Leitsatz (amtlich)
1. Für ein Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG auf Erteilung einer richterlichen Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten wegen Verletzung von Urheberrechten, über die das LG grundsätzlich in einem einheitlichen Beschluss zu entscheiden hat, fällt nur einmal eine Festgebühr gem. § 128e Abs. 1 Nr. 4 KostO an, auch wenn der Antrag die Verletzung mehrerer urheberrechtlich geschützter Werke betrifft (Fortführung der OLG München vom 27.9.2010 - 11 W 1868/10 und 11 W 1894/10; entgegen OLG Köln, Beschlüsse vom 22.11.2012 - 32 Wx 308/12 - und 21.1.2013 - 2 Wx 380/12).
2. Die vorübergehende Sicherung der relevanten Daten ist notwendiger Bestandteil der Verwendungsgestattung, die bei einer Löschung der Daten ins Leere ginge. Für die einstweilige Löschungsuntersagung fällt daher auch keine gesonderte Festgebühr an.
Normenkette
UrhG § 101 Abs. 9; KostO § 128e Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 06.03.2013; Aktenzeichen 21 O 22237/12) |
Tenor
Der Beschluss des LG München I vom 6.3.2013 wird aufgehoben.
Auf die Erinnerung der Antragstellerin wird der Kostenbeamte des LG München I angewiesen, die Kostenrechnung I vom 30.10.2012/2.11.2012 (KSB 630 122 692 708, Re.Nr. 883 010 750 030) dahingehend abzuändern, dass eine einmalige Festgebühr i.H.v. lediglich 203,50 EUR angesetzt wird.
Gründe
I. Die Antragstellerin wertet als Filmverleih in Deutschland nationale und internationale Filme aus, wobei sie Inhaberin der Nutzungsrechte an sämtlichen Aufnahmen ist. Die Beteiligte ist Internetdienstleisterin. Mehrere unbekannte Verletzer haben über von ihr (und anderen Providern) zur Verfügung gestellte Netzzugänge geschützte Werke der Antragstellerin über Internetaustauschbörsen widerrechtlich zum Herunterladen angeboten; hierzu zählen auch die in der Antragsschrift aufgezählten 33 Filme. Um gegen die Verletzer urheberrechtlich vorgehen zu können, benötigt die Antragstellerin deren über die IP-Adressen zu ermittelnden Anschriften.
Am 25.10.2012 erließ das LG München I einen Beschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG, mit dem zum einen der Beteiligten bis zum Abschluss des Verfahrens untersagt wurde, die Daten zu löschen, aus denen sich ergibt, welchen Kunden unter welcher Anschrift die in der Anlage ASt 1 aufgeführten IP-Adressen zu den dort genannten Zeitpunkten zugeordnet waren. Gleichzeitig gestattete das Gericht der Beteiligten, der Antragstellerin darüber Auskunft zu erteilen, wem zu den in der Anlage benannten Zeitpunkten die jeweils in der Anlage benannten IP-Adressen zugeordnet waren, unter Angabe von Namen, Anschrift bzw. Benutzerkennung. Den Geschäftswert setzte das LG auf EUR 3.000 fest.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, zur Überzeugung der Kammer sei dargelegt, dass Kunden der Beteiligten, die nur durch die in der Anlage ASt 1 angeführten Verbindungsdaten identifiziert werden könnten, die streitgegenständlichen Werke gemäß Aufstellung in der Anlage ASt 1a, die zugunsten der Antragstellerin urheberrechtlichen Schutz genießen, über eine sog. "Tauschbörse" oder über den Server eines "Sharehosters" im Internet rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht hätten (§ 19a UrhG). Diese Rechtsverletzung sei offensichtlich i.S.d. § 101 Abs. 2 UrhG.
Mit Schlusskostenrechnung vom 30.10.2012 hat die Kostenbeamtin unter Hinweis auf § 128e Abs. 1 KostO von der Antragstellerin zu begleichende Gerichtskosten im Gesamtbetrag von EUR 13.200 (33 Filme × 2 Anträge x EUR 200,00) nebst Zustellungspauschale in Ansatz gebracht.
Die gegen diesen Gerichtskostenansatz hinsichtlich des Betrages von EUR 13.200 gerichtete Erinnerung der Antragstellerin hat das LG mit richterlichem Beschluss vom 6.3.2013 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie eine Festsetzung der Gerichtskosten auf nur EUR 200 (zzgl. EUR 3,50 Auslagenpauschale) begehrt. Zur Begründung führt sie aus, die Multiplikation der Festgebühr von EUR 200 mit der Anzahl der geschützten Werke sei weder mit dem eindeutigen Wortlaut noch mit dem Willen des Gesetzgebers vereinbar. Auch könne aus dem Gesetz keine gesonderte Gebühr für die Sicherungsanordnung hergeleitet werden. Diese werde im Rahmen des einen, unter einem Aktenzeichen geführten Verfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG in einem Beschluss erlassen, sie sei ein unselbständiger Teil der Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten. Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz bestätige den einmaligen Anfall einer Verfahrensgebühr von EUR 200,00. Die Multiplikation sei weder mit dem Justizgewährungsanspruch noch mit dem Kostendeckungsprinzip vereinbar. Die Anzahl der Werke stelle kein sachgerechtes Kriterium dar, um den Wert bzw. die wirtschaftliche Bedeutung der Entscheidung für den Rechtsinhaber zu bemessen. Auch stehe die Gebührenmultiplikation außer Verhältnis zum Geschäftswert. Schließlich beruft sich die Beschwerdeführerin auf Vertrauensschutz, da stets nur eine einfache Festgebühr i.H.v. EUR 200 erhoben worden sei.
Im Übrigen wird auf ...