Leitsatz (amtlich)
Über die Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG entscheidet das mit der Sache befasste Gericht. Der Rechtsweg nach §§ 23 ff EGGVG zu den Oberlandesgerichten ist für die Verzögerungsrüge nicht eröffnet.
Mit Inkrafttreten von § 198 GVG ist die Untätigkeitsrechtsbeschwerde in Strafvollzugssachen nicht mehr statthaft.
Tenor
I.
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach §§ 23 ff. EGGVG ist nicht eröffnet.
II.
Das Verfahren wird an die nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 109 ff. StVollzG zuständige Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen verwiesen.
III.
Die sofortige Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 26.4.2012, beim Landgericht Augsburg eingegangen am 7.5.2012, hat der Antragsteller Untätigkeitsklage gemäß § 27 i. V. m. § 23 EGGVG zum Landgericht Augsburg erhoben. Er hat beantragt "die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtbescheidung der Strafvollstreckungskammer". Zugleich hat er Prozesskostenhilfe beantragt. Gegenstand der Klage ist der gegen die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen erhobene Vorwurf, in dem dort anhängigen Verfahren 2 NöStVK 807/11 über einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 29.11.2011 gemäß § 109 StVollzG nicht entschieden zu haben. Der Antragsteller hat sein Einverständnis mit der Abgabe an das zuständige Gericht im Falle der Unzuständigkeit des angerufenen Landgerichts Augsburg erklärt.
Mit Verfügung vom 9.5.2012 hat das Landgericht Augsburg das Verfahren formlos an das Oberlandesgericht München gemäß §§ 27, 23, 25 Abs. 1 EGGVG abgegeben. Eine Verweisung der Sache an das Oberlandesgericht ist nicht erfolgt. Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte am 30.9.2012 rechtliches Gehör.
II.
1. Der Rechtsstreit war ohne weitere Anhörung des Strafgefangenen nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an die für die Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG zuständige Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen zu verweisen.
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG i.V.m. § 23 Abs. 3 EGGVG ist nicht eröffnet, weil die ordentlichen Gerichte bereits aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können. Der Antragsteller wendet sich gegen eine zögerliche Sachbearbeitung seines bei der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen gestellten Antrags auf gerichtliche Entscheidung vom 29.11.2011. Hiergegen ist nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG die Verzögerungsrüge statthaft, über die das zuständige Gericht entscheidet. Da der Rechtsschutz nach § 198 GVG gegenüber dem Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG vorrangig ist, war das anhängige Verfahren nach § 17a GVG an das zuständige erkennende Gericht ohne weitere Anhörung des Strafgefangenen zu verweisen. Dieser hat bereits in seinem Antrag vom 26.4.2012 ausdrücklich sein Einverständnis mit einer Verweisung an das zuständige Gericht erklärt.
2. Der Senat ist zu einer Entscheidung über die Verzögerungsrüge nicht berufen.
Nach den von der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu einer gesetzlich nicht geregelten Untätigkeitsbeschwerde, die sich auch der Senat in ständiger Rechtsprechung zu eigen gemacht hatte (s. z.B. Senat, Beschlüsse vom 15.9.2009 - Gz.: 4 VAs 011/09 und vom 10.1.2012 - Gz.: 4 VAs 62/11 m.w.N.) kann eine Zulässigkeit des Antrags nicht mehr hergeleitet werden, die Untätigkeitsbeschwerde ist nicht statthaft.
a) Nach dieser Rechtsprechung durfte eine in Rechtsbeschwerdeverfahren ausdrücklich gesetzlich nicht geregelte Überprüfung einer richterlichen Untätigkeit aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) und der sich aus dem Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) ergebenden Notwendigkeit, einen entsprechenden Rechtsschutz auch ohne gesetzliche Grundlagen zur Verfügung zu stellen, vorgenommen werden. Dies wurde auch damit begründet, dass ein solches Verständnis aus dem aus Art. 13 EMRK folgenden Anspruch auf eine wirksame Beschwerde und dem aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folgenden Anspruch auf ein faires Verfahren hergeleitet werden könne. Der Senat vertrat die Auffassung, dass auch in Strafvollzugssachen das Bedürfnis für die grundsätzliche Anerkennung einer Untätigkeitsbeschwerde gegeben ist. Die Statthaftigkeit einer solchen Beschwerde ergab sich dabei aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 116 StVollzG.
b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat in Übereinstimmung mit der nunmehrigen obergerichtlichen Rechtsprechung (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 19.3.2012 -Gz.: 3 Vollz (Ws) 9/12 zitiert nach [...] dort Rdn 2 und 3; OLG Rostock Beschluss vom 25.7.2012 - Gz.: I Ws 176/12 zitiert nach [...] dort Leitsatz Nr. 3 und Rdn.12; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 23.1.2012 - Gz.: 1 O 4/12 u.a. zitiert nach [...] dort Rdn. 3 und 4 m.w.N.) nicht mehr fe...