmacht alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die ihm im Hinblick auf Ziff. 1.-3. zweckmäßig erscheinen.
Im Außenverhältnis ist diese Vollmacht uneingeschränkt.
... (Ausübung der Vollmacht nur zur Urkunde des genannten Notars)
... (Befristung)
... (Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB)
... (Berechtigung zur Erteilung von Untervollmacht)
Der 4. Nachtrag vom 15.2.2012 zur Teilungserklärung betrifft die Änderung von Sondernutzungsflächen, die zugunsten der Einheiten 1, 2 und 3 erweitert werden. Auf den Vollzugsantrag vom 5.7.2012 erging Zwischenverfügung vom 9.7.2012 und nach Fristablauf schließlich Zurückweisungsbeschluss vom 9.8.2012.
Es handelte sich bei den Beanstandungen des Grundbuchamts um folgende Eintragungshindernisse:
a) Es fehlten, abgesehen von den Einheiten Nrn. 1 bis 3, die Genehmigungen/Zustimmungen der als Eigentümer bereits eingetragenen Erwerber bzw. der Vormerkungsberechtigten. Die der Verkäuferin erteilte Vollmacht genüge nicht.
b) Die Zustimmungserklärungen sämtlicher am Wohnungseigentum dinglich Berechtigter sei vorzulegen; ersetzbar seien diese durch ein Unschädlichkeitszeugnis.
Mit Schreiben vom 7.11.2012 hat der beurkundende Notar erneut Vollzugsantrag gestellt. Wegen der fehlenden Vollmachten verweist er teils auf anderweitige Urkunden, teils darauf, dass die bezeichnete Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt sei. Es handele sich bei dem 4. Nachtrag auch nicht um eine von den jeweiligen Vormerkungsberechtigten nicht genehmigte Zwischenverfügung. Wegen der fehlenden Zustimmung dinglich Berechtigter hat er ein Unschädlichkeitszeugnis des AG vom 24.10.2012 vorgelegt. Zugleich hat er "vorsorglich" namens der Beteiligten zu 1 Beschwerde gegen die Zurückweisung eingelegt.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 14.11.2012 nicht abgeholfen. Es geht davon aus, dass die Eigentümerin aufgrund der eingetragenen Vormerkungen die Befugnis zur Änderung der Teilungserklärung verloren habe. Die Zustimmung der Vormerkungsberechtigten sei deshalb erforderlich. Eine ausreichende Vollmacht zugunsten der Verkäuferin sei in den Kaufverträgen nicht enthalten.
II. Ersichtlich richtet sich das Rechtsmittel gegen den am 9.8.2012 ergangenen Beschluss über die Zurückweisung des Eintragungsantrags. Eine in der Rechtsmittelschrift angeführte Zurückweisung vom "22.6.2012" gibt es nicht. Der Inhalt der Schrift im Übrigen wie die in Bezug genommene notarielle Urkunde lässt nur den Schluss zu, dass die Entscheidung des Grundbuchamts vom 9.8.2012 gemeint ist. Die "vorsorgliche" Beschwerdeeinlegung bezieht sich auf die verfahrensrechtliche Bedingung, dass das Grundbuchamt seine Sachentscheidung nicht ändert. Dies ist statthaft (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 71 Rz. 25). Die Bedingung selbst ist mit der Vorlage, ohne dass abgeholfen wurde (vgl. § 75 GBO), eingetreten.
Gegenständlich ist nur noch die fehlende Zustimmung bzw. Genehmigung des 4. Nachtrags durch die in den Wohnungsgrundbüchern eingetragenen neuen Eigentümer bzw. Vormerkungsberechtigten. Soweit die Zwischenverfügung auch die fehlenden Zustimmungen von sonst dingli...